Aus Afghanistan geflüchtet
Ex-Bürgermeisterin will in der Schweiz leben

Zarifa Ghafari (29) war die einzige Bürgermeisterin in Afghanistan. Doch wegen der Taliban musste sie fliehen. Zunächst nach Deutschland. Doch die 29-Jährige möchte wohl in die Schweiz.
Publiziert: 23.09.2021 um 17:21 Uhr
|
Aktualisiert: 23.09.2021 um 19:21 Uhr

Sie hat in ihrem Land Geschichte geschrieben, wurde 2018 zur ersten Bürgermeisterin von Maidan Sharh in Afghanistan gewählt. Zunächst schien alles gut zu laufen für Zarifa Ghafari (29). Doch dann eroberten die Taliban mehr und mehr Provinzen. Nun beherrschen die Islamisten das Land. Und die 29-Jährige musste fliehen.

Anfangs gab es für die junge Frau keine Möglichkeit. Die Ex-Bürgermeisterin musste befürchten, von den Taliban getötet zu werden. Doch Ghafari hatte Glück. Sie konnte nach Deutschland flüchten. Dort bleiben möchte sie aber nicht. Sie hat offenbar vor, in die Schweiz zu ziehen. Die Afghanin ist laut der Agentur «ANI» bereits auf dem Weg nach Bern, um sich dort mit Politikern zu treffen. Die 29-Jährige befindet sich ohnehin in der Schweiz. Für Friedensgespräche der Vereinten Nationen kam sie nach Genf.

Ihr Anliegen: Sie will ihr Land nicht kampflos den Taliban überlassen. «Ich kann keinen Moment an etwas anderes denken als an mein Land, meine Landsleute, besonders an die Frauen», sagt die 29-Jährige im Gespräch mit dem «SRF».

Zarifa Ghafari (29) ist zurzeit in Genf. Dort finden Friedensgespräche der Vereinten Nationen statt.
Foto: keystone-sda.ch
1/6

Frauenministerium wurde bereits abgeschafft

Sie sei bereit, mit den Taliban zu sprechen. «Ich möchte mit ihnen im Namen aller afghanischen Frauen sprechen, die bereits einen hohen Preis für den Krieg, aber auch für seine Folgen bezahlt haben», erklärte Ghafari bei den Friedensgesprächen in Genf.

Denn gerade die Frauen würden unter der Herrschaft leiden. Die Taliban versuchen mit allen Mitteln, die Frauen zu unterdrücken und klein zu halten. Während in den letzten Jahren versucht wurde, den Frauenanteil in den afghanischen Behörden zu erhöhen, liegt der Anteil nun bei praktisch null. Zudem wurde das Frauenministerium abgeschafft.

Die Taliban bemühen sich seit ihrer Machtübernahme Mitte vergangenen Monats um internationale Akzeptanz. Bei den Vereinten Nationen haben die Islamisten darum gebeten, bei der laufenden Generaldebatte der UN-Vollversammlung sprechen zu dürfen. Besonders mit ihrer Frauenpolitik, die diesen Namen nicht verdient, sorgen sie aber für heftige Kritik.

Keine Frau in der Übergangsregierung

Der UN-Sicherheitsrat mahnte erst vor wenigen Tagen die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen im öffentlichen Leben in Afghanistan an. Die von den Taliban angestrebte Anerkennung durch westliche Staaten und vor allem die damit verbundenen Hilfsgelder dürften für die Islamisten unerreichbar bleiben, wenn sie Frauen weiterhin so ausgrenzen wie in ihren ersten Wochen an der Macht.

In ihrer Übergangsregierung haben die Taliban bislang 47 Kabinetts- und andere Posten vergeben, keinen davon hat eine Frau bekommen. Auf Anordnung der Islamisten müssen die allermeisten Frauen vor allem im öffentlichen Dienst bis auf Weiteres ihren Jobs fernbleiben, es gibt nur wenige Ausnahmen etwa im medizinischen Bereich oder im Bildungswesen.

Schülerinnen und Lehrerinnen müssen zu Hause bleiben

In den Schulen können Jungen und Mädchen die Klassen eins bis sechs besuchen, in denen auch Lehrerinnen unterrichten dürfen. Für Jungen in den Klassen sieben bis zwölf hat am vergangenen Samstag die Schule wieder begonnen. Schülerinnen und Lehrerinnen dieser Klassen müssen dagegen auf unbestimmte Zeit zu Hause bleiben.

Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid erklärte dagegen, dass es möglich sei, dass irgendwann auch Frauen dem Kabinett angehören könnten. Die Regierung arbeite ausserdem an Plänen, wie Mädchen und Frauen sicher wieder zur Schule oder zum Arbeitsplatz gehen könnten, sagt er – unter Berücksichtigung der Scharia, des islamischen Rechts, das die Taliban extrem strikt auslegen.

Wie diese Pläne aussehen und wann sie umgesetzt werden könnten, lässt Mudschahid allerdings offen. Ob damit eher in Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren zu rechnen sei? «Wir können kein Datum nennen, aber diese Angelegenheit wird in der nahen Zukunft gelöst werden, so Gott will», so Mudschahid. (jmh/SDA)


Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?