Nach Streit mit Gemeinde
Wirt musste beliebtes Café in Männedorf ZH schliessen

In Männedorf ZH musste ein Wirt den Betrieb seines Cafés einstellen, nachdem die Gemeinde Sicherheitsmängel am Glasdach des Lokals festgestellt hatte. Bei der Bevölkerung stösst die Entscheidung des Gemeinderats auf Unverständnis.
Publiziert: 10.12.2023 um 13:49 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2023 um 14:29 Uhr

Es war sein Herzensprojekt: Wirt Ricardo Tomasino übernahm im Januar 2021 den Gastrobetrieb Gärtnerei zum Glück in der Zürichsee-Gemeinde Männedorf. Hier wurde gebruncht, Kaffee getrunken und Apéro gemacht. Auch für private Anlässe konnte man die kleine Gärtnerei buchen.

Trotz Pandemie erfreute sich das Lokal bei der Bevölkerung grosser Beliebtheit. «Ich wollte etwas für das Dorf machen. Es lief gut», sagt der Wirt gegenüber der «NZZ».

Glasdach entspricht nicht den Sicherheitsvorschriften

Doch nun ist der Traum ausgeträumt. Die Gärtnerei zum Glück existiert nicht mehr. Der Grund: Ein von der Gemeinde in Auftrag gegebenes Gutachten stellte im Frühsommer fest, dass die Dachverglasung in den Gewächshäusern nicht genügend sicher sei, um etwas anderes als eine Gärtnerei darin zu betreiben.

In Männedorf ZH musste ein Wirt den Betrieb seines Cafés einstellen, nachdem die Gemeinde Sicherheitsmängel am Glasdach des Lokals festgestellt hatte.
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Alles fing mit einer Lärmklage aus der Nachbarschaft an. Tomasino wollte den Cafébetrieb etwas weiter von den Wohnhäusern wegverlagern. Dafür riss er das Treibhaus aus Plastik ab und schüttete auf dem neuen Areal Kies aus. Die Gemeinde schritt daraufhin ein und sagte, dass für diese baulichen Veränderungen keine Bewilligung vorliege. 

Also reichte der Wirt ein Gesuch ein, worauf die Gemeinde ihre Prüfer losschickte, um abzuklären, ob das Glasdach den nötigen Sicherheitsanforderungen entspricht. Die Gemeinde kam zum Schluss, dass das Dach sicher genug für eine Gärtnerei ist, aber nicht den Ansprüchen eines Cafés oder Event-Lokals genüge.

Bevölkerung bedauert Entscheid

Veranstaltungen durften seither keine mehr durchgeführt werden. Tomasino sah sich schliesslich gezwungen, die Gärtnerei zu schliessen.

Trost fand der Wirt derweil in der Männedorfer Bevölkerung. Im vergangenen Juli wurde dem Gemeindepräsidenten schliesslich eine Petition überreicht, die den Erhalt der Gärtnerei forderte. 350 Personen schlossen sich dem Anliegen an. Genützt hat es nichts. Da der Pachtvertrag ablief, wurde das Café abgerissen. Der Unterstützung für Tomasino aus der Bevölkerung tat dies allerdings keinen Abbruch – im Gegenteil.

Das «Komitee für die ‹Gärtnerei zum Glück›», das in der Folge des Abrisses gegründet wurde, forderte vom Gemeinderat eine klare Stellungnahme. Wie könne es sein, dass Tomasino ein Gastwirtschaftspatent bekam und erst danach untersucht wurde, ob die Location den Sicherheitsansprüchen genügt? Diese Frage stellen sich die Unterstützer. 

«Es ist also mitnichten so, dass der Abschluss des Pachtvertrags die baurechtliche Bewilligung für die Umnutzung der Gärtnerei gleichsam zusichere», lautete das Fazit der Gemeinde. An der Gemeindeversammlung, die diese Woche stattfand, wollte der Wirt persönlich einige Worte an das Gremium richten. Doch der Gemeinderat verweigerte ihm das Rederecht.

48 Veranstaltungen abgesagt

Überrascht darüber ist Tomasino nicht. Das Verhalten sei typisch für die Gemeinde, die den Dialog mit ihm stets verweigert habe.

Für Tomasino hat die Schliessung seines Betriebs derweil bittere Konsequenzen. 48 Veranstaltungen habe er für das noch laufende Jahr absagen müssen. Ihm sei so ein sechsstelliger Betrag durch die Lappen gegangen. «Die Geschichte hat mich in den Ruin getrieben.»

Tomasino würde gerne wieder ein Projekt im Gastro-Bereich in Angriff nehmen. Vorher allerdings müsse er erst einmal zu sich selbst finden. (ced)

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