Löwen leben im Mini-Gehege
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Zoo wird heftig kritisiert:Löwen leben im Mini-Gehege

Quäl-Vorwürfe und Sorge um Tiere – Blick war vor Ort
Der traurigste Zoo der Schweiz!

Der Zoo al Maglio wird unter anderem wegen der kleinen Löwenanlage als «Horror-Zoo» betitelt. Die Zoo-Direktorin wehrt sich gegen die Vorwürfe. Laut einem Wildtier-Experten ist das Gehege deutlich grösser als das Schweizer Mindestmass – doch das sei zu tief angesetzt.
Publiziert: 06.04.2024 um 00:50 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2024 um 09:22 Uhr

«Der schlimmste Schweizer Zoo, in dem ich je war.» So beschreibt ein Schweizer Tiktoker seinen Besuch des Zoos al Maglio in Magliaso TI am Luganersee. Das Video zeigt Tiere, die in ihren Gehegen auf- und ablaufen, und mit Pfoten durch Gitterstäbe hindurch um Futter betteln. Dann fragt der Tiktoker: «Wie ist so was hier zugelassen?» 200'000 Personen haben sich das Video bereits angeschaut und Hunderte entsetzte Kommentare hinterlassen.

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Blick macht sich ein Bild vor Ort. Am Eingang kann man einen Sack Popcorn mit Fruchtstücken kaufen, um damit Tiere zu füttern. Die Gitterkäfige wirken in die Jahre gekommen und sind sehr unterschiedlich gross. Während Geissen und Affen auf den ersten Blick viel Platz zu haben scheinen, wirken die Löwen eingepfercht. In den zwei Käfigen, die lieblos wirken, trotten vier Grosskatzen hin und her.

Im Zoo al Maglio TI sitzen die meisten Tiere hinter Gitter.
Foto: Kempf Matthias (kpm)
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Zoo-Direktorin wehrt sich gegen Vorwürfe

Zoo-Direktorin Sabine Fehr verteidigt sich auf Blick-Anfrage gegen die Vorwürfe aus dem Tiktok-Video. Sie sagt: «Würde man sich direkt beim Personal erkundigen, würden solche Vermutungen gar nicht erst entstehen.» So seien die meisten der Zoo-Bewohner Abgabetiere – das können beispielsweise Findeltiere oder ehemalige Zirkustiere sein.

Und: «Wir suchen seit fünf Jahren einen Platz für zwei der vier Löwen.» In Aussicht gestellte Plätze seien wieder abgesagt worden. «Einmal zog man es vor, Löwen aus Südafrika zu importieren. Ein anderes Mal bevorzugte man asiatische Löwen aus dem Artenschutzprogramm.» Zuletzt hätte eine «vermeintlich seriöse und grosszügig subventionierte Auffangstation» empfohlen, die beiden Löwen einzuschläfern. «Es liegt also nicht an uns.»

Die Aufnahmen vom Zoo al Maglio hat Blick Samuel Furrer, dem Geschäftsführer Fachbereich des Schweizer Tierschutzes STS, gezeigt. Der Zoologe und Wildtier-Experte war zum letzten Mal vor vier Jahren im Tessiner Zoo. In seinem Bericht dazu erhielt der Zoo al Maglio nur einen von fünf möglichen Punkten. Trotzdem beschrieb Furrer die Tierhaltung als «akzeptabel bis gut». Er lobte die Gehege der Uhus, Wallabys und Zwergziegen, bemängelte unter anderem aber die Löwenanlage.

Dreizimmerwohnung für zwei Löwen

Dennoch warnt Furrer davor, aus dem Tiktok-Video voreilige Schlüsse zu ziehen. Der STS erhalte immer wieder Meldungen aus dem Tessin – zumeist wegen veralteter und zu kleiner Gehege. «Viele Menschen sind schockiert, weil die Anlagen nicht unserer heutigen Vorstellung eines Zoos entsprechen. Aber tatsächlich sind die gesetzlichen Vorgaben minimal.» Für zwei Löwen genügt etwa eine Aussenfläche von 80 Quadratmeter – eine durchschnittliche Dreizimmerwohnung.

Die Grösse der Löwenanlage im Zoo al Maglio ist laut Furrer, wie auch in vielen anderen Schweizer Zoos, über dem gesetzlichen Mindestmass. Das sei auch gut so, denn: «Das Gesetz ist die Grenze zur Tierquälerei.» Deswegen fordert der STS eine Erhöhung des Mindestmasses. «Die Politik geht in diese Richtung, aber nur langsam. Die Erwartungen der Besuchenden ändern sich schneller. Darum gibt es immer mehr kritische Stimmen.»

Doch die Grösse des Geheges sei nur ein Teil des Ganzen, sagt Furrer. «Es geht auch darum, dass die Tiere genug Beschäftigung erhalten. Da hat es beim Zoo al Maglio sicher Luft nach oben.» Und ein weiterer Punkt ist dem Wildtier-Experten schon lang ein Dorn im Auge: die Fütterung durch Besuchende.

«Abnormales Verhalten» wegen Besucher-Futter

Zum einen seien Snacks wie Popcorn «ungesunde Magenfüller», so Furrer. «Dadurch entsteht das Risiko, dass die ‹vollgesnackten› Tiere nicht genug vom eigentlichen, nahrhaften Futter fressen.» Und selbst wenn es sich nur um gesunde Snacks handeln würde: Durch die Fütterung durch Besuchende wird den Tieren laut Furrer «ein abnormales Verhalten» antrainiert: «Sie kommen an die Gitter, betteln und konkurrieren miteinander. Das verursacht unnötigen Stress.»

Zoo-Direktorin Fehr wehrt sich auch hier: «Jeder Zoo hat seine eigenen Schwerpunkte, bei uns ist es die Nähe und der Kontakt zu den Tieren.» Beim Füttern könne man Gruppendynamik, Rangordnung und Sozialverhalten beobachten. Wegen einer möglichen Über- oder Unterfütterung sorgt sich Fehr nicht: «Alle Tiere erhalten ausgewogene Futterrationen. Die am Eingang erhältlichen Futtertüten sind ein Zusatz.»

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