«Es hat ein Ausmass angenommen, das für mich dreist ist»
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Villa-Ärger am Obersee:«Es hat ein Ausmass angenommen, das für mich dreist ist»

Nachbarn laufen Sturm gegen Schwyzer Manager-Villa am See
«Es hat ein Ausmass angenommen, das für mich fast dreist ist»

Im Kanton Schwyz, direkt am Zürichsee, steht eine grosse Villa. Bald soll dort ein Neubau entstehen. Doch gemäss Nachbarn und Landschaftsschutz dürfte das Haus weder existieren noch weiter ausgebaut werden. Der Hausbesitzer sieht das naturgemäss anders.
Publiziert: 05.04.2024 um 00:22 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2024 um 17:48 Uhr
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Sandro ZulianReporter News

Im Kanton Schwyz am Zürichsee steht ein wunderbares Anwesen. Exklusiver Seeanschluss, eine Badehütte lädt am Ufer zum Planschen ein. Hohe Pflanzen säumen das Grundstück und schotten es gegen neugierige Blicke ab. Ein ruhiges Fleckchen Erde mit viel Platz und ebenso viel Privatsphäre.

Diese Entspannung wird jetzt aber gestört. Denn die Nachbarn laufen gegen die Villa Sturm. «Das ist eine Nichtbauzone», sagt Bernhard Knobel (76), einer von ihnen. «Das hat es ja schon im Namen, in der Bauzone darf man bauen, in der Nichtbauzone nicht. Diese Villa dürfte überhaupt nicht existieren.» Nachbar Knobels Liegenschaft liegt nebenan. Mit kleinem Häuschen und Seeanstoss. Mit Betonung auf klein. Denn darum geht es den Nachbarn.

Diese See-Villa können sich Normalsterbliche nur in ihren Träumen leisten.
Foto: Linda Käsbohrer
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Haus steht ausserhalb der Bauzone

Die Villa am See gehört dem Unternehmer Rudolf P.* Sein Wohnsitz ist pompös. Doch das Haus dürfte gemäss Nachbarn und Landschaftsschutz so gar nicht stehen – geschweige denn bald neu gebaut werden.

Der Bau des Hauses in den 90er-Jahren, aufgegleist vom Vorbesitzer, sorgte schon vor knapp 30 Jahren für Gegenwind. Doch Gemeinde und Kanton liessen ihn geschehen – obwohl das Haus nachweislich nicht in der Bauzone steht. Das heisst aber auch, es gelten strenge Regeln für Aus- und Umbau. Ein Neubau in dieser Zone ist rechtlich praktisch unmöglich.

Grosse Pläne, grosser Widerstand

Jetzt will P. das ohnehin schon grosse Wohnhaus trotzdem zugunsten eines Neubaus komplett abreissen. Baueingaben dafür liegen auf. Die Kritiker monieren, dass sich die Wohn- und Nebenraumfläche auf stolze 400 Quadratmeter belaufe. Ein Zigfaches des ursprünglichen und erlaubten Raumes.

Um im gesetzlichen Rahmen zu bleiben, soll das Bootshaus am See dran glauben. Die 30-Prozent-Regel (siehe Textkasten) würde trotzdem um mehrere hundert Prozent überschritten, sind sich die Nachbarn sicher.

Bauen ausserhalb der Bauzone

Bauen ausserhalb der Bauzone – eine Materie, über die selbst der Verband für Raumplanung schreibt: «Die heutige Ordnung ist sehr komplex und schwer verständlich.» Ganz einfach gesagt: Wer vor 1972 etwas dort baute, was danach eine Nichtbauzone wurde, darf es in aller Regel weiter nutzen und sogar noch erweitern. Ein solches Gebäude darf aber bei einem Umbau oder Ausbau äusserlich maximal 30 Prozent grösser werden. Jeder Fall muss gesondert beurteilt werden, dabei verfügen die Behörden über wenig Spielraum. Das Bauen ausserhalb der Bauzone ist abschliessend im Bundesrecht geregelt.

PIUS KOLLER

Bauen ausserhalb der Bauzone – eine Materie, über die selbst der Verband für Raumplanung schreibt: «Die heutige Ordnung ist sehr komplex und schwer verständlich.» Ganz einfach gesagt: Wer vor 1972 etwas dort baute, was danach eine Nichtbauzone wurde, darf es in aller Regel weiter nutzen und sogar noch erweitern. Ein solches Gebäude darf aber bei einem Umbau oder Ausbau äusserlich maximal 30 Prozent grösser werden. Jeder Fall muss gesondert beurteilt werden, dabei verfügen die Behörden über wenig Spielraum. Das Bauen ausserhalb der Bauzone ist abschliessend im Bundesrecht geregelt.

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Für Knobel ein Affront. «Jetzt hat es ein Ausmass angenommen, das für mich fast dreist ist.» Zum Vergleich: Als Knobel in seinem Haus einen Raum für Gartengeräte zu Wohnraum umnutzen wollte, gab es vom Kanton eine Absage. Dort ging es um wenige Quadratmeter. «Es gilt doch Rechtsgleichheit!», sagt Knobel.

Steter Ausbau seit 2005

Seit Mitte der 2000er-Jahre baute P. seine Liegenschaft immer weiter aus. Ein Weg hier, eine Terrasse da, ein riesiger Parkplatz mit Container-Garagen dort.

Laut Behörde darf nur ein kleiner Teil des Erdgeschosses des Hauptgebäudes als Wohnraum genutzt werden, wie «Inside Paradeplatz» im Oktober 2023 schrieb. Von klein kann aber schon länger nicht mehr die Rede sein.

«Warum bekommen wir diese Unterlagen nicht?»

Nachbar Knobel hat Angst: Würde dem Baugesuch stattgegeben, wäre das ein Präzedenzfall. Denn wenn alle in den Nichtbauzonen so bauen könnten wie Rudolf P., dann «würden viele Seegrundstücksbesitzer jubilieren.»

Schon seit längerer Zeit versucht Knobel, an Erklärungen und Dokumente zu kommen, die den Bau des Hauses in den 90ern und die späteren Ausbauten des Hauses und der Umgebungsanlagen rechtfertigen würden. Bislang ohne Erfolg. «Wenn doch alles rechtens ist, warum bekommen wir diese Unterlagen nicht?»

Zusammen mit Knobel wehrt sich auch ein weiterer Nachbar gegen die Pläne. Dieser möchte aber keine Stellung nehmen. Ein weiterer Nachbar ist Kantonsrat im Schwyzer Parlament. Er hat der Sache nichts hinzuzufügen und zeigt sich auf Blick-Anfrage grosszügig: «Leben und leben lassen.»

Er handle im Sinne des Allgemeinwohls, sagt der Eigentümer

Für die Villa seien aktuell Bewilligungsverfahren hängig, schreibt das Amt für Raumentwicklung des Kantons Schwyz gegenüber Blick: «Dabei geht es um das Wohngebäude und um die Umgebungsgestaltung inklusive Nutzung des Gewässerraums.» Inhaltliche Statements dazu könne man nicht abgeben, so das Amt. Ähnlich klingt es auch von der zuständigen Gemeinde.

Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz hat schon in früheren Jahren gegen die Umbaupläne von Rudolf P. Einsprache erhoben. Im vorliegenden Fall ist es der Stiftung aus zeitlichen Gründen nicht gelungen, Massnahmen zu ergreifen. Geschäftsleiter Raimund Rodewald sagt: «Wir hoffen, dass dieser wertvolle und schützenswerte Uferabschnitt baulich nicht zerstört wird.» Die Ämter müssten sich der Strahlkraft ihrer Entscheidungen bewusst sein.

Blick besucht auch den Villenbesitzer am See – und wird direkt auf das Grundstück gelassen. Rudolf P. möchte sich zwar nicht zur Angelegenheit äussern, lässt aber durchblicken, dass er als bedeutender Steuerzahler in der Gemeinde im Sinne des Allgemeinwohls handle. Die Einsprachefrist ist dieser Tage abgelaufen. Wie es mit der Protz-Villa am See weitergeht, wird sich zeigen.

*Name geändert

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