«Am Abend hatte ich Angst, dass ich am Morgen nicht mehr aufwache»
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Fotograf lag 18 Tage im Spital:«Hatte Angst, dass ich am Morgen nicht mehr aufwache»

Fotograf Giancarlo Cattaneo (71) aus St. Moritz lag 18 Tage im Spital
«Am Abend hatte ich Angst, dass ich am Morgen nicht mehr aufwache»

Der Fotograf Giancarlo Cattaneo (71) durchlebte einen schweren Corona-Verlauf, kämpfte 18 Tage lang im Spital um sein Leben. Und noch heute leidet er unter den Spätfolgen.
Publiziert: 09.12.2020 um 18:18 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2020 um 13:32 Uhr
Johannes Hillig

Das Coronavirus erwischte ihn in der ersten Welle im März – und zwar so richtig. Erst kam der Husten, dann das Fieber. Am Ende landete Giancarlo Cattaneo (71) aus St. Moritz GR im Spital – 18 lange Tage. Inzwischen geht es dem Fotografen wieder besser. Ganz der Alte ist er noch nicht. Er leidet weiter unter Spätfolgen wie Kurzatmigkeit und Müdigkeit. Wie das Virus sein Leben auf den Kopf gestellt hat, erzählt Giancarlo Cattaneo im BLICK-Gespräch mit Kurt Aeschbacher (72).

Kurt Aeschbacher: Wie geht es Ihnen?
Giancarlo Cattaneo: Im Moment geht es mir recht gut. Aber noch nicht zu 100 Prozent. Ich würde eher 90 Prozent sagen, weil ich immer noch mit den Nachwehen der Corona-Infektion zu kämpfen habe.

Wie hat alles begonnen?
Am 4. März bin ich in der Nacht plötzlich mit Schmerzen im ganzen Körper aufgewacht. Ich hatte 39 Grad Fieber, bekam Husten ohne Schleim und habe mir gleich gedacht, dass da was nicht stimmt. Im Internet habe ich dann gelesen, dass meine Symptome mit Corona übereinstimmen und mich gleich testen lassen. Da kam raus, dass ich positiv bin. Ich war einer der Ersten im Engadin mit Corona.

Der Fotograf Giancarlo Cattaneo (71) aus St. Moritz bekam im März Corona.
Foto: Thomas Meier
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Sie leben allein. Wie haben Sie die Zeit mit Corona erlebt?
Es war ein Albtraum. Ich war allein, isoliert in meiner Wohnung. Und ich habe viele E-Mails und Whatsapp bekommen, was ich alles machen könnte, um das Virus zu besiegen. Zum Beispiel wurde mir empfohlen, Knoblauch oder Zwiebeln zu essen.

Sie sind Asthmatiker. War das mit ein Grund, wieso Sie ins Spital mussten?
Nein, nicht unbedingt. Aber ich gehöre natürlich zur Risikogruppe. Das Problem war, dass das Fieber nicht runterging. Ich habe immer wieder gemessen. Und nach einer Woche meinte mein Arzt schliesslich, dass ich ins Spital müsste.

Wie sah die Behandlung dort dann aus?
Ich kam in ein Einzelzimmer. Viel wurde nicht gemacht, ausser regelmässig Fieber gemessen – dazu wurde auch mein Sauerstoffgehalt in der Lunge kontrolliert. Der war bei mir teilweise unter 90. Daher musste ich Atemübungen machen, um den Wert zu verbessern. Ich bekam am Morgen Medikamente, weiss aber nicht genau, was das eigentlich war. Ich lag viel im Bett, war fix und fertig.

Hatten Sie Angst, dass es noch schlimmer werden könnte?
Ja, natürlich. Am Abend hatte ich Angst, dass ich am Morgen nicht mehr aufwache. Daher habe ich versucht, so lange wie möglich wach zu bleiben und nicht einzuschlafen. Immer Fernsehen geschaut, war am Handy. Irgendwann bin ich dann aber doch eingeschlafen.

Haben Sie über den Tod nachgedacht?
Die Momente gab es. Aber ich habe mir auch gedacht, dass ich noch viele Dinge erleben will. Und daher habe ich versucht, positiv zu denken. Das hat geholfen.

Wie war die Zeit, nachdem Sie aus dem Spital entlassen wurden?
Ich war für drei Wochen zu Hause in Quarantäne. Danach habe ich kleine Spaziergänge unternommen. Ich musste mehrere Pausen machen, weil mir die Luft ausging.

Haben Sie einen Verdacht, wo Sie sich angesteckt haben könnten?
Ich denke, dass ich mich an einer Sportveranstaltung Ende Februar angesteckt habe. Das ist nicht gesichert, aber ich denke schon, dass es dort war.

Glauben Sie, dass mit Impfung alles besser wird?
Ich denke, dass die Impfung sicher helfen wird, das Virus in den Griff zu kriegen. Was mich deswegen erstaunt, dass viele Leute gegen die Impfung sind und nicht wahrhaben wollen, dass Corona gefährlich ist. Das verstehe ich nicht.

Interviewer der Nation

Die wenigsten klagen laut, die meisten leiden leise. Durch die Pandemie wird unser Alltag täglich auf die Probe gestellt. Ein Jahr im Ausnahmezustand – besonders psychisch. Kontakte sind tabu, Gespräche oft Mangelware. Auf Blick TV sprach Kult-Talker Kurt Aeschbacher (72) im Rahmen der BLICK-«Mental Health»-Serie mit drei Corona-Betroffenen über ihre Ängste, Sorgen und Hoffnungen. Die TV-Legende weiss selbst am besten: Schweigen ist Silber, Reden ist Gold. Daher gilt nicht nur für ihn: «Wir sind uns alle nicht mehr gewohnt, mit Unsicherheiten umzugehen. Die Bedrohung, nicht zu wissen, was das Morgen bringt, belastet und macht vielen Menschen Angst. Umso wichtiger ist es, in dieser Zeit über seine Gefühle zu reden.» Für «Aeschbi» eine echte Herzensangelegenheit: «Die Gespräche mit den Leuten bestätigen mir immer wieder, dass jede Person ihre eigene Corona-Geschichte hat. Wenn wir über diese Geschichten sprechen, lernen wir voneinander.» Er ist sich sicher: «Gemeinsam finden wir einen Weg, wie wir durch diese unsichere Zeit kommen.»

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