«Ich fühle mich damit weniger attraktiv als zuvor»
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Haut nach Magenbypass schlaff:«Ich fühle mich damit weniger attraktiv als zuvor»

Krankenkasse zahlte Jennifer Meier (36) Magenbypass, aber keine Hautstraffung
«So auszusehen wie jetzt – das ist bitter»

Sie hat 35 Kilogramm verloren – trotzdem fühlt sich Jennifer Meier heute weniger attraktiv als zuvor. Denn sie hat überschüssige Haut. Die Krankenkasse hat ihr zwar den Magenbypass bezahlt, aber die Hautstraffung bleibt ihr eigenes Problem.
Publiziert: 07.01.2023 um 13:38 Uhr
Céline Trachsel
Céline TrachselReporterin

Die Haut hängt an den Oberarmen, an den Brüsten, am Bauch und an den Oberschenkeln. «Egal, was ich mache und wie viel Sport ich treibe, das bekommt man nie wieder weg. Nur mit einer Operation», sagt Jennifer Meier (36) aus Geuensee LU. Die berufstätige Mutter hat nach einer Magenbypass-Operation und dank ihrer Ernährungsumstellung sowie sechsmal wöchentlich Sport ganze 35 Kilogramm abgenommen.

«Die Krankenkasse hat die Magenbypass-OP bezahlt, weil ich zuvor alles versucht habe. Die gesundheitlichen Folgen von Übergewicht sind nicht zu unterschätzen – deshalb wurde der Magenbypass bezahlt», sagt Meier. «Aber die Hautstraffung will die Krankenkasse jetzt nicht übernehmen», sagt Meier enttäuscht. Dabei gehöre für sie beides zusammen. «Ich fühle mich alleingelassen, und all meine Mühen, für die ich auch selber bezahlt habe, werden nicht belohnt.»

«Muskeln im Brustbereich schmerzen»

Vor allem findet sie, dass die Krankenkassen – egal welche, denn solche Hautstraffungen werden fast immer abgelehnt – die psychischen Folgen ausser Acht lassen würden. «Das ist fatal. Ich bin erst 36 Jahre alt. So auszusehen wie jetzt – das ist schon bitter.»

Jennifer Meier aus Geuensee hat nach einem Magenbypass viel überschüssige Haut.
Foto: Nathalie Taiana
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Auch möchte Jennifer Meier auf die gesundheitlichen Folgen von überschüssiger Haut hinweisen. «Meine Muskulatur im Brustbereich schmerzt wegen der hängenden Brüste. Und an manchen Stellen hatte ich durch das Übergewicht Abszesse, die herausgeschnitten werden mussten. Mit der überschüssigen Haut besteht dieses Problem weiterhin, es könnte aber mit einer Hautstraffung behoben werden.»

«Vorher war ich wenigstens straff»

Sie habe sich mit dem Übergewicht sogar attraktiver gefühlt als heute. «Wenn ich in Unterwäsche oder im Bikini bin, hängt alles an mir herunter. Es wabbelt beim Putzen, und die Brüste schmerzen beim Bewegen. Ich fühle mich heute weniger wohl in meinem Körper als mit Übergewicht. Vorher war ich wenigstens straff.»

Eine Hautstraffung würde rund 35'000 Franken kosten. Von der Krankenkasse verlange sie ja nicht einmal die vollständige Übernahme der Kosten, sagt Meier. «Einen Teil würde ich ja gerne selber bezahlen. Aber so viel Geld für die gesamten Kosten habe ich schlicht und einfach nicht.»

Wenn es wenigstens Hilfe bei der Ärztesuche im Ausland gäbe

Und wenn die Krankenkasse schon nichts bezahle, wäre Unterstützung bei der Kliniksuche im Ausland hilfreich. «Es gibt Tausende Ärzte in der Türkei – aber was, wenn sie pfuschen? Danach müsste ich hier in der Schweiz zu Ärzten gehen und es korrigieren lassen, und das würde die Krankenkasse unter Umständen auch viel Geld kosten.»

Sie meint: «Unter gewissen Voraussetzungen, wenn die Person nach der Magenbypass-Operation auch ihren Anteil geleistet hat, müsste die Hautstraffung danach auch bezahlt werden.»

Klar, das sei Jammern auf hohem Niveau. Ihr Leiden habe für die Krankenkasse einfach zu wenig Krankheitswert, wie ihr schriftlich mitgeteilt wurde. «Doch ich fühle mich nicht mehr wohl in meiner Haut – und habe damit auch gesundheitliche Probleme. Es ist doch unlogisch, den Eingriff am Magen zu bezahlen, aber die Betroffenen mit den Folgen dann alleinzulassen.»

Bundesgericht hat Kriterien festgelegt

Die Assura nimmt gegenüber Blick Stellung zum Fall und beruft sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts. Dieses hat die Kriterien für die Deckung durch die Grundversicherung festgelegt. «Die Kostenübernahme einer Hautstraffung sieht diese Rechtsprechung – ausser in Ausnahmefällen – nicht vor», sagt Mediensprecherin Karin Devalte zu Blick.

«Damit dieser Eingriff von der Grundversicherung übernommen werden kann, muss nachgewiesen werden, dass die Situation ungesund ist oder solche Belastungen verursacht, dass von einer psychischen Erkrankung gesprochen werden kann. Oder dass die Person unverheilte Wunden hat, die nicht anders als durch einen solchen Eingriff behandelt werden.» Das sei im Fall von Jennifer Meier nicht ärztlich nachgewiesen.

Die psychischen Folgen von überschüssiger Haut würden selbstverständlich auch berücksichtigt, sagt Devalte. Aber das Dossier von Jennifer Meier lasse nicht auf eine solche schliessen. Die Kostenübernahme für eine solche medizinische Behandlung im Ausland sei nach dem gesetzlichen Rahmen für die Grundversicherung überdies nicht zulässig.

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