Um Radikalisierung vorzubeugen
Thurgau will Islamunterricht an Schulen einführen

Nicht nur katholische und reformierte, auch muslimische Kinder sollen im Kanton Thurgau bald Religionsunterricht an Schulen erhalten. Damit soll Integration erleichtert und Radikalisierung vorgebeugt werden. Daher hat auch das Bundesamt für Polizei ein Interesse daran.
Publiziert: 08.02.2024 um 11:37 Uhr
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Aktualisiert: 08.02.2024 um 12:42 Uhr

Wollen muslimische Kinder in der Schweiz Religionsunterricht besuchen, müssen sie meist in die Moschee. Nur gerade an zehn Schweizer Schulen wird ein Islamunterricht angeboten. Dabei hätte ein solcher Unterricht an der Volksschule durchaus Vorteile, wie eine Studie der Universitäten Luzern und Freiburg zeigt. Die Schule ist ein neutraler Ort. Kinder mit verschiedenem muslimischem Hintergrund erhalten gemeinsam Unterricht. Das fördert das gegenseitige Verständnis – und ermöglicht gleichzeitig eine gewisse Qualitätskontrolle.

Vorwärtsmachen will nun der Kanton Thurgau. Vorbild sind dabei die Schulen in Kreuzlingen, an denen schon seit 14 Jahren Islamunterricht angeboten wird. Über 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Kreuzlingen sind muslimisch. Nun soll das Angebot auf den ganzen Kanton ausgeweitet werden, wie Radio SRF berichtet.

Unterricht muss in Lehrplan passen

Weil es in der Schweiz bis jetzt noch keinen Lehrplan für den islamischen Religionsunterricht gab, orientiere sich Religionslehrer Rehan Neziri, an einem Lehrplan aus Deutschland. Es sei wichtig, dass alle wüssten, «was hier unterrichtet wird, mit welchen Methoden gearbeitet wird und ob sie aktuell pädagogisch angemessen sind oder nicht».

Islamunterricht findet in der Schweiz bisher praktisch nur in Moscheen statt. (Symbolbild)
Foto: Keystone
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Der neue Lehrplan für den islamischen Religionsunterricht basiert auf einem Lehrplan aus Baden-Württemberg und ist an den Lehrplan 21 und den Lehrplan der Volksschule Thurgau angepasst. «Es wäre schwierig, wenn der Lehrplan für islamischen Religionsunterricht eine andere Grundideologie hätte als der Lehrplan der Landeskirche und der Lehrplan der Volksschule Thurgau», wird Daniel Ritter von der Fachstelle Religionspädagogik der Katholischen Kirche Thurgau zitiert. Er hat am neuen Lehrplan mitgearbeitet. Wichtig sei dabei, dass die Lehrpläne aufeinander anschlussfähig sind.

Auch Bundespolizei hat ein Interesse daran

Und auch der Bund spielt dabei eine Rolle. Denn das Projekt Lehrplan für islamischen Religionsunterricht im Thurgau erhält finanzielle Unterstützung aus Bern, konkret vom Bundesamt für Polizei Fedpol. Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans gegen Radikalisierung und Extremismus vergibt die Bundespolizei Fördergelder.

Das Thurgauer Lehrplanprojekt habe sich um die Fördergelder beworben, weil islamischer Religionsunterricht Extremismus vorbeugen kann. Das zeige auch die erwähnte Studie der Universitäten Luzern und Freiburg.

Die Schweiz müsse ein Interesse daran haben, «dass der Islam, der hier gelebt wird, eine Art europäischer Islam ist», wird Ritter zitiert. «Ein Islam, der mit unseren Werten arbeitet und sich mit dieser Realität auseinandersetzen kann.» (dba)

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