So erlebten Anwohner den Grosseinsatz in Gerlafingen SO
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Polizei verhindert Schlacht:So erlebten Anwohner den Grosseinsatz in Gerlafingen SO

Hunderte Eritreer stürmten Gerlafingen SO mit Steinen und Stangen – Anwohner schockiert
«Es war wie in einem Film!»

Am Sonntag rückte die Polizei mit einem Grossaufgebot nach Gerlafingen SO aus. Der Grund: 180 Eritreer demonstrierten gegen ein Fest zu Ehren des eritreischen Diktators. Die Situation ist eskaliert.
Publiziert: 02.04.2024 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 02.04.2024 um 07:53 Uhr
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Gina KrücklReporterin

Auf der einen Seite Tränengas, Wasserwerfer und Gummischrot, auf der anderen Seite wehende Flaggen, vermummte Gesichter und erhobene Stöcke – die Gemeinde Gerlafingen SO mit knapp 6000 Einwohnerinnen und Einwohnern erinnerte am Ostersonntag an ein Krisengebiet. Der Grund dafür war ein Fest, bei dem rund 350 Anhänger den eritreischen Machthaber Isayas Afewerki (78) feierten. Daraufhin reisten aus der ganzen Schweiz rund 180 regimekritische Eritreer an, um die Veranstaltung zu stoppen. Die Polizei ging mit einem Grossaufgebot dazwischen.

Am Tag danach sind die Strassen wieder ruhig. Dennoch finden sich noch Spuren des gestrigen Dramas. Eine zerstörte Verkehrsinsel, ein herausgerissener Pfosten und eingedrückte Fenster-Storen: Laut Zeugen alles Schäden des Polizeieinsatzes. Zudem liegen auf der Strasse noch Dutzende Gummi-Geschosse.

«Es war wie in einem Film»

Anwohnern und Anwohnerinnen steckt der Krawall-Tag noch in den Knochen. So etwa bei Matthias (42). Er habe mit einzelnen Regime-Kritikern gesprochen: «Sie haben auf mich nicht gewirkt, als wollten sie unbedingt Gewalt anwenden. Eher, als machten sie sich bereit, sich zu verteidigen.»

Im Gerlafingerhof in Gerlafingen SO fand am Sonntag ein Eritrea-Fest statt, bei dem rund 350 regime-treue Eritreer den Diktator Isayas Afewerki feierten.
Foto: Gina Krückl
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Oder bei David (21) und Pino (21). Die beiden hätten «gechillt», als sie plötzlich vom Fenster aus eine grosse Menschenansammlung gesehen haben. «Wir sind dann raus, um zu sehen, was los ist. Da war mega viel Polizei und Leute haben Sachen herumgeworfen. Es war wie in einem Film!»

«Ich finde, die Polizei war sehr anständig»

Auch Memishi (51) hat das Ganze zunächst von seiner Wohnung aus beobachtet: «Ich hatte schon ein bisschen Angst.» Dennoch ging er nach draussen und erfuhr, worum es bei dem Einsatz ging. «Ich verstehe, warum die Demonstranten hier waren. Aber sie hätten sich nicht mit Stöcken bewaffnen und so aggressiv vorgehen müssen.» Deswegen verstehe er auch die Reaktion der Polizei. «Ich finde, die Polizei war sehr anständig.»

Polizei setzt Wasserwerfer gegen eritreische Gruppen ein
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Bei Fest in Gerlafingen SO:Polizei setzt Wasserwerfer gegen eritreische Gruppen ein

Das sehen aber nicht alle Anwohnenden so. So erzählt etwa Anna*, wie sie plötzlich in die Schusslinie geriet: «Ich stand auf meinem Balkon, als einer der Demonstranten ins Feld davor gerannt ist. Ein Polizist hat mit Gummischrot auf ihn gezielt – und ich stand direkt dahinter.» Geschossen habe der Polizist aber erst, als der Demonstrant an ihrem Balkon vorüber war. «Ich bin trotzdem schnell wieder in die Wohnung rein.»

«Wie kann unsere Gemeinde das erlauben?»

Auch gemäss Georg* ging die Polizei «zu aggressiv» vor. «Sie haben mir stundenlang verweigert, in meine Wohnung hinter den Barrikaden zu gehen und haben mir sogar mit Verhaftung gedroht, falls ich weiterfrage.» Andere Anwohnende seien vor dem Durchlass gefilzt worden. Besonders regt Georg aber auf, dass es überhaupt erst zum Einsatz gekommen ist. «Wie kann unsere Gemeinde erlauben, dass hier ein terror-verherrlichendes Fest gefeiert wird? Und das auch noch am Ostersonntag.»

Wie Philipp Heri, Gemeindepräsident von Gerlafingen, auf Blick-Anfrage schreibt, wurde dem Veranstaltungsort Gerlafingerhof keine spezifische Bewilligung für das Fest ausgestellt. Eine solche sei aufgrund einer kantonalen Gastro-Bewilligung nicht nötig, solange man sich an die Vorgaben wie etwa die Begrenzung der Personenzahl hält. «Die Gemeinde wusste nichts von dieser Zusammenkunft.» Davon ist Anwohner Georg nicht überzeugt: «Die Polizei war schon Stunden vor den ersten Demonstranten hier. Sie müssen davon gewusst haben.»

* Namen geändert

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