Über 1000 Franken Gebühren gefordert
Muss Mia (22) die Serafe-Schulden der Eltern zahlen?

Eine Familie zahlte jahrelang Radio- und Fernsehgebühren nicht – nun treibt die Serafe das Geld bei der Tochter ein. Zu Recht?
Publiziert: 26.04.2024 um 17:05 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2024 um 17:30 Uhr
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Andri Gigerl
Beobachter

Für Mia Schmid ist es nicht das erste Mal, dass ihr Elternhaus sie teuer zu stehen kommt. Als die 22-Jährige, die in Wirklichkeit anders heisst, letztes Jahr die Krankenkasse wechseln wollte, kostete sie das über 2000 Franken. Denn Schmids Eltern sind schwer verschuldet und haben die Rechnungen nicht beglichen. Wer wechseln will, darf aber keine Schulden bei der alten Kasse haben.

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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Kaum aus der Lehre kommt für die junge Frau jetzt der nächste Schlag: eine Betreibungsandrohung der Serafe über 1030 Franken. Zwei Jahre und zahlreiche Mahngebühren soll Schmid für den Elternhaushalt nachzahlen. Das klingt ungerecht, ist aber rechtens – und es könnte für Schmid sogar noch mehr werden.

Wer volljährig ist, und mit den Eltern im gleichen Haushalt wohnt, kann auch für die Serafe-Schulden haftbar gemacht werden.
Foto: shutterstock
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Das darf die Serafe

Gemäss Gesetz muss jeder Schweizer Privathaushalt jährlich 335 Franken Radio- und Fernsehgebühren bezahlen. Mia Schmid wird dabei das Wort «Haushalt» zum Verhängnis. Denn für die Gebühren haften sämtliche volljährigen Personen eines Haushalts solidarisch. Das heisst: Die Serafe kann von jeder volljährigen Person im Haushalt den ganzen Betrag einfordern.

Weil Schmids Eltern nicht zahlungsfähig sind, fordert die Serafe nun die Gebühren von der Tochter. Aktuell für die ersten zwei Jahre, in denen sie volljährig bei den Eltern gewohnt hat. Weil Schmid erst kürzlich von zu Hause ausgezogen ist, dürften aber noch weitere Rechnungen hinzukommen. Die elterlichen Serafe-Schulden dieser Zeit sind auch ihre Schulden. Sie könnte zwar theoretisch den Anteil der Eltern zurückverlangen – das dürfte wegen deren Schuldenberg aber wenig aussichtsreich sein.

Fabienne Stich, Juristin im Beobachter-Beratungszentrum, hat sich den Fall angeschaut. Ihre Tipps für Probleme mit der Serafe-Rechnung:

Was tun, wenn Mitbewohnende nicht zahlen?

Serafe-Rechnungen sollten, wenn möglich, immer sofort bezahlt werden. So vermeiden Sie Mahngebühren. Wenn Mitbewohnerinnen und Mitbewohner nicht zahlen, ist es ratsam, die Rechnung erst einmal zu begleichen und im Anschluss die Verteilung der Kosten untereinander im Haushalt zu regeln. Grundsätzlich schulden alle ihren Anteil.

Was, wenn ich die Rechnung nicht stemmen kann?

Wer merkt, dass er oder sie die Serafe-Gebühren nicht bezahlen kann, soll schnellstmöglich Kontakt mit der Serafe aufnehmen. Man biete in Ausnahmefällen die Möglichkeit von Ratenzahlungen an, sagt Erich Heynen, Mediensprecher der Serafe. Das aber in erster Linie bei grösseren Beträgen. Ausserdem haben alle die Möglichkeit, Rechnungen quartalsweise statt einmal im Jahr zu bezahlen.

Was, wenn ich schon betrieben werde?

Fabienne Stich empfiehlt, Kontakt mit der Serafe aufzunehmen und einen Zahlungsplan zu vereinbaren. Wenn auch Ratenzahlungen finanziell nicht möglich sind, sollten Sie sich Unterstützung holen. Zum Beispiel bei einer Schuldenberatungsstelle. Prüfen Sie auch, ob Sie Anrecht auf Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen (EL) haben. Die Sozialhilfe berücksichtigt die Serafe-Gebühr im Grundbetrag. EL-Bezügerinnen und -Bezüger können sich von der Serafe-Abgabe befreien lassen.

Wenn Sie keinen Anspruch auf diese Unterstützungsangebote haben, können Sie sich an die Stiftung SOS Beobachter wenden. Sie unterstützt armutsbetroffene Menschen in der Schweiz, wenn sonst niemand hilft.

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