Trotz Krawallen
Zürich lockert Demo-Vorschriften

Die SVP ruft nach den jüngsten Krawallen zwischen linken Chaoten und der Polizei wieder einmal nach mehr Repression. Doch das Zürcher Parlament hat den entgegengesetzten Weg eingeschlagen.
Publiziert: 03.04.2023 um 16:40 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2023 um 17:27 Uhr
Speerspitze der unbewilligten Demo am späten Samstag in Zürich.
Foto: Blick-Leserreporter
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Die jüngsten Krawalle im Zürcher Langstrassenquartier sind Wasser auf die Mühlen der SVP. Nachdem es vergangenes Wochenende erneut zu einem gewaltsamen Zusammenstoss zwischen linken Chaoten und der Polizei gekommen ist, bekommt die Forderung Auftrieb, härter gegen gewalttätige Demonstranten vorzugehen – und Kundgebungen grundsätzlich stärker zu reglementieren.

Das Stadtzürcher Parlament hingegen will das Gegenteil. Mit ganz knapper Mehrheit hat der Gemeinderat vergangene Woche eine Lockerung der Demonstrations-Vorschriften beschlossen. Künftig soll Teilnehmenden einer unbewilligten Demo keine Busse mehr drohen, hat das Gemeindeparlament beschlossen.

Bereits 2021 hat sich der Gemeinderat dafür ausgesprochen, dass für Demos keine Bewilligungs-, sondern nur noch eine Meldepflicht gelten soll. Die Änderung ist noch nicht in Kraft.

«Eingriff in die Versammlungsfreiheit»

Beide Male hat sich die Linke gegen die Bürgerlichen durchgesetzt – und auch gegen Sicherheitsdirektorin Karin Rykart (52, Grüne). Die Forderung nach Streichung der Bussen stammt von Grünen-Gemeinderat Luca Maggi (32) und Moritz Bögli (25) von der Alternativen Liste (AL).

Letzterer will sich auf Blick-Anfrage nicht zum Vorstoss äussern. Grünen-Politiker Maggi hingegen verteidigt seine Forderung – trotz der jüngsten Ausschreitungen. Das eine habe mit dem andern nichts zu tun, findet er. Zürich sei die einzige Schweizer Stadt, in der allein die Teilnahme an einer unbewilligten Demo strafbar sei. «Das ist ein Eingriff in die Versammlungs- und Meinungsfreiheit», argumentiert Maggi.

Vor Corona wurden nur relativ selten solche Bussen ausgesprochen. Im Pandemiejahr 2021 hingegen waren es 900 und im vergangenen Jahr knapp 270.

«Linke wollen das Problem nicht wahrhaben»

Während Rechts nach mehr Repression ruft, will die Linke das Gegenteil. Samthandschuhe statt Vorschlaghammer, sozusagen.

«Es ist gratis, wenn man jetzt sagt, es braucht härtere Massnahmen», findet Maggi. Komme es beispielsweise zu Angriffen gegen Polizisten, könne man diese schon heute ahnden. «Für all das gibt es das Strafgesetz. Ich sehe nicht ein, was man da noch verschärfen will.»

Der Zürcher SVP-Fraktionschef Martin Hübscher (54) hingegen wirft den Linken vor, wegzuschauen. «Sie wollen das Problem nicht wahrhaben», sagt er.

SVP will Lockerung rückgängig machen

Die SVP kündigt ein «Massnahmenpaket» an, «um den Linksextremismus in der Stadt Zürich wirksam zu bekämpfen». Die Partei will, dass der Entscheid des Gemeinderats aufgehoben wird, dass Demos künftig nur noch gemeldet und nicht mehr bewilligt werden müssen. «Zudem braucht es eine bessere Koordination zwischen Stadt- und Kantonspolizei, damit die Sicherheitskräfte besser gerüstet sind», sagt Hübscher.

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Bald zur Abstimmung kommt im Kanton Zürich die Anti-Chaoten-Initiative der Jungen SVP, die fordert, dass zwingend die Verursacher für allfällige Schäden aufkommen müssen. Die Regierung hat einen etwas weniger weitgehenden Gegenvorschlag dazu ausgearbeitet. Am Montag hat die SVP im Kantonsrat mit einem Vorstoss nachgedoppelt.

Im Parlament dürften es die Forderungen nach einer härteren Gangart gegen Chaoten weiterhin sehr schwer haben. Anders sieht die Stimmungslage in der Bevölkerung aus. In einer repräsentativen Umfrage des Forschungsinstituts GFS Bern im Auftrag der «NZZ» findet fast ein Drittel der Befragten, dass bei Demos härter durchgegriffen werden sollte.

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