Lesen ist wieder im Trend
Ein Land von Buchwürmern

Trotz oder wegen Corona verkauften sich Bücher in den letzten Monaten besonders gut. Dieser Trend könnte sich fortsetzen, sagen Brancheninsider.
Publiziert: 19.11.2021 um 09:35 Uhr
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Aktualisiert: 20.11.2021 um 22:59 Uhr
Dana Liechti

Durch verwunschene Welten wandeln, entlegene Orte bereisen, fremden Menschen plötzlich ganz nahe sein: All das können wir, wenn wir zwischen zwei Buchdeckel eintauchen – und genau danach scheinen sich Menschen vermehrt zu sehnen, wie aktuelle Zahlen des Deutschschweizer Buchhandels zeigen. Bücher erleben gerade eine Renaissance.

Trotz Pandemie behauptete sich der Buchhandel 2020 gut, die Umsätze konnten laut Marktreport auf dem Vorjahresniveau gehalten werden. Mehr als 15 Millionen Bücher gingen letztes Jahr in der Deutschschweiz über die Ladentheke, die meisten davon Romane, gefolgt von Sachbüchern sowie Kinder- und Jugendbüchern.

Grosses Plus bei Kinder- und Jugendbüchern

Die grösste Umsatzsteigerung verzeichneten pandemiebedingt Ratgeber (8 Prozent) sowie Kinder- und Jugendbücher (plus sieben Prozent). Schon 2019 hatte sich eine Trendwende abgezeichnet. Damals konnte der Deutschschweizer Buchhandel – nach mehreren Jahren negativer Umsatzentwicklung – erstmals wieder ein Plus von 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr vermelden.

Lesen erlebt in der Deutschschweiz gerade eine Renaissance.
Foto: Shutterstock
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War die Entwicklung damals noch vor allem gestiegenen Buchpreisen zu verdanken, werden aktuell auch tatsächlich mehr Bücher verkauft, sagt Tanja Messerli, Geschäftsführerin des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbands (SBVV). Zwar gab es während des Lockdowns im Frühjahr 2020 grosse Einbussen, «aber die hatten die Buchhändlerinnen dank grossen Einsatzes bis im Sommer aufgeholt – was sicher ein Hinweis darauf ist, dass Bücher als besonders werthaltig gelten».

Bücher geben Halt

Auch, dass trotz Pandemie keine Buchhandlungen aufgeben mussten, bestätige den Trend. Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt Messerli: «Die Leute haben gerne etwas in der Hand. Und ein Buch ist sichtbar, konkret, man kann etwas hineinschreiben, es jemandem zeigen oder schenken.» In der Pandemie habe sowohl die Literatur als auch das Nachbarschaftliche vielen Menschen Halt gegeben. Davon konnten vor allem Quartierbuchhandlungen profitieren, in denen Kunden nicht nur in Büchern schmökern, sondern sich auch beraten lassen oder auf einen Schwatz vorbeikommen können.

Das Verlags- und Buchhandelsunternehmen Weltbild bestätigt den Markttrend: «2020 war bei uns ein sehr gutes Buchjahr und auch 2021 wächst das Buch trotz weniger und schwächerer Novitäten als im Vorjahr», sagt Geschäftsleiter Anatol Fussi. Anders als in Deutschland erlebe gerade das gedruckte Buch in der Schweiz deutliche Zuwächse. «Daraus kann man schliessen, dass unsere Kunden wieder zum Lesen und zum Buch gefunden haben. Erfreulich ist das deutlich gestiegene Interesse am Print-Buch über alle Zielgruppen hinweg.»

Nachfrage nach E-Books leicht höher

Beim Schweizer Unternehmen Ex Libris haben sich die Verkäufe bereits vor der Pandemie positiv entwickelt. «In der Corona-Zeit und auch im laufenden Jahr hat die Nachfrage nach Büchern aber nochmals deutlich zugenommen», sagt Sprecherin Marie-Christine Schindler. Die meisten würden dabei zwar noch immer in gedruckter Form gekauft, aber auch die Nachfrage nach E-Books sei gestiegen. Von dieser Entwicklung profitieren im Übrigen auch andere Anbieter. So verkauft Digitec Galaxus laut eigenen Angaben aktuell über hundert Prozent mehr E-Reader als vor zwei Jahren.Tanja Messerli zeigt sich «vorsichtig optimistisch», dass der Lesetrend weitergeht. Schliesslich, sagt die SBVV-Geschäftsführerin, seien Bücher gerade in schwierigen Zeiten ein Produkt, das immer «verhäbet».

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