Ein Autofahrer überholte im Sommer 2014 rund zehn Mal im Gotthard-Strassentunnel. Am Montag wurde er dafür von einem Tessiner Gericht in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. (Symbolbild)

Selbst die Anti-Raser-Organisation Roadcross fordert
Mildere Strafen für erstmalige Temposünder!

Wer unabsichtlich zu schnell fährt, soll je nach Umständen seinen Führerschein behalten können. Das fordert FDP-Ständerat Hans Wicki. Er will per Vorstoss einen bedingten Ausweisentzug einführen. Die Raseropfer-Hilfe Roadcross unterstützt die Gesetzesaufweichung.
Publiziert: 05.12.2019 um 23:17 Uhr
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Aktualisiert: 06.12.2019 um 08:59 Uhr
Tobias Bruggmann

Für einen kurzen Moment unachtsam, und schon ist es passiert. Wenn dort, wo früher Tempo 50 galt, heute 30 km/h gelten, so hat dies für unachtsame Autofahrer weitreichende Folgen. Je nach Geschwindigkeit heisst es: Billett weg, mindestens einen Monat lang.

Für FDP-Ständerat Hans Wicki (55) ist das ein Unding. «Wem einmal ein Lapsus passiert, der sollte nicht so hart bestraft werden. Aber die Staatsanwälte haben im Moment gar keine andere Wahl, als den Ausweis zu entziehen», sagt er. Deshalb reicht Wicki jetzt einen Vorstoss ein. Darin fordert er, dass Richter auch bedingte Führerscheinentzüge aussprechen können.

Nicht jeder soll bei einem Ausrutscher auf dem Gaspedal gleich das Billett abgeben müssen. Wird er aber in den Folgejahren erneut mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt, geht sein Permis flöten.

FDP-Ständerat Hans Wicki will per Vorstoss einen bedingten Fahrausweisentzug einführen.
Foto: Thomas Meier
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Wickis Vorstoss ist breit abgestützt. 18 der 46 Ständeräte haben ihn mitunterzeichnet. «An Orten, an denen meine Eltern und ich früher 60 km/h fahren durften, gilt heute nur noch Tempo 30», sagt er. Eine fixe Grenze, bis zu wie vielen Stundenkilometern zu viel ein bedingter Entzug möglich ist, will Wicki aber nicht ziehen. Die Richter sollen auf die Umstände achten. «Wenn niemand gefährdet wurde, wenn nicht Alkohol oder Drogen im Spiel waren und wenn es kein Wiederholungstäter ist, sollte man einen bedingten Entzug prüfen.»

Unterstützung von Unfallopfer-Schützern

Unterstützung bekommt Wicki von höchst ungewohnter Seite: Auch die Stiftung für Verkehrssicherheit, Roadcross, die sich für Unfallopfer einsetzt und die Raser-Initiative verantwortete, befürwortet Wickis Vorstoss. «Die Vorgeschichte eines Autofahrers sollte bei weniger gravierenden Geschwindigkeitsübertretungen berücksichtigt werden können», erklärt Mediensprecher Mike Egle.

Doch schon jetzt muss ein Lenker innerorts 20 Stundenkilometer zu schnell fahren, damit er sein Billett verliert – für allenfalls nur einen Monat. Für Roadcross wird diese Regelung in manchen Fällen dennoch zu streng ausgelegt. «Falls durch die Strassenführung nicht klar ersichtlich ist, dass es eine Tempo-30-Zone ist, und der Autofahrer sich über Jahre keine gleichwertigen Vergehen geleistet hat, können wir uns einen bedingten Fahrausweisentzug vorstellen», sagt Egle. Klar sei aber, dass im Wiederholungsfall die Strafe härter ausfallen würde.

Egle will aber nichts davon wissen, dass Roadcross jetzt milder wird: Entscheidend für die Frage, ob der Autofahrer sein Billett behalten darf, sei die Vorgeschichte. «Wiederholungstäter oder Leute, die mit Alkohol oder Drogen gefahren sind, dürfen von der neuen Regel nicht profitieren», findet auch er. Und: «Raser sollen weiterhin hart bestraft werden.»

Roadcross wird selber rückfällig

Es ist nicht das erste Mal, dass Roadcross für Aufsehen sorgt. So zeigte sich die Stiftung schon 2018 offen für die Aufweichung der Raser-Paragrafen, was ihr sogar Kritik von ihrem Gründer Roland Wiederkehr (76) einbrachte. Die Präsidentin des Stiftungsrats konterte dann, es handle sich nicht um eine Aufweichung, sondern nur um eine Präzisierung der bestehenden Praxis.

Im letzten Jahr wurden rund 80'000 Fahrausweise entzogen. Auffällig ist, dass rund 31'000 nur für einen Monat abgegeben werden mussten – ein Hinweis darauf, dass die Übertretung nicht krass war. Wie viele von einem bedingten Entzug profitieren würden, lässt sich dennoch nicht abschätzen.

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