Fischer Florian Kundert (36) kritisiert Entleerung des Klöntalersees
«Die Fische sind zusammengepfercht und fressen sich gegenseitig auf»

Ein Video des leeren Klöntalersees sorgt am Sonntag für Aufsehen. Das Energieunternehmens Axpo musste den Seepegel um 16 Meter senken, um Tests durchzuführen. Jetzt kritisiert ein Fischer das Vorgehen. Für die Tiere sei der Zeitpunkt katastrophal.
Publiziert: 04.10.2021 um 18:51 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2021 um 19:12 Uhr
Jana Giger

Wo normalerweise glasklares Wasser glitzert, ist plötzlich eine braune Wüste zu sehen. Ein Tiktok-Video des fast leeren Klöntalersees GL sorgt für Aufsehen. Der Nutzer schreibt: «Wo ist das Wasser??? Sad life.»

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Mittlerweile ist bekannt, dass der See von der Axpo entleert wurde. Sie betreibt das Löntsch-Kraftwerk im Kanton Glarus und führt am Klöntalersee Tests zur Ermittlung von natürlichen Wassermengen durch. Dazu muss der See auf seinen natürlichen Pegel abgesenkt werden. Also so tief, wie er ohne Damm liegen würde. Der Pegel ist deshalb um 16 Meter gesunken.

Doch was ist mit den Fischen passiert? Die befinden sich alle im restlichen Wasser in der Mitte des Sees. Florian Kundert (36), ehemaliger Präsident des Fischereiverbands Glarus, sagt zu Blick: «Die Fische sind jetzt auf engstem Raum zusammengepfercht, weil die Hälfte ihres Lebensraums weg ist – das ist dramatisch.»

Florian Kundert (36) steht vor dem fast leeren Klöntalersee. Der ehemalige Präsident des Fischereiverbands Glarus kritisiert die Entleerung.
Foto: Siggi Bucher
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«Fische fressen sich gegenseitig auf»

Für die Fische sei der Herbst eine wichtige Jahreszeit. Im Oktober beginnt die Nahrungssuche, damit die Tiere die kalten Monate überleben. «Die Hechte fressen zurzeit alles, was sie kriegen können, um sich auf den Winter vorzubereiten», sagt Kundert. «Für die Tiere ist es katastrophal, dass der See genau jetzt entleert wurde. Sie fressen sich gegenseitig auf.»

Zudem werde auch die Fortpflanzung der Seeforellen gestört. Laut Kundert sei es für die Fische schwierig, im weniger tiefen Wasser stromaufwärts zu schwimmen, um zu laichen. «Ihr Weg führt wegen der Seeentleerung durch einen Schlammbach. Das ist nicht ungefährlich. Manche Tiere können sterben, wenn sie zu viel Dreck fressen.»

Es wäre besser gewesen, bis im Dezember mit der Entleerung zu warten. Dann ruhen die Fische am Grund des Sees und befinden sich in einem winterschlafähnlichen Zustand, so Kundert. «Wir Fischer werden die Auswirkungen in den nächsten vier bis sechs Jahren zu spüren bekommen.»

Wegen des Wetters nicht später möglich

Auf die Anfrage von Blick, weshalb der See genau jetzt entleert wurde, schreibt Monika Müller, Mediensprecherin der Axpo: «Der Versuch wurde bereits mehrfach zwischen Januar und Februar durchgeführt. Leider konnten daraus aufgrund der ungünstigen Witterungsbedingungen keine Ergebnisse gewonnen werden.»

Die Axpo senkt den Klöntalersee jeden Winter ab, um Strom zu gewinnen. Die Entleerung ist also nichts Neues. Anders ist dieses Jahr, dass es früher geschieht und wegen der Tests mehr Wasser benötigt wird. Die Axpo habe die Entleerung mit dem Kanton Glarus und den zuständigen Umweltverbänden abgesprochen, schreibt Müller.

Dr. Christoph Jäggi, Abteilungsleiter Jagd und Fischerei Glarus, kann die Sorgen von Kundert nicht verstehen, wie er zu Blick sagt: «Es stimmt, dass es durch die Entleerung eine Konzentration der Fische gibt. Ich erwarte deswegen aber keine Auswirkungen auf die Fortpflanzung.» Der Versuch der Axpo dauert noch bis Ende März. Bis im Sommer 2022 sollte der Klöntalersee wieder gefüllt sein.

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