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«Trauerspiel für den Kanton»
Kein Container-Knast in Bern – Strafen könnten verjähren

Der Kanton Bern will keinen zusätzlichen Container-Knast. Einige befürchten nun, dass Tausende Ersatzfreiheitsstrafen verjähren könnten. GPL-Nationalrätin Melanie Mettler plant nun einen Vorstoss im Parlament.
Publiziert: 14.09.2024 um 11:18 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2024 um 11:25 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Berner Rat lehnt 5,5-Millionen-Kredit für Container-Knast ab
  • Doch die Gefängnisse sind überbelegt
  • Jetzt drohen Strafen zu verjähren
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Céline ZahnoPraktikantin Politik

Die Schweizer Gefängnisse sind voll. Teilweise übervoll: In den Luzerner Justizvollzugsanstalten ist keine Zelle frei, in Genf und Waadt sind sie notorisch überbelegt. Der Kanton Bern wollte darum für zusätzliche Haftplätze einen Container-Knast anschaffen. 

Daraus wird aber nichts. Der Berner Grosse Rat hat den 5,5-Millionen-Kredit für die Gefängniscontainer abgelehnt. Einer hauchdünnen Mehrheit von 78 zu 77 Stimmen war die Lösung zu teuer.

«Peinlich für den Kanton»

In den Containern wären vor allem jene untergebracht worden, die eine Busse trotz mehrmaliger Mahnungen nicht bezahlt haben. Oft geht es um Kleindelikte, wie Schwarzfahren. Tausende dieser Vergehen drohen innerhalb des nächsten Jahres zu verjähren. Schuld ist der Justizstau: Durch Softwareprobleme kam es nämlich zu Verzögerungen beim Busseninkasso.

Die Schweizer Gefängnisse sind überfüllt.
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Für SVP-Grossrat Thomas Fuchs (58) ist das ein Trauerspiel. «Für mich ist klar: Nun wird es zu Verjährungen kommen. Es ist einfach peinlich für den Kanton, wenn er Strafen nicht durchziehen kann.» Zwar müsse man möglichst viele Strafen vollziehen, auch wenn die Haftbedingungen dann schlechter würden. Aber es sei klar: «Das Gefängnis ist wie ein ausgebuchtes Hotel. Wenns kein Zimmer hat, dann hat es keins.»

Zusätzlich sende es ein schlechtes Zeichen an Kleindelinquenten: «Wenn sie sowieso keine Strafen zu befürchten haben, animiert das die Leute, ihre Busse nicht zu zahlen.» Das sei schlussendlich schädlich für das Image der Justiz.

Gemeinnützige Arbeit statt Knast?

Sicherheitsdirektor Philippe Müller (61) versuchte, noch während der Ratssitzung die Wogen zu glätten. «Es wird niemand laufen gelassen.» Die Gefängnisse würden dichter belegt. Im Vorfeld hatte er allerdings stets betont, wie dringlich und alternativlos das Geschäft sei. 

Thema werden die vollen Gefängnisse jetzt auch auf nationaler Ebene. GLP-Nationalrätin Melanie Mettler (46) will dazu noch in der laufenden Herbstsession einen Vorstoss einreichen. Der Bundesrat soll prüfen, ob kurze Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit ersetzt werden können.

«Gefängnisstrafen kosten viel und für viele haben sie keinen abschreckenden Effekt», so Mettler. «Es sollte für die Kantone möglich sein, alternative Strafnormen zu verordnen.» Und zusätzlich würde das auch das Platzproblem lösen.

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