Waadtländer Broulis im Ständerat
«Bei den grossen Themen müssen wir die Deutschschweiz überzeugen»

Der Waadtländer FDP-Mann Pascal Broulis wird zum ersten Mal auf Bundesebene politisieren. Am Sonntag wurde der ehemalige Finanzminister in den Ständerat gewählt.
Publiziert: 13.11.2023 um 14:00 Uhr
Léo Michoud

Pascal Broulis (58) ist kein Neuling in der Westschweizer Politik. Dennoch durfte das FDP-Urgestein am Sonntag eine Premiere feiern. Der ehemalige Waadtländer Finanzminister schaffte zum ersten Mal den Sprung ins eidgenössische Parlament. Er zieht in den Ständerat ein.

Das Duell gegen den Grünen Raphaël Mahaim (39) war zum Schluss auch nicht so knapp, wie es sich die Linken erhofft hatten. Der Freisinnige erhielt 89'058 Stimmen, sein Kontrahent erhielt 15'000 Stimmen weniger.

Pascal Broulis, wie geht es Ihnen nach dem Wahlerfolg? Hatten Sie je Angst, von Raphaël Mahaim überholt zu werden?
Pascal Broulis: Mein Wahlsieg ist nicht selbstverständlich, ich musste kämpfen. Wie in jeder Demokratie entscheidet am Ende das Volk. Und klar: Es gab auch Momente des Zweifels. Meine grösste Angst war, dass die Leute nicht an die Urne gehen, weil ich im ersten Wahlgang bereits gut abgeschnitten habe. Nun bin ich dankbar für die Unterstützung, die ich von meiner Partei und allen, die an diesem Wahlkampf mitgearbeitet haben, erhalten habe. Es ist auch ihr Sieg.

Im Kanton Waadt holte der FDP-Politiker Pascal Broulis den zweiten Ständeratssitz.
Foto: KEYSTONE
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Was hat Ihnen gegen den Kandidaten der Grünen geholfen?
Die Mobilisierung der Jungfreisinnigen war unglaublich. Solche Wahlkämpfe sind bei uns eher nicht üblich. Wir wollten überall präsent sein. Also bin ich überall hingegangen. Morgens, abends, zu Kongressen, Seminaren, Versammlungen. Ich blieb nicht nur drei Minuten, sondern ganze Sitzungen. Bin teilweise erst nach Mitternacht nach Hause und am nächsten Morgen um 6 Uhr wieder aufgestanden.

Das unterscheidet sich aber nicht gross vom Wahlkampf Ihres Konkurrenten.
Ich blieb ruhig. Ich habe Herrn Mahaim nie angegriffen. Das ist nicht meine Art, Politik zu machen. Sie besteht darin, Menschen zusammenzubringen, sie zu respektieren, wenn sie einen respektieren. Ich habe Ideen und Werte verteidigt, die die Schweiz ausmachen: Zusammenhalt und Respekt. Ich habe Themen angesprochen, die im ersten Wahlgang überhaupt nicht diskutiert worden sind.

Welche zum Beispiel?
Ob es den Linken gefällt oder nicht: Ich habe mehrmals die Armee thematisiert. Wenn man sieht, was in der Ukraine, in Israel und im Nahen Osten passiert, ist die Armee einer der Wächter der Demokratie. Ich habe über Europa gesprochen, über die Wirtschaft. Endlich. Denn Geld wächst nicht auf Bäumen. Ich glaube, jedes Mal, wenn ich das thematisiert habe, konnte ich Pluspunkte sammeln. Alles Themen, die für die Bevölkerung zentral sind. Sie wurden von den politischen Gegnern weniger angesprochen.

Sie werden den Kanton Waadt im Ständerat gemeinsam mit Ihrem SP-Kollegen Pierre-Yves Maillard vertreten. Wird das Duo «Brouillard et Malice» auch in Bern gut funktionieren?
Es wird anders sein, die Themen auf nationaler Ebene sind breiter gestreut. Es wird unweigerlich grosse Themen geben, die behandelt werden müssen. Darunter ein sehr sensibles Thema für die Jugend, die Wirtschaft und die Arbeitnehmer: Europa. Hier müssen Lösungen gefunden werden.

Auch für die Wirtschaft?
Herr Maillard ist Gewerkschafter. Er kennt den Wert des Frankens und weiss, dass jeder zusätzliche Franken wichtig ist. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihm, auch wenn wir nicht immer Kompromisse finden werden. Bei den grossen Themen müssen wir die Deutschschweiz überzeugen. Die Waadt ist der drittgrösste Kanton der Schweiz. Gemeinsam mit dem Kanton Genf schaffen wir Wohlstand: 25 Prozent der direkten Bundessteuer kommen aus der Waadt und Genf, obwohl wir nur 15 Prozent der Bevölkerung stellen. Wir werden kämpfen müssen, um eine Westschweizer Sichtweise durchsetzen zu können.

Politik auf Bundesebene – eine Premiere für Sie. Werden Sie als Ständerat ähnlich politisieren wie als Waadtländer Staatsrat?
Die Tätigkeit wird eine andere sein. Aber ich kenne die kleine Kammer sehr gut, weil ich vier Jahre lang die Konferenz der Kantonsregierungen und über zehn Jahre lang die Stiftung für eidgenössische Kulturförderung geleitet habe.

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