Steigende Corona-Zahlen brauchen nationale Massnahmen
Kantone fordern Bund zum Handeln auf

Angesichts steigender Fallzahlen drängen die Kantone den Bund zu schweizweiten Verschärfungen. Sie wollen einen Massnahmen-Flickenteppich verhindern.
Publiziert: 23.11.2021 um 00:24 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2021 um 08:53 Uhr
In der Schweiz steigen die Corona-Zahlen. Bundesrat Alain Berset (rechts) findet, die Kantone sollten strengere Massnahmen ergreifen.
Foto: keystone-sda.ch
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Ruedi Studer

Bern soll die Zügel bei Corona wieder in die Hand nehmen. Dieser Ansicht sind zahlreiche Kantone. Dass Gesundheitsminister Alain Berset (49) derzeit nationale Massnahmen nicht für angezeigt hält, wie er letzte Woche klarmachte, stösst auf Kritik.

Der Luzerner Regierungsrat Guido Graf (63) wird deutlich: «Mir ist wichtig, dass der Bund endlich seine Führungsrolle wahrnimmt, damit ein kantonales Flickwerk vermieden werden kann», sagt der Gesundheitsdirektor. Zudem erwarte er vom Bund, dass die Booster-Impfungen jetzt endlich «sehr rasch für alle Personen freigegeben werden».

Mehrere Kantone stellen sich hinter Graf

Grafs Zuger Amtskollege Martin Pfister (58) pflichtet ihm bei, in der aktuellen Situation unterscheide sich die epidemiologische Lage zwischen den Kantonen nicht mehr gross. «Es ist deshalb angebracht, dass der Kern der Massnahmen national einheitlich gilt.» Wenn die Situation im Gesundheitswesen kritisch würde, wären einheitliche Verschärfungen auf Bundesebene sinnvoll. Auch Solothurn will «einheitliche Massnahmen».

Und im Jura betonen die Behörden: «Die Kantone erwarten eine Harmonisierung der Massnahmen auf nationaler Ebene, damit die nicht von einem Kanton zum anderen variieren.» Auch die Schwyzer erklären: «Damit bei einer sich verschärfenden Situation ein erneuter Flickenteppich von Massnahmen in den unterschiedlichen Kantonen verhindert werden kann, ist es unabdingbar, dass einschränkende Massnahmen vom Bund national einheitlich erlassen werden.»

Bund kann sich nicht länger drücken

Bundesbern kann sich nicht mehr lange aus Furcht vor der Abstimmung übers Covid-Gesetz davor drücken, wieder für Koordination im Kampf gegen die Pandemie zu sorgen. Diese Haltung wird in den Kantonen deutlich. Schliesslich geht es um den Schutz der Bevölkerung und darum, das Gesundheitswesen vor einer Überlastung zu schützen.

Momentan sieht es nicht mehr gut aus. Die nächste Welle türmt sich in der Schweiz auf: 14'590 neue Coronavirus-Ansteckungen innerhalb von 72 Stunden vermeldete das Bundesamt für Gesundheit fürs vergangene Wochenende. 156 Personen wurden hospitalisiert, 18 neue Todesfälle registriert.

Verschiedene Kantone verschärfen bereits

Angesichts dieser Entwicklung rechnet Gesundheitsdirektoren-Präsident Lukas Engelberger (46) mit Verschärfungen: «Ich gehe davon aus, dass es in Kürze weitere Massnahmen geben wird – zunächst auf kantonaler Ebene», sagt er im «Tages-Anzeiger».

Der Booster für alle steckt in Bern fest

Seit gestern kann sich das Gesundheitspersonal in Basel-Stadt für die Auffrischungsimpfung anmelden. Damit will der Kanton das Gesundheitswesen für rasant steigende Zahlen von Corona-Patienten wappnen.

Die Behörden haben Menschen über 75 Jahre mit einem persönlichen Schreiben und jene über 65 per SMS zur Booster-Impfung geladen. Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen werden von mobilen Teams mit der dritten Dosis versorgt.

Auch in anderen Kantonen sind die Booster-Impfungen für Senioren in vollem Gange. Wie es aber mit der Drittimpfung für Leute aussieht, die jünger sind als 65 Jahre, ist noch unklar. Denn noch fehlt die definitive Booster-Empfehlung für Jüngere. Sie ist zwar für die nächsten Tage angekündigt, doch offen ist, ob dann auch bei den Jüngeren abgestuft nach Altersgruppen geboostert werden soll. Deshalb halten sich die Kantone bei ihrer Planung zurück. Ihre Augen richten sich nach Bern. Sobald die Eidgenössische Kommission für Impffragen (Ekif) den Startschuss gibt, wollen die Kantone für die notwendigen Impfkapazitäten sorgen.

Das Interesse ist gross. Der Aargau meldet, dass sich bislang mehr als 51'000 Personen für die Auffrischungsimpfung angemeldet hätten, 21'000 Leute bekamen sie bereits. In Freiburg sind es 49'000 Seniorinnen und Senioren, die geboostert werden könnten, was in gut drei Wochen zu schaffen sei, schreibt der Kanton. Schon 23'000 Termine wurden in Baselland gebucht.

Appenzell Innerrhoden rechnet damit, die Rentner bis Ende Jahr oder bis spätestens Mitte Januar geimpft zu haben. Pascal Tischhauser

Seit gestern kann sich das Gesundheitspersonal in Basel-Stadt für die Auffrischungsimpfung anmelden. Damit will der Kanton das Gesundheitswesen für rasant steigende Zahlen von Corona-Patienten wappnen.

Die Behörden haben Menschen über 75 Jahre mit einem persönlichen Schreiben und jene über 65 per SMS zur Booster-Impfung geladen. Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeheimen werden von mobilen Teams mit der dritten Dosis versorgt.

Auch in anderen Kantonen sind die Booster-Impfungen für Senioren in vollem Gange. Wie es aber mit der Drittimpfung für Leute aussieht, die jünger sind als 65 Jahre, ist noch unklar. Denn noch fehlt die definitive Booster-Empfehlung für Jüngere. Sie ist zwar für die nächsten Tage angekündigt, doch offen ist, ob dann auch bei den Jüngeren abgestuft nach Altersgruppen geboostert werden soll. Deshalb halten sich die Kantone bei ihrer Planung zurück. Ihre Augen richten sich nach Bern. Sobald die Eidgenössische Kommission für Impffragen (Ekif) den Startschuss gibt, wollen die Kantone für die notwendigen Impfkapazitäten sorgen.

Das Interesse ist gross. Der Aargau meldet, dass sich bislang mehr als 51'000 Personen für die Auffrischungsimpfung angemeldet hätten, 21'000 Leute bekamen sie bereits. In Freiburg sind es 49'000 Seniorinnen und Senioren, die geboostert werden könnten, was in gut drei Wochen zu schaffen sei, schreibt der Kanton. Schon 23'000 Termine wurden in Baselland gebucht.

Appenzell Innerrhoden rechnet damit, die Rentner bis Ende Jahr oder bis spätestens Mitte Januar geimpft zu haben. Pascal Tischhauser

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Tatsächlich gibt es in den Kantonen bereits Bewegung. Im Vordergrund steht die Ausweitung der Masken- oder der Zertifikatspflicht. In Graubünden gilt ab Dienstag an zahlreichen Schulen ab der dritten Klasse Maskenpflicht – vorerst bis Weihnachten. Und zwar nicht nur drinnen, sondern auf dem gesamten Schulareal. Ab Mittwoch verlangen Basler Schulen ab der 5. Klasse wieder eine Maske.

Und in Nidwalden heisst es seit Montag ab Sekundarstufe I sowie für sämtliche Lehrpersonen wieder «Maske auf». Rund 50 Prozent aller neuen Fälle seien auf das schulische Umfeld zurückzuführen, schreibt der Kanton.

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Auch Altersheime im Fokus

Auch das repetitive Testen wird an den Schulen verstärkt zum Thema. Die Bündner testen die Schüler teils zweimal wöchentlich. Und Appenzell Innerrhoden plant auf Sekundarstufe I repetitive Massentests.

Im Fokus sind auch die Alters- und Pflegeheime. Baselland hat letzte Woche eine 3G-Zertifikatspflicht plus Maskenpflicht für Besuche in den Heimen und Spitälern eingeführt. Basel-Stadt zieht nach und verlangt ab Mittwoch von Heim- und Spital-Besuchern ebenfalls einen 3G-Nachweis. Auch in Obwalden sollen Massnahmen in Schulen und Heimen beantragt werden. Und auch in Luzern werden diese geprüft.

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