Neugeborenes in Luzern entführt
«Eine Geburtsstation ist kein Hochsicherheitstrakt»

Ein Neugeborenes wurde am Montag aus dem Luzerner Spital entführt. Eine Frau hatte sich als Pflegekraft ausgegeben und das Baby mitgenommen. Kein Einzelfall. Um genau so etwas zu verhindern, gelten in Schweizer Spitälern strenge Vorschriften. Eine Übersicht.
Publiziert: 13.12.2022 um 19:49 Uhr
Aus der Frauenklinik im Kantonsspital Luzern wurde ein Neugeborenes entführt.
Foto: Ralph Donghi
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Johannes HilligRedaktor News

Sie wähnten ihr Neugeborenes in sicheren Händen, doch stattdessen wurde das drei Tage alte Baby aus dem Kantonsspital Luzern entführt. Eine fremde Frau hatte am Montag ein Zimmer der Frauenklinik betreten und sich den Eltern als Pflegefachkraft vorgestellt. Sie konnte zunächst mit dem Kind verschwinden, kurz darauf wurde sie in ihrem Zuhause in der Zentralschweiz festgenommen. Das Motiv: offenbar ein unerfüllter Kinderwunsch.

Das Kantonsspital Luzern erklärte nach dem furchtbaren Vorfall, dass der Eingang zur Frauenklinik nun von Sicherheitskräften bewacht werde. Zudem würden die bisherigen Schutzmassnahmen überprüft. Denn eigentlich sollte es nicht so einfach sein, ein Baby von der Neugeborenen-Station zu entführen. Dafür gibt es in den Spitälern bestimmte Vorkehrungen.

«Der Zutritt zu gewissen Bereichen und Räumen ist nur mit Badge möglich», sagt Philipp Lutz vom Kantonsspital St. Gallen zu Blick. Wenn immer möglich, bleiben die Neugeborenen Tag und Nacht neben ihren Müttern im Zimmer. Und es gebe auch einen spitalinternen Sicherheitsdienst. Er betont aber auch, dass die Zimmer der Wöchnerinnen auf den Wochenbettstationen grundsätzlich offen seien, um Besuche zu ermöglichen. Lutz: «Eine Geburtsstation ist kein Hochsicherheitstrakt.»

Sicherheitskonzept wird laufend optimiert

Auch im Universitätsspital Zürich (USZ) gibt es ein Badge-System. Dazu kommt, dass die Neugeborenen nie unbeaufsichtigt sind. Entweder sind sie in der Obhut der Eltern oder der Mitarbeitenden, erklärt USZ-Sprecherin Manuela Britschgi. «Mitarbeitende des USZ sind durch das sichtbare Tragen des USZ-Badges jederzeit als solche erkenntlich. Auch die mit dem USZ-Logo gekennzeichneten Dienstkleider können nur mit dem persönlichen Badge bezogen werden.» Daneben würde der Sicherheitsdienst regelmässig patrouillieren.

Was das Sicherheitskonzept am Unispital Basel betrifft, möchte Mediensprecherin Caroline Johnson nicht viel verraten. Nur so viel: «Es besteht seit vielen Jahren und wird laufend optimiert.» Einen solchen Vorfall wie in Luzern habe es noch keinen gegeben.

Sohn nach 16 Jahren gefunden – dank Computerbild

Dass Babys aus dem Spital gestohlen werden, ist kein Einzelfall. Erst im Februar dieses Jahres sorgte das Schicksal von Yasir Macias und Rosalia Lopez aus Mexiko weltweit für Schlagzeilen. Nur dank Bild-Software konnten sie ihren entführten Sohn Salvador wiederfinden. Eine als Krankenschwester verkleidete Frau hatte im Dezember 2005 ihren Sohn gestohlen. Sie hatte behauptet, das Neugeborene füttern zu müssen. Daraufhin war der Kleine spurlos verschwunden.

Ermittler gaben die Hoffnung nicht auf und erstellten mittels modernster Technik ein Bild des Buben, wie er mittlerweile aussehen könnte. Damit gelang es den Behörden, den Jungen wiederzufinden. Und so konnten die Eltern ihren Sohn nach 16 Jahren wieder in die Arme schliessen.

Ebenfalls für internationales Aufsehen sorgte der Fall von Gloria W.* (56) aus den USA. Sie hatte sich 1999 als Krankenschwester verkleidet und ein Mädchen kurz nach der Geburt entführt. Erst 18 Jahre später kamen die Behörden hinter das schreckliche Geheimnis. Dafür wurde sie zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt.

Zwillinge aus dem Kreisssaal gestohlen

Im selben Jahr der Verurteilung von W. wurde einer Frau in Südafrika der Prozess gemacht. Nach mehreren Fehlgeburten hatte sie sich nichts mehr gewünscht, als ein Kind in den Armen zu halten. Und so ging sie in der Nacht in ein Spital und nahm ein kleines Mädchen einfach mit.

2015 wurden zwei Babys in China direkt nach der Geburt entführt – und zwar von einer Frauenärztin. Sie hatte die Zwillingsmädchen aus dem Kreisssaal mitgenommen und behauptet, dass sie unter einer speziellen Krankheit leiden würden. Kurze Zeit später konnte die Medizinerin geschnappt und die Kinder zurückgebracht werden.

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