Bub (†2) stirbt nach Kollision mit Pferdeanhänger auf Fussgängerstreifen in Steinmaur ZH – seine Eltern trauern
«Lieber Gott, warum unser Elijah?»

Der kleine Elijah Fabian Löffel (†2) ist Mitte Juni durch einen schweren Verkehrsunfall aus dem Leben gerissen worden. «Mami» Graziella und «Dädi» Roman wollen ihren Sonnenschein ehren. Gleichzeitig erzählen sie, was ihnen in ihrer Trauer hilft.
Publiziert: 02.07.2024 um 20:19 Uhr
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Aktualisiert: 03.07.2024 um 07:39 Uhr
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Qendresa LlugiqiReporterin News

Elijah Fabian Löffel sitzt auf dem Boden und hält eine Sonnenblume in seiner rechten Hand. Seine grossen, strahlenden Augen blicken einem entgegen. Mit seinem Lächeln, das sein ganzes Gesicht zum Erstrahlen bringt, schafft es Elijah, das Herz zu berühren. Dieses Bild ist eines der Lieblingsfotos seiner Eltern Graziella (36) und Roman (35) – eine von vielen, süssen Erinnerungen an ihren Sohn (†2), der viel zu früh gehen musste. Denn Elijah wurde bei einem tragischen Verkehrsunfall am 13. Juni 2024 aus dem Leben gerissen.

«Dädi» Roman und «Mami» Graziella – wie Elijah sie liebevoll nannte – sind sich einig: «Wir wollen unseren Sohn ehren. Elijah war einfach wunderbar und es gibt so unglaublich viel, was ihn ausgemacht hat! Zweieinhalb Jahre mit ihm sind einfach viel zu kurz!» Gleichzeitig wollen sie zeigen, welch tiefe Spuren seine kleinen Füsse auf dieser Welt hinterlassen haben und wie sie mit der Trauer um ihren grössten Verlust umgehen.

Elijah in jedem Detail

Die Eltern haben Blick zu Elijahs Abschied rund eine Woche nach der Tragödie auf den Friedhof und in die evangelisch-reformierte Kirche in Steinmaur ZH eingeladen. Hier ist spürbar: Elijah war ein aufgewecktes, glückliches Kind. Einer jener Menschen, die einen Raum erhellen, sobald sie ihn betreten.

Der kleine Elijah Fabian Löffel (†2) aus Steinmaur ZH ist Mitte Juni durch einen schweren Verkehrsunfall aus dem Leben gerissen worden.
Foto: zVg
Grosse, strahlende Augen und ein wunderschönes Lächeln – das zeichnete Elijah Fabian Löffel (†2) aus.
Foto: zVg
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Die Trauergemeinde erfährt, wie gerne Elijah etwa mit Eiern spielte und sich damit vollschmierte. Seine Mama meint hierzu: «Wir hätten ihn danach direkt panieren können.» Die Trauernden lachen – so sehr werden sie von dieser geteilten Erinnerung berührt. Dann kam der Wandel: Nachdem Elijah Küken aus Eiern schlüpfen gesehen habe, habe er sie vorsichtiger behandelt. So habe er beim Einkaufen Eier einzeln aus der Schachtel genommen, sie geküsst und sorgfältig zurückgelegt. Sein Hinweis hierzu: «Nei butt (Nicht kaputt machen).» Eine andere Erinnerung: Wie er auf den Schultern seines Papas einschlief – weil er sich so wohl und sicher fühlte.

Was während der Beerdigung auffällt: Elijah steckt in jedem Detail. Familie und Freunde schmücken seinen weissen Sarg, bis er schön farbig und voller Nachrichten für seinen Flug in den Himmel ist. In sein Grab werden Sonnenblumen gelegt, darüber Spielzeugautos, Flugzeuge sowie Windräder – Dinge, die Elijah begeisterten. Auch die Musik und die Bibelverse sind so gewählt, dass sie das trauernde Herz heilen.

«Hallo» und «Tschudi»

Ein zweites Treffen findet mit der Familie bei ihr zu Hause statt. Erzählen die Eltern von Elijah und aus der gemeinsamen Zeit, wirkt es so, als ob der Kleine jeden Moment voller Energie um die Ecke kommt und alle mit seinem hellen und herzlichen Hallo begrüsst. «Dieses Hallo fehlt so vielen, Elijah fehlt so vielen», sagt Graziella. «Er fehlt uns, er fehlt im Bus, er fehlt im Volg. Elijah fehlt überall, jederzeit!»

Ein weiteres Lieblingswort von Elijah: «Tschudi – so hat er sich entschuldigt. Es war ihm dann auch ganz wichtig, dass wir ihn dabei ansahen», sagt Graziella. Eine weitere Geste, die ihr fehle: «Wenn er mit seiner Hand meinen Kopf nahm und sich an meine Wange schmiegte. Das war seine Art, mich zu trösten.»

«Es gibt keinen Schuldigen»

Genau diese tröstlichen Erinnerungen geben der Familie jetzt Halt. Sie alle stehen noch unter Schock – vor allem Mami Graziella, die eineinhalb Meter hinter Elijah lief – der auf seinem Trotti fuhr – und den Unfall auf dem Zebrastreifen mitansehen musste. «Ich wünschte, ich hätte ihn noch greifen und zurückhalten können.» Für die Eltern steht jedoch fest: «Es gibt keinen Schuldigen! Der Unfall ist durch eine unglückliche Reihung von Umständen geschehen.»

Wie die Kantonspolizei Zürich mitteilte, kam es am besagten Donnerstag gegen 17.30 Uhr zum Unfall. Ein Mann (50) bog mit seinem Auto samt Pferdeanhänger ab, als er den jüngsten der Familie Löffel erfasste.

Was den Eltern sauer aufstösst: «Während unser Sohn im Sterben lag, hielt ihm ein Mann ein Handy ins Gesicht, filmte erbarmungslos alles und lachte hämisch.» Als der Vater ihn darum bat wegzugehen, habe der Mann gar einen Streit angefangen. «So ein Benehmen ist abscheulich!»

Dorf näher gebracht

Was die Eltern beeindruckend finden: «Gleich das ganze Dorf war für uns da. Jemand rief die Ambulanz, andere halfen an der Unfallstelle. Die Kirchenglocken wurden sofort geläutet und Menschen versammelten sich, um für Elijahs Überleben zu beten.» Seit Elijahs Tod stehe sich das Dorf näher: «Wir sitzen noch oft beieinander und reden. Tauschen sogar Essen untereinander aus.» Vater Roman führt aus: «Elijah hat uns alle näher zusammengebracht und uns gezeigt, worauf es wirklich im Leben ankommt.»

Dass Elijah gehen musste, verarbeite jeder in der Familie anders. «Das zu akzeptieren, ist wohl ein wichtiger Schritt in der Trauerverarbeitung», sagt Roman. «Genauso wie das transparente Kommunizieren der eigenen Bedürfnisse.» Weil er Elijah nicht mit seiner letzten Ruhestätte auf dem Friedhof identifiziert, hat der Vater im Garten mit dem Aufbau einer kleinen Oase begonnen. «Blumen, die uns für Elijah geschenkt wurden, sind hier eingepflanzt. Und sein Kinderbett wird ein Hochbeet. Geschmückt wird alles mit Spielzeugautos, ganz nach Elijahs Geschmack. Hier kann die ganze Familie dann bei ihm sein.»

Mami Graziella hingegen findet Trost an seinem Grab: «Ich könnte stundenlang da sitzen, mit ihm reden, Musik hören.» Oder durch ein Video, das zeigt, wie sie seine Hand am Morgen vor der Beerdigung streichelt.

Stickers, Engelsbilder und Schmetterlinge

Auch dass Elijah noch für drei Tage zu Hause aufgebahrt war, habe ihr enorm geholfen. «Ich konnte sehen, dass das nur sein Körper ist und begreifen, dass seine Seele in den Himmel geflogen ist.» Dies habe auch den beiden Schwestern geholfen: «Die Mittlere hat seinen Körper mit Stickers beklebt, genauso wie sie es jetzt mit all seinen Bildern macht. Sie stand ihm am nächsten, sie kommunizierten in einer ganz eigenen Sprache.»

Den beiden Schwestern helfe es auch, Ballons oder Sonstiges in den Himmel steigen zu lassen: «Wenn sie die Dinge nicht mehr sehen, sagen sie, dass Elijah sich diese gegriffen hat», sagt Mutter Graziella. «Den Mädchen hilft auch das Bild eines Engels oder reale Beispiele aus dem Leben. Wir hatten Raupen, die dann zu Schmetterlingen wurden. So konnten sie sich Elijahs Reise ins ewige Leben vorstellen.»

Was der Familie ebenfalls stark geholfen habe: das eigene Umfeld. Die Eltern stellen klar: «Dank unseren Liebsten, unseren Freunden, unseren Nachbarn und sogar dank einigen Unbekannten, fühlen wir uns in dieser schweren Zeit getragen. Dafür wollen wir uns bei allen von Herzen bedanken!»

Festhalten am Glauben

Warum Gott ihnen Elijah genommen hat, können die gläubigen Eltern nicht verstehen. «Irgendwann werden wir eine Antwort auf unser Warum bekommen», sagt Roman. «Ich glaube, dass wir einen liebenden Gott haben. Wenn es aktuell noch nicht gut ist, ist Gott noch nicht fertig. Und trotzdem: Ich will meinen Sohn zurück!»

Und Graziella: «Wenn nicht eine Antwort, dann wünsche ich mir, dass Gott mir einen Blick in den Himmel schenkt. Ich will sehen, dass es Elijah dort gut geht.»

Ihnen bleibe nichts übrig, als zu funktionieren – bis sie wieder leben könnten, so die beiden. «Vor allem für unsere Töchter!»

Dass Mami Graziella und Dädi Roman es als Familie schaffen wollen, ist spürbar. Elijah hätte sie wohl sicher mit seinem Lieblingssatz motiviert: «Du daff das! (Du schaffst das!)»

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