Sicherheitschecks versagten mehrfach
Postautos verlieren Räder in voller Fahrt!

Vor anderthalb Wochen verlor ein Postauto im Kanton Zürich ein Rad. Es fehlten die Radmuttersicherungen. Trotz zahlreicher Sicherheitschecks merkte das niemand. Postauto sagt dennoch, man habe kein Sicherheitsproblem.
Publiziert: 14.11.2023 um 00:56 Uhr
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Aktualisiert: 14.11.2023 um 08:53 Uhr
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

Es war kurz vor zwei Uhr morgens, am 5. November, als der Chauffeur auf die Bremse trat: Unterwegs zwischen dem zürcherischen Lufingen, Unterdorf und Oberembrach hatte der Postauto-Maxibus auf der linken Seite ein Rad verloren, wie die Post-Tochter Blick-Informationen bestätigt.

Es seien keine Personen zu Schaden gekommen und am Fahrzeug habe es nur geringe Schäden gegeben, betont Postauto. Man konnte die Fahrt jedoch nicht fortsetzen. Die Passagiere mussten selbst schauen, wie sie weiterkommen.

Doch das ist das kein Einzelfall: Seit 2019 haben Postautos sechsmal ein Hinterrad verloren.

Ein Postauto hat im Kanton Zürich ein Rad verloren. (Symbolbild)
Foto: Keystone
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Mehr Räder als ein PKW

Zwar hat ein Radverlust bei einem Postauto-Maxibus andere Auswirkungen als bei einem vierrädrigen Personenwagen – ein Maxibus hat vorne zwei Räder und hinten je zwei Zwillingsräder. Ungefährlich ist ein Radverlust je nach Strecke aber nicht. Grösser ist das Risiko beispielsweise, wenn sich ein Rad in einem Tunnel verabschiedet. Für die – je nach Modell – maximal 30 bis 40 sitzenden Fahrgäste und vor allem die 20 bis 60 stehenden Passagiere sowie für die anderen Verkehrsteilnehmer könnte es verheerende Auswirkungen haben, wenn das Rad von der Tunnelwand abprallt und gegen das Fahrzeug donnert.

Das ÖV-Unternehmen streitet jedoch ab, ein Sicherheitsproblem zu haben. Und es hält fest: «Postauto spart nicht auf Kosten der Sicherheit», so Sprecher Urs Bloch. Die Sicherheit sei beim täglichen Postauto-Betrieb zentral. Zudem halte man sich an die gesetzlichen Vorgaben, habe standardisierte Abläufe und Fachleute, die sich um diese Fragen kümmerten.

Nur: Die Abläufe sind nicht korrekt eingehalten worden! Wie Postauto nämlich bestätigt, sind Anfang Oktober bei diesem Maxibus Winterreifen aufgezogen worden. Seither stand das Fahrzeug häufig im Einsatz. Es hat seit dem Reifenwechsel laut Postauto gut 9000 Kilometer zurückgelegt. «Bei jedem Fahrzeug gibt es jeden Tag vor Inbetriebnahme einen Sicherheitscheck, hinzu kommen monatliche Sicherheitschecks», hält das Unternehmen fest. Zum täglichen Sicherheitscheck gehöre unter anderem ein Rundgang um das Fahrzeug, inklusive eines Blicks auf die Räder.

«Sicherungen fehlten»

Der Reifenwechsel war beim besagten Bus bei einer externen Firma durchgeführt worden. Eigentlich sollten nach einem solchen Wechsel die Radmuttern nach einer gewissen Anzahl Kilometer nachgezogen werden, teilt Postauto mit. Laut Blick-Informationen hätte das Nachziehen nach einer Strecke von etwa 500 Kilometern erfolgen sollen. Spätestens dabei müssen auf die Muttern noch Radmuttersicherungen aufgesetzt werden. «Diese Sicherungen haben beim betroffenen Fahrzeug gefehlt», hält Sprecher Bloch fest. «Wir klären zurzeit ab, wie es dazu kommen konnte.»

Wären die geltenden Regelungen eingehalten worden, hätten die Chauffeure spätestens beim täglichen Check bei Arbeitsbeginn das Fehlen der Sicherungen feststellen müssen. Die Fahrerinnen und Fahren müssen bei Jobantritt aber derart viele Arbeitsschritte verrichten, dass der Sicherheitscheck offensichtlich mehrfach ungenügend war. Tatsächlich klagen sie bereits seit längerem gegenüber Blick, unter der hohen Arbeitsbelastung könne die Sicherheit leiden – was Postauto zurückweist.

Postauto-Checks im Check

Jetzt aber wird an höherer Stelle überprüft, ob Sicherheitsmängel bei Postauto zum erneuten Radverlust geführt haben. Die Sust, die staatliche Sicherheitsuntersuchungsstelle, befasst sich damit, warum bei Postautos die Checks versagten.

Insgesamt ist Postauto aber gut unterwegs. Beim gelben ÖV-Betrieb ist die Unfallzahl seit 2018 von 82 leicht gefallen – wozu auch die Corona-Flaute beigetragen haben dürfte. 2022 verzeichnet man aber 85 Unfälle. Im laufenden Jahr kam es bis Ende November zu 71 Vorfällen. Dabei waren die Fahrzeuge häufig gut gefüllt: Bis Ende Juli 2023 verzeichnete man im Vergleich zum Vorjahr einen Passagierzuwachs von zwölf Prozent. Und im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit waren bis im Sommer auch noch immer vier Prozent mehr Fahrgäste unterwegs – man steuert auf ein Rekordjahr zu – wobei, manchmal auf weniger Rädern als vorgesehen.

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