«Was hier drinnen abgeht, ist einfach nicht normal»
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Anwohner zum Diebeshaus:«Was hier drinnen abgeht, ist einfach nicht normal»

Kriminelle Nordafrikaner nutzen Haus in Kreuzlingen TG als Zentrale
«Die Polizei pflückt hier Diebe wie Äpfel vom Baum»

Diebstähle von Tätern aus Nordafrika sind schweizweit auf einem Rekordhoch. Die Diebe spezialisieren sich auf Autodiebstähle und Hauseinbrüche. In Kreuzlingen TG benutzen die Kriminellen ein leerstehendes Haus als Schaltzentrale. Bewirtschafter Gasparo D.* ist wütend.
Publiziert: 28.02.2024 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 28.02.2024 um 06:49 Uhr
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Sandro ZulianReporter News

In Kreuzlingen TG, keine 500 Meter von der deutschen Grenze entfernt, dient ein leerstehendes Haus für Kriminelle aus Nordafrika als eine Art Schaltzentrale. Direkt an der Hauptstrasse gelegen, rottet die Liegenschaft mit Garten seit einiger Zeit vor sich hin. 

«Ich nenne es das Haus des Teufels», sagt Gasparo D.*. Er schaut beim Haus zum Rechten. «Nachdem der ehemalige Besitzer vor anderthalb Jahren gestorben ist, steht das Haus leer», sagt D. gegenüber Blick. Die Eindringlinge fänden immer wieder neue Wege, ins Haus zu kommen.

Der pensionierte Autoverkäufer hatte von den Besitzern den Auftrag, die Werkstatt des Hauses zu räumen. «Da fiel es mir das erste Mal auf: Licht im obersten Stock.» Am nächsten Tag alarmierte er die Kantonspolizei – prompt nahm diese zwei Personen aus dem Maghreb fest. 

Seit knapp anderthalb Jahren steht dieses Haus in Kreuzlingen TG leer.
Foto: Sandro Zulian
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«Es ist wie eine Mausefalle»

Gasparo D. ist ein humorvoller Geselle. Doch fällt die Sprache auf die Diebe, verliert er den Humor. «Sie missbrauchen unser Gastrecht und haben hier nichts verloren!», sagt er verärgert. 

«Die können hier drin ihr Diebesgut horten und sogar übernachten.» Doch seitdem er die Zweckentfremdung gemeldet hatte, tat sich einiges. Vier Mal waren Polizei und Grenzsicherheit beim Haus, inklusive Hund. «Es ist wie eine Mausefalle», sagt Gasparo D. «Die Polizei pflückt hier Diebe wie Äpfel vom Baum.»

Nach dem ersten Zugriff machte Gasparo D. direkt einen Fund. «Ich wollte beim Haus zum Rechten schauen – prompt fand ich einen geklauten Laptop im Gestrüpp. Der wurde dem rechtmässigen Besitzer dann zurückgegeben.» 

Aber auch der Haussitter selber blieb nicht untätig: «Ich habe auf Arabisch ‹Herzlich Willkommen. Die Polizei wartet schon auf euch› hingeschrieben!» Bei einem anderen Eingang prangt ein Bild eines Rottweilers. Der Schriftzug darüber auf Englisch: «Ich bin hungrig.» Die Vierbeiner hätten eine abschreckende Wirkung, ist sich D. sicher.

«Loge und Deliktgut-Lager»

Andy Theler, Sprecher der Kantonspolizei Thurgau schreibt auf Anfrage von Blick: «Aufgrund von Hinweisen, das Haus werde von unbefugten Personen als Loge und Deliktgut-Lager missbraucht, hat dort die Kantonspolizei Thurgau im Januar und Februar Kontrollen durchgeführt.»

Dabei seien bei vier Kontrollen im Januar und Februar insgesamt vier junge Männer aus Marokko und Algerien festgenommen worden. Sie stehen im Verdacht, mehrere Delikte begangen zu haben. Die Polizeiaktionen müssen sich dann herumgesprochen haben, denn: «Bei den beiden letzten solchen Kontrollen wurden keine Personen mehr angetroffen.»

Die Aktionen erfolgten in Zusammenarbeit mit der Grenzsicherheit, dem Bundesasylzentrum, dem Staatssekretariat für Migration und dem kantonalen Migrationsamt. 

Zahlen schweizweit auf dem Vormarsch

Dass die Behörden ein Auge auf Diebe aus Nordafrika haben, überrascht nicht. Denn die Zahlen explodieren: Kriminelle aus den nordafrikanischen Staaten Marokko, Tunesien und Algerien (Maghreb-Region) überziehen die Schweiz mit einer regelrechten Welle an Diebstählen. Praktisch täglich gehen bei der Polizei entsprechende Meldungen ein.

Im Kanton Aargau stieg die Zahl der Delikte von Menschen aus den Maghreb-Staaten in den ersten sechs Wochen des Jahres um 75 Prozent. In vielen Fällen kommen die Täter aus Nordafrika, oft aus Marokko, Algerien und Tunesien. Die Strafverfolgungsbehörden stossen an ihre Grenzen. 

Maghreb-Diebe auch im Thurgau auf dem Vormarsch

«Tatsächlich hat die Kantonspolizei Thurgau im ersten Halbjahr 2023 im ganzen Kanton eine starke Zunahme von Fahrzeugeinbruchdiebstählen sowie von Diebstählen aus Fahrzeugen festgestellt», so Theler weiter. Insbesondere Fahrzeugeinbruchdiebstähle stiegen 2023 um 72 Prozent an. «Knapp über 90 Prozent der ermittelten Täter sind Personen aus Nordafrika mit einem Asylstatus.» Um der Sache Herr zu werden, schickt die Kantonspolizei vermehrt Patrouillen raus, führt mehr Kontrollen durch und macht die Bevölkerung auf die Gefahr aufmerksam. 

Eine eingesetzte Arbeitsgruppe mit Sozial- und Migrationsamt und Staatsanwaltschaft, die ab Spätsommer 2023 im Einsatz ist, habe die Zahl der Delikte bereits deutlich herunterholen können.

* Name geändert 

Das macht Ausschaffungen so schwierig

Manche Ausländer müssten gehen – und bleiben trotzdem. Denn Ausschaffungen gegen den Willen der Betroffenen durchzusetzen, ist schwierig und manchmal gar unmöglich. Das hat mit einem ganzen Strauss von möglichen Problemen zu tun. Manchmal taucht ein Ausschaffungskandidat ab oder verlässt die Schweiz irregulär in ein anderes Land. Nicht immer ist klar, welche Nationalität ein Ausländer überhaupt hat – weil er seine Dokumente verloren oder verschwinden lassen hat. So bleibt unklar, wohin man überhaupt ausschaffen soll. In manche Zielländer kann nicht ausgeschafft werden, weil es schlicht zu gefährlich ist.

Ebenfalls immer wieder ein Problem: Nicht alle Zielländer nehmen ihre Bürger zurück bzw. stellen Reisepapiere für Zwangsrückführungen aus. Mit Eritrea hat die Schweiz zum Beispiel kein Rücknahmeabkommen schliessen können. Das Land stellt nur Papiere für eine freiwillige Rückkehr aus. Andere Länder weigern sich, Ausschaffungsflüge landen zu lassen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat eine Liste erstellt, mit welchen Staaten Abkommen bestehen: Mit Algerien besteht seit 2006 ein Abkommen – andere nordafrikanische Staaten wie Marokko oder Tunesien finden sich nicht auf der Liste.

Trotz allen Problemen: 2023 haben mehr abgewiesene Asylsuchende das Land verlassen als im Vorjahr. Erstmals waren auch spezielle Ausschaffungsflüge nach Algerien möglich.

Gemäss SEM haben im vergangenen Jahr 5742 weggewiesene Personen die Schweiz freiwillig oder zwangsweise verlassen. 2023 Personen reisten freiwillig aus, 3719 Personen wurden zurückgeführt. Darüber hinaus kehrten auch 10'978 Personen mit Schutzstatus S freiwillig in die Ukraine zurück.

Manche Ausländer müssten gehen – und bleiben trotzdem. Denn Ausschaffungen gegen den Willen der Betroffenen durchzusetzen, ist schwierig und manchmal gar unmöglich. Das hat mit einem ganzen Strauss von möglichen Problemen zu tun. Manchmal taucht ein Ausschaffungskandidat ab oder verlässt die Schweiz irregulär in ein anderes Land. Nicht immer ist klar, welche Nationalität ein Ausländer überhaupt hat – weil er seine Dokumente verloren oder verschwinden lassen hat. So bleibt unklar, wohin man überhaupt ausschaffen soll. In manche Zielländer kann nicht ausgeschafft werden, weil es schlicht zu gefährlich ist.

Ebenfalls immer wieder ein Problem: Nicht alle Zielländer nehmen ihre Bürger zurück bzw. stellen Reisepapiere für Zwangsrückführungen aus. Mit Eritrea hat die Schweiz zum Beispiel kein Rücknahmeabkommen schliessen können. Das Land stellt nur Papiere für eine freiwillige Rückkehr aus. Andere Länder weigern sich, Ausschaffungsflüge landen zu lassen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat eine Liste erstellt, mit welchen Staaten Abkommen bestehen: Mit Algerien besteht seit 2006 ein Abkommen – andere nordafrikanische Staaten wie Marokko oder Tunesien finden sich nicht auf der Liste.

Trotz allen Problemen: 2023 haben mehr abgewiesene Asylsuchende das Land verlassen als im Vorjahr. Erstmals waren auch spezielle Ausschaffungsflüge nach Algerien möglich.

Gemäss SEM haben im vergangenen Jahr 5742 weggewiesene Personen die Schweiz freiwillig oder zwangsweise verlassen. 2023 Personen reisten freiwillig aus, 3719 Personen wurden zurückgeführt. Darüber hinaus kehrten auch 10'978 Personen mit Schutzstatus S freiwillig in die Ukraine zurück.

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