Registrierungsprogramm ist ihnen zu kompliziert
Hausärztinnen wie Ursula Köppel wollen nicht mehr impfen

Mit dem Impftool Vacme will die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich das Datenpuff vereinheitlichen. Doch das Programm kommt bei den Hausärzten im Kanton weniger gut an. Viele wollen gar die Spritze hinschmeissen und keinen Corona-Piks in der Praxis mehr anbieten.
Publiziert: 30.04.2021 um 10:32 Uhr
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Aktualisiert: 30.04.2021 um 19:39 Uhr

Ab Montag gilt im Kanton Zürich das neue Corona-Impftool Vacme. Die Umstellung darauf sorgt bei Hausärzten aber für rote Köpfe. Viele von ihnen wollen deshalb keine Impfungen mehr in ihren Praxen anbieten.

So auch Ursula Köppel von der Gemeinschaftspraxis in Oberweningen. Bisher hat sie ihre 370 geimpften Patienten in einem speziellen System registriert. Mit einem Klick gingen die Daten an alle nötigen Behörden. Mit dem neuen, von der Zürcher Gesundheitsdirektion aufgebrummtem Programm kann sie sich gar nicht anfreunden. «Dieses Tool ist viel zu kompliziert und daher unbrauchbar», sagt Köppel zum «Tages-Anzeiger».

Mit den 50 Franken, die pro Impfung vergütet werden, können der dafür notwendige Personaleinsatz und der damit verbundene Aufwand nicht entschädigt werden. Aus diesem Grund wird die Hausärztin nur noch die bereits vereinbarten Termine für die zweite Impfdosis durchführen. Danach ist Schluss.

Ursula Köppel von der Gemeinschaftspraxis in Oberweningen ZH will wegen des neuen Tools keine Patienten mehr gegen Corona impfen.
Foto: zvg
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«Sturm der Empörung»

Ähnlich sieht es Peter Wespi, Präsident der Ärztegesellschaft des Zürcher Unterlandes mit eigener Praxis in Dielsdorf. Er möchte auch nicht weiter impfen. «Die Ankündigung über das neue Impftool hat einen Sturm der Empörung ausgelöst», sagt er dem «Tages-Anzeiger».

Nicht nur seine Kollegen, auch er selbst, habe sich mit der Plattform nicht anfreunden können. Nachdem er am Wochenende ein Versuch startete. «Ich habe Stunden gebraucht, um alles zu verstehen und zu testen», sagt er. «Man muss zum Beispiel eine Nummer mit 20 Ziffern von der Krankenkassenkarte erfassen. Das alles ist äusserst mühsam und zeitintensiv.»

Eine Mitarbeiterin habe einen ganzen Tag gebraucht, um die Daten zu übertragen. Das sei auf Dauer nicht zumutbar. Bereits angemeldete Patienten können sich bei ihm noch piksen lassen, weitere Termine vergibt er keine mehr.

Übergangslösung bis Ende Mai

Das aktuelle Tool wurde nach der grossen Panne im Dezember im Auftrag von Josef Widler (67), Präsident der Zürcher Ärztegesellschaft, entwickelt. Seit dem 19. Januar ist dieses Programm in Betrieb. «Es ist professioneller und sicherer als Vacme», sagt Widler.

Weil aber Spitäler und Altersheime ihre Daten in Excel-Tabellen zusammenfassten, musste eine Software-Umstellung her. Laut der Gesundheitsdirektion sei eine einheitliche Software und Datenquelle für die Automatisierung wichtig.

Widler versteht den Frust der Ärzte, nimmts aber selbst gelassen. «Jetzt kommt halt Vacme. Die Berner, die es seit längerem verwenden, sind ja zufrieden.» Ausserdem würden sich jüngere Personen, die nun langsam dran kommen, ohnehin öfter in ein Impfzentrum begeben.

Um den Hausärzten nun doch etwas mehr Zeit für die Umstellung zu verschaffen, sei mit der Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (44) eine Übergangslösung vereinbart worden.

Alle Impfungen, die bis Montag gebucht sind, auch wenn man die zweite Dosis erst danach erhält, können noch im alten System durchgeführt werden. Erst nach dem 31. Mai müssen alle Ärzte, die die Impfung weiter anbieten und vergüten lassen wollen, auf Vacme umsteigen. (man)

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