«Es ist katastrophal»
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Aufnahmen machen Lärm hörbar:«Es ist katastrophal»

Erst Ekel-Gestank, jetzt Höllen-Lärm – die Bewohner in Hohenrain LU haben genug
«Hier zu leben, macht uns krank»

Anwohner in Hohenrain LU leiden seit Jahren unter massivem Lärm der Leu AG. Trotz Beschwerden und Lärmmessungen bleibt eine Lösung aus. Die Behörden vertrösten die Betroffenen weiterhin, während die besonders lärmintensive Maiserntezeit kurz bevorsteht.
Publiziert: 21.08.2024 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 21.08.2024 um 08:23 Uhr

Eine ganze Nachbarschaft aus Hohenrain LU weiss nicht mehr weiter. Seit 2015 ist der Lärm, den die nahe Landwirtschaftsfirma «Leu AG» produziert, kaum mehr zu ertragen – vor allem während der Maisernte, die ab August stattfindet. «Die Maisballen werden teilweise von sechs Uhr morgens bis Mitternacht gepresst – von Montag bis Samstag, Ausnahmebewilligung sei Dank», sagt Herbert Röösli (51), «monatelang!». Ein Fenster offenzulassen, sei in dieser Zeit kaum möglich. Und eine Lösung nicht in Sicht. Denn: Die Leu AG verzögere Verbesserungen und der Gemeinderat schlafe, sagt Röösli. Die Anwohner wehren sich im Blick: «Hier zu leben, macht uns krank!»

Es ist ein gewöhnlicher Montagvormittag am Idyllweg in Hohenrain, als Blick die Bewohner trifft. Einige von ihnen wohnen schon seit über 30 Jahren dort. Schriller Lärm – wie von einer Säge oder Fräse – dringt durch die Nachbarschaft. Bis zur Mittagspause wird er nicht abklingen. Man fühlt sich wie neben einer Grossbaustelle. Die angrenzende Leu AG, die diverse Landwirtschaftsdienstleistungen anbietet, arbeitet auf Hochtouren. Neben dem ständigen Lärm der Maisballenpresse, würden auf der Parzelle auch regelmässig Maschinen mit Hochdruck gereinigt, Mähdrescher würden ständig laufengelassen und das, zusätzlich zum ständigen Transportlärm, so die Anwohner.

Fast eine ganze Nachbarschaft aus Hohenrain wehrt sich gegen Lärm. «Er macht uns krank», sagt Wortführer Herbert Röösli (51).
Foto: Philippe Rossier
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Lärm zehrt an den Nerven und der Gesundheit

Man habe alles versucht, um sich mit der Nachbarfirma zu einigen. Der Gang an die Behörden war dann ein Spiessrutenlauf: «Wir fühlen uns von den Behörden nicht ernst genommen.» Spätestens seit dem Jahr 2020: «Damals haben wir uns mit unserer gemeinsamen Sammellärmklage offiziell an die Behörden gewandt», sagt Herbert Röösli.

Es vergehen zwei Jahre, bis eine Lärmmessung durchgeführt wird. Resultat: «Die Grenzwerte von 60 Dezibel (dB) tagsüber und 50 dB am Abend und in der Nacht werden jeweils um mehr als 10 Prozent überschritten», sagt Wortführer Röösli. Was nicht nach viel klingt, wird bei Dauerbelastung, zum Problem, sagt auch seine Ehepartnerin Djamila Röösli (50): «Der Lärm und der Schlafmangel machen einen krank.» Der Kampf gegen den Lärm stelle auch das Familienleben auf den Kopf. «Ausserdem leidet unser Sohn an Epilepsie. Der Schlafmangel macht seine Krankheit nicht einfacher», sagt sie.

Die Leu AG führe die Behörden an der Nase herum: «Sie lassen Deadlines der Behörden verstreichen. Und wenn sie einmal Verbesserungen vorschlagen, dann völlig unrealistische.» So habe die Leu AG vorgeschlagen, eine bis 10 Meter hohe Schallschutzmauer zu bauen. «Unmöglich! Nur schon wegen des Dorfbilds», sagt Röösli. Doch: «So erkaufen sie sich aber Zeit.»

Die Forderungen der Anwohnerschaft sind klar: «Wir möchten nur, dass die lärmintensiven Arbeiten auf dem Feld stattfinden, statt mitten in einem Wohngebiet», sagt Röösli.

Unbrauchbare Sofortmassnahmen

So einfach wie es sich die Anwohner vorstellen, sei es aber nicht, sagt Simon Leu, Verwaltungsratspräsident der Leu AG: «Die betreffende Presse stellt eine voluminöse Maschine dar, die aufgrund ihrer Masse nicht an jeden beliebigen Standort verbracht werden kann.» Auf dem Feld würde sie den Boden unfruchtbar machen. Zudem würden die Ballen nach dem Transport vom Feld ins Lager neu gewickelt werden, was ebenfalls Lärm verursachen würde.

Zu den verstrichenen Fristen sagt die Leu AG: «Diese Behauptung basiert auf einem Missverständnis zwischen uns und der Gemeinde.» Man habe seinerseits alle Möglichkeiten ausgeschöpft, daher plane man, auch keine neuen Sanierungsvorschläge mehr einzureichen. Neben dem Vorschlag mit der Schallschutzmauer achte man seit Jahren darauf, bei Neuanschaffungen leise Fahrzeuge zu kaufen.

Die Behörden reagieren zunächst nicht auf eine Blick-Anfrage. Stattdessen schicken sie den Anwohnern ein Dokument mit Sofortmassnahmen zu. Herbert Röösli: «Die Gemeinde will, weil sie es verschlafen hat, richtige Vorschläge zu unterbreiten, nun temporäre Vorgaben erlassen.» Laut dieser darf Lärm unter der Woche von 7 bis 19 Uhr und am Samstag von 7 bis 17 Uhr gemacht werden. Vorgaben, die neben einem Wohngebiet eigentlich selbstverständlich sein sollten.

Die Hohenrainer Behörden indes, müssen sich nicht zum ersten Mal Vorwürfe gefallen lassen, dass zu schläfrig gearbeitet werde. Bereits letztes Jahr sorgte ein Schweinegestanksskandal in der Gemeinde für Stunk. Auch diesmal drehen sich die Behörden im Kreis.

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