Genfer Wasserschmecker
Jeden Monat eine Hahnenwasser-Degustation

Die Wassertester der Industriellen Betriebe Genfs (SIG) suchen in Trinkwasserproben nach geschmacklichen Mängeln. Manche Tester können gar die Region herausschmecken, als welcher das Hahnenwasser stammt.
Publiziert: 26.12.2023 um 14:07 Uhr
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Aktualisiert: 27.12.2023 um 11:52 Uhr

Statt Wein wird in Genf einmal pro Monat gewöhnliches Hahnenwasser degustiert: Die Wasserschmecker der Industriellen Betriebe Genfs (SIG) suchen nach Mängeln wie zu viel Chlor im Trinkwasser.

Rund dreissig SIG-Mitarbeitende aus verschiedenen Berufen nehmen an diesen monatlichen «Sitzungen» teil, um mögliche Aromen und schlechte Geschmäcker zu entdecken. «Nur der menschliche Gaumen ist dazu in der Lage», erklärte Barbara Babel, die für die Ausbildung der Wassertester verantwortlich ist. Die Tests sollen die Analysen der chemischen und bakteriologischen Qualität des Wassers ergänzen.

23 Grad

Eine Reporterin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA hat zusammen mit 15 Wasserverkostern an einem Testtag teilgenommen. Dafür standen zehn Becher Genfer Wasser zur Degustation bereit, die am Vortag an verschiedenen Orten in Genf entnommen worden waren. «Sie werden dann alle im Wasserbad auf 23 Grad erwärmt. Bei dieser Temperatur kann man die Geschmäcker besser wahrnehmen», sagte Babel.

Die Wasserverkoster der Industriellen Betriebe Genfs testen ein Dutzend Proben des lokalen Pumpwerks.
Foto: SALVATORE DI NOLFI
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Die Verkostungen finden blind statt. Anhand von Bewertungsbögen werden von den Testenden mögliche Geschmacksrichtungen des Wassers (sauer, süss, salzig, bitter) eingeschätzt oder mögliche Mängel (muffiger Geschmack, Chlor, Erde, Parfüm, Fisch, Arzneimittel, Kohlenwasserstoff, Metall und anderes) aufgedeckt.

Keine Mandarinli!

Die Teilnehmenden spülen den Mund zwischen den einzelnen Kostproben mit handelsüblichem Wasser, und wie beim Wein gibt es Schüsseln, um die Flüssigkeit auszuspucken. «Und achten Sie darauf, was Sie vor dem Test essen oder trinken: Manche Geschmäcker wie Kaffee, Zigaretten oder der Geruch von Mandarinen an den Händen können leicht in die Irre führen», sagte Babel.

Die Tester degustieren auch Proben aufgrund von Reklamationen von Konsumenten durch. «Die SIG erhalten pro Jahr etwa 50 solcher Reklamationen. Unsere Betriebsteams können dann bestimmte Einstellungen ändern, zum Beispiel bei zu viel Chlor», sagte Hervé Guinand, Direktor Qualität-Umwelt-Gesundheit-Sicherheit bei den SIG.

Da die Wasserqualität oft in Ordnung ist, wird für die Weiterbildung der Tester auch gezielt verändertes Wasser angeboten. Zum Beispiel werden dem Wasser Chlor, Metall, Kohlenwasserstoff oder Bitterstoffe zugefügt», wie Babel weiter sagte. Als zusätzliche Herausforderung werde die Flüssigkeit rosa, gelb oder blau gefärbt, was die Sinne beeinflussen könne.

Artischockenpüree

Angesichts der manchmal nicht sehr schmackhaften Erfahrung kann ein dritter, spielerischerer Test das Treffen mit einer festlichen Note abschliessen. Dabei geht es darum, einen Geschmack beispielsweise in einem Eis, einem Püree oder in Schokolade zu entdecken. An diesem Testtag wurde Artischockenpüree und Ingwereis aufgetischt.

Die Brigade der Wasserschmecker wurde im Jahr 2000 gegründet. Damals folgten über 300 Mitarbeitende dem Aufruf der SIG. Nur die zwanzig feinsten Nasen wurden schliesslich für die Wasserdegustationen ausgewählt. «Einige von ihnen sind sogar in der Lage, das Gebiet zu erkennen, in dem das Wasser entnommen wurde», sagte Babel weiter. Insgesamt werden im Laufe des Jahres etwa 3500 Tests durchgeführt. (SDA)

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