«Müssen wir Polizei spielen?»
Maskenregeln im Altersheim sorgen für Verwirrung

Eigentlich müssten geimpfte Bewohnerinnen und Bewohner von Altersheimen keine Masken mehr tragen. Doch wie soll man mit den Personen umgehen, die sich nicht impfen lassen können oder wollen? Im Aargau schiebt man diese Entscheidung einfach auf die Heime ab.
Publiziert: 28.04.2021 um 15:50 Uhr

Geimpfte oder genesene Bewohnerinnern und Bewohner von Altersheimen müssen künftig keine Masken mehr tragen – das hat der Bundesrat entschieden. Doch dieser Entscheid stellt nun viele Altersheime vor ein Dilemma. Denn zum ersten Mal sollen Geimpfte und Ungeimpfte auf offizielle Anordnung hin nicht gleich behandelt werden.

Die Umsetzung sorgt in vielen Heimen für Kopfzerbrechen. Denn im gleichen Dokument, in welchem die neue Masken-Regelung festgehalten wird, heisst es auch: «Wenn immer möglich, sollen für alle Personen, ob geimpft oder nicht, die gleichen Lockerungsmassnahmen gelten.»

«Was soll das?», sagt André Rotzetter, Geschäftsführer von zwei Pflegeheimen im Fricktal AG und Präsident des Pflegeheimverbands, zur Aargauer Zeitung. Lieber hätte sich der Bund gar nicht geäussert als so widersprüchlich, sagt er. «Müssen wir Polizei spielen und Ungeimpfte markieren, damit das Personal Bescheid weiss?», fragt er sich.

Der Bundesrat hat entscheiden, dass geimpfte Bewohnerinnen und Bewohner von Altersheimen keine Masken mehr tragen müssen – doch viele Heime stehen nun vor einem Problem. (Symbolbild)
Foto: keystone-sda.ch
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«Abschiebung von Verantwortung»

Kurz nach diesem Entscheid hat sich auch der Kanton Aargau zu Wort gemeldet. Die Heime können selbst entscheiden, was sie tun, heisst es in einem Schreiben. Über diesen Entscheid freut sich Rotzetter. In seinen Pflegeheimen muss nun kein Bewohner mehr eine Maske tragen – sie entscheiden selbst darüber. «Unsere Bewohnerinnen sind mündige Menschen, die für sich selbst verantwortlich sind, oder haben gesetzliche Vertreter», sagt er.

Anders sieht das Michael Hunziker. Er ist Leiter des Alterszentrums Obere Mühle in Lenzburg AG. Auf den Entscheid des Kantons hat er mit einer Mail reagiert: «Uns wird eine Anweisung zugestellt. Darin wird in wesentlichen Punkten der Institutionsleitung die Entscheidung wiederum freigestellt. Sie entschuldigen, wenn ich das als Abschiebung von Verantwortung bezeichne», schreibt er.

«Die Pflicht, andere zu schützen»

Weil in seinen Heimen bereits fast alle Bewohner geimpft sind, muss Hunziker diese Entscheidung nicht mehr treffen. Aber: Wären nicht so viele geimpft, hätte er wohl anders entschieden, sagt er. «Ich bestreite, dass die Maskentragpflicht irgendwelche Menschenrechte verletzt. Denn es gibt auch das Recht, geschützt zu werden. Und die Pflicht, andere zu schützen.»

Weil im Kanton Aargau jedes Heim selber entscheiden kann, wie es die neue Lockerung umsetzt, ist dort ein regelrechter Flickenteppich entstanden. Anders macht es beispielsweise der Kanton Zürich. Dort müssen Lockerungen für alle Heimbewohner gelten – ob geimpft oder nicht. (bra)

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