Schweizer Arbeitgeber warnen
Zu viele in Isolation und Quarantäne

In Grossbritannien nehmen die Ausfälle bei Dienstleistungen aufgrund der Isolations- und Quarantänebestimmungen stark zu. Auch in der Schweiz warnen Arbeitgeberverbände vor dem Schlimmsten.
Publiziert: 05.01.2022 um 11:10 Uhr
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Aktualisiert: 05.01.2022 um 18:34 Uhr
Chiara Schlenz und Johannes Hillig

Züge und Busse fallen aus, Kinder können wegen fehlender Lehrpersonen nicht in den Unterricht, und der Kehricht türmt sich am Strassenrand, weil den Müllabfuhren das Personal fehlt: Die britische Wirtschaft leidet unter Corona. Zu viele müssen zu Hause bleiben.

Über eine Million Briten mussten sich in den vergangenen sieben Tagen aufgrund einer Corona-Infektion in Isolation begeben, wie die «Daily Mail» berichtet. Schuld daran ist laut der britischen Gesundheitsbehörde NHS die hochansteckende Corona-Variante Omikron. Bis zu 25 Prozent der Dienstleister im öffentlichen Sektor könnten in Grossbritannien künftig wegen einer Isolation ausfallen.

Laut der NHS liege das Problem in dieser Welle der Pandemie nicht unbedingt bei der Menge an Patienten in den Spitälern, sondern bei den «zunehmenden Personalausfällen». In den britischen Spitälern fällt beispielsweise jeder zehnte Mitarbeiter isolationsbedingt aus.

In Grossbritannien befinden sich zurzeit eine Million Menschen in Isolation.
Foto: Keystone
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Arbeitnehmende, die nach den Feiertagen in die Büros zurückkehren, wurden auch vor spontanen Zugausfällen gewarnt, die man auf das Coronavirus zurückführen könne, so die britische Zeitung. Geschäfte warnten sogar, dass sie ihre Öffnungs- und Arbeitszeiten anpassen müssten, weil sich so viele Mitarbeitenden in Quarantäne oder Isolation befinden würden.

70'228 befinden sich in der Schweiz in Isolation

Drohen solche Ausfälle auch in der Schweiz? Auch hierzulande spitzt sich die Lage langsam, aber sicher zu. Wenn die Kontakthäufigkeit gleich bleibt, steigen die Zahlen weiter und weiter. «Momentan steigen die Fallzahlen um rund 45 Prozent pro Woche. Eine weitere Zunahme der Fälle würde zu vielen Krankheitsfällen und damit auch Arbeitsausfällen in kritischen Bereichen wie dem Gesundheitssystem führen und Testkapazitäten überlasten», schreibt die Corona-Taskforce des Bundes in ihrer aktuellen Beurteilung.

Zurzeit befinden sich in der Schweiz 70'302 in Isolation und 31'281 in Quarantäne. Und Besserung scheint noch nicht in Sicht. Das zeigt folgendes theoretisches Beispiel: Zurzeit vermeldet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen 7-Tage-Schnitt von 15'169 Corona-Fällen (Stand: 29. Dezember 2021).

Wenn man nun annimmt, dass alle 70'228 Personen, die sich zurzeit in Isolation befinden, heute entlassen werden würden und wir gleichzeitig jeden Tag 15'169 Neuinfektionen verzeichnen, dann würden in zehn Tagen also 151'690 Schweizerinnen und Schweizer in Isolation sitzen. Bereits eine immense Zahl. Und das nur bei einer konstanten Infektionszahl.

Würde die Zahl der Neuinfektionen nun steigen – und zwar um 1000 pro Tag –, sähe es schon wieder anders aus. Dann befänden sich nach zehn Tagen 196'690 Personen in Isolation. Das entspricht etwa der Stadt Genf mit knapp 199'000 Einwohnern. Von Personen in Quarantäne ganz zu schweigen.


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Verbände fordern Anpassung der Quarantäne-Regeln

Für Arbeitgeber eine prekäre Situation. «Bereits heute haben viele Unternehmen Mühe, die Personalplanung vorzunehmen, weil immer wieder Personen am Arbeitsplatz fehlen», sagt Roger Wehrli vom Dachverband der Schweizer Wirtschaft, Economiesuisse, zu Blick. Besonders für Unternehmen, die hochspezialisierte Angestellte haben, sei dies ein Problem. «Wenn diese ausfallen, kann dies zu einem Totalausfall des gesamten Produktionsprozesses führen.» Und genau deswegen sollten wenigstens die Regelungen für die Quarantäne gelockert werden, um die Wirtschaft zu entlasten.

Wehrli fordert: «Wir sollten die Quarantänepflicht zumindest für asymptomatische Personen wie in den USA auf fünf Tage reduzieren. Wir denken, dass damit das Gleichgewicht zwischen Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens und der Belastung der Intensivstationen gewahrt werden kann.»

Auch der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) blickt sorgenvoll in die Zukunft. «Die Omikron-Welle hat ihren Höhepunkt noch gar nicht erreicht. Um grössere Arbeitsausfälle in der Wirtschaft zu vermeiden, ist für den Schweizerischen Arbeitgeberverband deshalb eine Anpassung der geltenden Regelungen angezeigt», erklärt Fredy Greuter, Mitglied der Verbandsgeschäftsleitung.

Es könne bei einer zu langen Quarantänedauer zu Personalknappheit und zu verschiedenen Ausfällen kommen. «Der SAV erwartet, dass die Quarantänefrist entweder verkürzt wird oder dass Ausnahmeregeln für gewisse Berufe und Branchen ausserhalb des Gesundheitswesens erlassen werden.»

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