«Die Lärmer wissen nicht, wie dumm sie tun!»
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Genervte Bürger in Oberhof AG:«Lärmer wissen nicht, wie dumm sie tun!»

Darüber spricht man in Oberhof AG – Gemeindeammann Roger Fricker (53) sagt
«Die Lärmer wissen nicht, wie dumm sie tun!»

Sie gehen in der Corona-Krise fast vergessen. Die Dörfer in der Schweiz, die mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen haben. Wie etwa Oberhof im Aargau. Dort nerven sich fast alle über den Töff- und Autoposer-Lärm der nahen Benkenstrasse.
Publiziert: 28.08.2020 um 23:05 Uhr
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Aktualisiert: 18.04.2021 um 17:06 Uhr
Ralph Donghi (Text und Fotos)

Wer zwischen Aarau und Frick AG über das Benkerjoch fährt, der streift die kleine Gemeinde Oberhof AG. Die Passstrasse führt an den wenigen Häusern vorbei, nur selten verirren sich Auswärtige in den Dorfkern hinein.

Hier, unter den 600 Einwohnern, ist nicht die Pandemie Thema Nummer 1. Gemeindeammann Roger Fricker (53) hat zurzeit andere Sorgen. Es sind die jungen Töfffahrer, die jungen Autoposer, die am Wochenende ihr Fahrzeug aus der Garage holen und über den Benkerjoch-Pass brausen und dröhnen. «Unsere grösste Sorge ist der Lärm von der Benkenstrasse», sagt der ehemalige SVP-Grossrat.

«Die wissen nicht, wie dumm sie tun»

Dieser habe in letzter Zeit zugenommen, da die Leute wieder raus dürfen. «Die Lärmer wissen nicht, wie dumm sie tun», so Fricker, der als Car- und Linienbus-Chauffeur arbeitet. «Sie fahren die Benkenstrasse rauf und runter. Kehren auf dem Adlerplatz. Und fahren wieder rauf und runter.» Er spricht den Ständerat an: «Hätte er das Rundstrecken-Verbot aufgehoben, müssten diese Leute nicht bei uns Lärm machen!»

Gemeindeammann Roger Fricker (53) im Gespräch mit BLICK.
Foto: Ralph Donghi
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Seit 1998 ist der vierfache Familienvater hier Gemeindeammann. Er bedauert, dass Oberhof «finanz- und strukturschwach» sei. Man habe keinen Dorfladen mehr. Auch keine eigene Poststelle. Zudem fehle die Industrie. Man habe zwar einen Landmaschinenhändler, eine Gipserei, einen Kleiderhersteller und Bauern. Aber nur wenig Kleingewerbe. Die jungen Leute ziehen weg, es gibt nicht genügend Wohnungen. Hinzu kommt, dass der Steuerfuss einer der höchsten im Aargau ist. Fricker: «Wir müssen kleine Brötchen backen.»

Oberhof AG hat aber den Charme einer typischen Aargauer Landgemeinde. Fricker schwärmt von der Dorfkapelle. Vom Schulhausanbau, der fast eine Million Franken gekostet habe. Vom Vereinsleben. Vom Gasthof Adler, der seit einer Woche geöffnet ist. «Dort kann man sich endlich wieder treffen.» Abends ab 23 Uhr herrsche wirklich Ruhe im Dorf. «Man hört den Bach rauschen, ist in der Natur. Wir haben zudem viele Wanderwege.»

Immer wieder Tote auf dem Benkerjoch

Aber eben, der Knackpunkt Benkerjoch. Immer wieder der Lärm, immer wieder Unfälle – manchmal gar mit Todesfolge. «Meistens sinds Töfffahrer», seufzt Fricker. Der Verkehrslärm stört die meisten. «Klar wird er individuell wahrgenommen», sagt er. «Aber man muss diesen Leuten klar sagen, dass wir das hier nicht wollen.»

Er ist mit seiner Meinung nicht allein. «Der Lärm ist eine massive Belastung für unsere Wohnqualität und schlägt auf die Psyche», nervt sich Erich Treier (71). Er habe schon mehrmals beim Kanton und der Polizei interveniert. Es seien auch Kontrollen gemacht worden. Aber: «Das bringt nicht viel. Man müsste das Gesetz ändern und solchen Leuten das Fahrzeug wegnehmen und verschrotten.»

Auch Marianne Herzog (61) stört der Lärm. «Es ist nicht lustig», sagt sie. «Diese Leute sollen diese Strasse nicht als Rennstrecke missbrauchen, sondern normal vorbeifahren.»

Frickers Appell: Rücksicht nehmen!

Töfffahrer Donat C.* (38) stoppt in Oberdorf und sagt: «Ich finde, es liegt in der Verantwortung der Verkehrsteilnehmer, dass man das Tempo anpasst. Vor allem in den Dörfern», sagt der Zürcher. Er beschleunige auch beim Übergang von Tempo 50 auf 80 nicht extra schnell. «Man kann das geschmeidig tun.» Es seien die schwarzen Schafe, die die ganze Szene in ein schlechtes Licht rücken würden. «Ich fahre Töff, um zu geniessen – und mit Rücksicht auf andere Leute.»

Auch der Gemeindeammann fährt Töff. «Ich fahre höchst selten zu schnell. Und wenn, dann nur so schnell, dass man eine Strafe noch bezahlen kann», sagt Roger Fricker grinsend. Sein Appell an Lärmer: «Nehmt Rücksicht und denkt daran, dass hier Leute wohnen.»

* Name bekannt

So alt wie der Aargau

Oberhof AG wurde – wie der Aargau – 1803 gegründet. Die Landgemeinde liegt im Süden der Region Fricktal, grenzt an den Kanton Solothurn und gehört zum Bezirk Laufenburg. Das Dorf liegt auf 472 Metern über Meer. Der Kindergarten und die Primarschule befinden sich im Dorf. Real- und Sekundarschüler müssen nach Gipf-Oberfrick in die Schule, Bezirksschüler nach Frick. Laut dem Gemeindeammann liegt die Einwohnerzahl bei rund 600 Personen. Der Steuerfuss gehört mit 125 Prozent zu den höchsten im Aargau.

Oberhof AG wurde – wie der Aargau – 1803 gegründet. Die Landgemeinde liegt im Süden der Region Fricktal, grenzt an den Kanton Solothurn und gehört zum Bezirk Laufenburg. Das Dorf liegt auf 472 Metern über Meer. Der Kindergarten und die Primarschule befinden sich im Dorf. Real- und Sekundarschüler müssen nach Gipf-Oberfrick in die Schule, Bezirksschüler nach Frick. Laut dem Gemeindeammann liegt die Einwohnerzahl bei rund 600 Personen. Der Steuerfuss gehört mit 125 Prozent zu den höchsten im Aargau.

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