Wechselgelüste, weil Schlüsseldepartemente frei werden
Wünsch-dir-was im Bundesrat

Mit den Rücktritten von Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga werden im Bundesrat gleich zwei Schlüsseldepartemente frei. Hinter den Kulissen wird bereits um die Neuverteilung der Departemente gerungen.
Publiziert: 14.11.2022 um 00:44 Uhr
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Aktualisiert: 14.11.2022 um 08:25 Uhr

Schafft SVP-Favorit Albert Rösti (55) den Sprung in den Bundesrat tatsächlich? Und setzt sich bei der SP Eva Herzog (60) gegen Evi Allemann (44) durch? Oder werden beide von Elisabeth Baume-Schneider (58) links überholt?

Noch ist völlig offen, wen das Parlament am 7. Dezember zur Nachfolgerin oder zum Nachfolger von Simonetta Sommaruga (62) und Ueli Maurer (71) wählt. Doch hinter den Kulissen hat im Bundesrat bereits der Verteilkampf um die einzelnen Departemente begonnen. Es könnte zum grossen Sesselrücken kommen.

Finanzdepartement soll bürgerlich bleiben

Die grössten Wechselgelüste werden Bundesrätin Karin Keller-Sutter (58) nachgesagt. Das Justizdepartement war nie ihr Favorit. Nun soll die Freisinnige ein Auge auf das frei werdende Finanzdepartement geworfen haben. Bereits hat sie eine eigentliche Werbetour gestartet.

Noch ist völlig unklar, wer auf Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga im Bundesrat folgt. Doch dort wird bereits um die künftige Verteilung der Departemente gerungen.
Foto: Keystone
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Immerhin handelt es sich um das wichtigste Schlüsseldepartement: Es gibt kein grösseres Geschäft, bei dem der Finanzminister nicht dreinreden kann. Die Bürgerlichen wollen es deshalb unbedingt unter ihrer Kontrolle behalten.

Über die Departementsverteilung entscheidet die Landesregierung jeweils an der Sitzung nach der Wahl. Ihre Wünsche können die Mitglieder nach Dienstalter äussern. Als Erster ist damit SP-Innenminister Alain Berset (50) an der Reihe, der seit 2012 mitregiert.

Keller-Sutter bekniet Berset

Dem Romand werden seit Jahren Ambitionen für einen Wechsel ins Finanzdepartement nachgesagt. Nach der aufreibenden Corona-Zeit könnte Berset eine neue Aufgabe anstreben. Gleichzeitig kann er darauf verweisen, als Erster seit fast drei Jahrzehnten eine AHV-Reform durchgebracht zu haben.

Allerdings übernimmt Berset nächstes Jahr das Bundespräsidium, da würde ein gleichzeitiger Departementswechsel zu einer grossen Belastung. Kommt hinzu, dass die Bürgerlichen im Bundesrat die Finanzen kaum einem Linken überlassen wollen. Umgekehrt käme es einem Affront gleich, ihm einen Wechsel quasi zu verbieten. Dem Vernehmen nach spricht sich Keller-Sutter eng mit Berset ab. Sie bitte darum, dass er ihr den Vortritt lasse.

Amherd will nicht ewig bleiben

Eine eher unwahrscheinliche Option ist, dass Berset Sommarugas Energiedepartement erbt. Grundsätzlich kann man davon ausgehen: Wechselt der SP-Bundesrat sein Departement, will er noch einige Jahre regieren. Bleibt er hingegen im Innendepartement, würde es darauf hindeuten, dass er schon nach seinem Präsidialjahr seinen Hut nehmen könnte.

Zunehmend Wechselgelüste hegt dem Vernehmen nach auch Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (60). Es ist ein offenes Geheimnis, dass das VBS nie ihr Wunschdepartement war. Sie hat sich aber arrangiert und kann Erfolge vorweisen. So hat sie nicht nur den Kauf neuer Kampfjets durchgebracht, sondern auch ein deutlich höheres Armeebudget.

So könnte sie mit gutem Gewissen ins nächste Departement weiterziehen. Falls sie das überhaupt will. Denn sie soll zu Beginn ihrer Amtszeit intern signalisiert haben, nicht ewig im Bundesrat verbleiben zu wollen. Ihre Erfolge im VBS könnten die Walliserin aber auch darin beflügelt haben, die Herausforderungen eines weiteren Departements meistern zu wollen.

Derzeit vertraut Amherd auf eine weitere Walliserin: Brigitte Hauser-Süess. Diese wurde Anfang 2019, damals 64-jährig, zu ihrer persönlichen Beraterin ernannt. Sie soll die Bundesrätin in ihr Präsidialjahr 2024 begleiten, heisst es. Hauser-Süess arbeitete schon für BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (66) sowie CVP-Bundesrätin Doris Leuthard (59). Dass Hauser-Süess über Amherds Präsidialjahr hinaus an der Seite der Mitte-Magistratin bleibt, gilt als unwahrscheinlich. Und ob Amherd ohne ihre gute Freundin im Bundesrat weiterregieren wolle, sei fraglich, sagen Vertraute.

Ringen ums Uvek

Was aber bekannt ist: Das Justizdepartement war lange das eigentliche Traumdepartement von Juristin Amherd. Doch mittlerweile richte sich ihr Interesse auch auf das viel gewichtigere Energie- und Verkehrsdepartement, ist zu hören. Vor ihrem Wechsel in den Bundesrat politisierte Amherd nämlich in der nationalrätlichen Verkehrskommission. Und als Verkehrsministerin könnte die Walliserin den für ihren Kanton so wichtigen Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels vorantreiben.

Um das in der aktuellen Energiedebatte so wichtige Schlüsseldepartement könnte jedoch ein eigentlicher Machtkampf entbrennen. Sollte SVP-Mann Rösti nämlich gewählt werden, dürfte er ebenfalls ein Auge aufs Uvek werfen, gilt er doch als gewiefter Energiepolitiker.

Ob das aber klappt? «Wenn SVP und FDP zusammenspannen, haben sie im siebenköpfigen Bundesrat vier Stimmen und können vieles im Alleingang bestimmen», sagt ein Bürgerlicher. Das sei natürlich das Ziel. Es soll entsprechende Gespräche geben. «Es ist aber unsicher, ob das dann auch tatsächlich funktioniert.»

Manchmal gehts um die Rangordnung

Die Departementsverteilung hat ihre eigenen Gesetze und Dynamiken. Entscheiden muss das Gesamtgremium. Und da schaut man weniger auf die Wünsche der Parteioberen als darauf, ob bei einer nächsten Vakanz oder einem wichtigen Geschäft nicht plötzlich ein Bumerang droht, wenn man die Gspänli zu stark verärgert.

Und manchmal geht es auch einfach darum, die Rangordnung zu markieren. Neulinge müssen daher meist hintenanstehen und sich mit den weniger wichtigen Departementen begnügen. Daher ist es gut möglich, dass sich die neuen Bundesratsmitglieder mit VBS und EJPD zufriedengeben müssen. Ersteres würde dann wohl an die SVP fallen und Letzteres an die SP.

«Er ist nicht in den Wechseljahren»

Dass sich der Verteilkampf auch noch auf das Wirtschafts- und das Aussendepartement ausweitet, ist eher unwahrscheinlich. SVP-Bundesrat Guy Parmelin (63) soll jedenfalls keinen Neustart anstreben, ist er doch erst 2019 vom Verteidigungs- ins Wirtschaftsdepartement umgezogen. «Er bleibt ganz sicher. Er ist nicht in den Wechseljahren», scherzt ein Parteikollege.

Auch FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (61) dürfte dem Aussendepartement treu bleiben. Er habe durchaus noch Ambitionen im Europadossier, heisst es. Ob das so bleibt, dürfte auch davon abhängen, ob Berset das Innendepartement weiter für sich beansprucht oder nicht. Sollte er doch einen Wechsel vollziehen, werden die Karten ganz neu gemischt.

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