Unterwegs mit dem ältesten Zügelunternehmen der Schweiz
«Das Klavier würde ich nicht als Erstes tragen»

Mehr als eine halbe Million Menschen ziehen in der Schweiz jedes Jahr um. Ende September sind es besonders viele. Höchste Zeit also, dem ältesten Zügelunternehmen der Schweiz einen Besuch abzustatten.
Publiziert: 29.09.2024 um 19:25 Uhr

Auf einen Blick

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Ende September ist in vielen Schweizer Kantonen offizieller Zügeltermin.
Foto: Kim Niederhauser
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Frühmorgens ist es in der kleinen Zürcher Gemeinde Rorbas noch still. Es regnet leicht, und der Nebel hängt in der Luft. Doch der knallgelbe Lastwagen hinter den Büschen verrät, dass hier bereits fleissig gearbeitet wird. Ohne Worte verständigen sich die Möbelpacker – ein eingespieltes Team. Mit geübten Handgriffen heben sie die zerlegten Schränke durch das obere Fenster des Hauses und verladen sie geschickt in den Transporter. «Es ist ein bisschen wie Tetris spielen», sagt ein Möbelpacker.

624’513 Personen sind letztes Jahr in der Schweiz umgezogen, wie eine Studie der Post ergab. Im Juli waren es am meisten, gefolgt vom September. Dann ist in vielen Schweizer Kantonen «offizieller Zügeltermin». Warum es diese Termine gibt, weiss niemand so genau. Sie gelten von jeher als Gewohnheitsrecht – und können nicht abgeschafft werden.

Plötzlich wird es teurer

Wer sich nicht mit Kistenschleppen und endlosem Treppensteigen herumschlagen will, holt sich Hilfe von einem Zügelunternehmen. So auch das Ehepaar, das 27 Jahre lang in diesem Haus gewohnt hat. Jetzt ziehen sie in eine kleinere Wohnung. 

Fatih Gayiran (45) begleitet das Ehepaar. Er ist seit fast zwei Jahren Projektleiter bei Welti-Furrer, einem der ältesten Schweizer Transportunternehmen, und ist hauptsächlich für Besichtigungen zuständig. Sechs bis sieben Kunden besucht er pro Tag und plant mit ihnen den Umzug, damit alles reibungslos verläuft.

Gayiran, der seit über 20 Jahren im Umzugsgeschäft tätig ist, sagt: «Es ist ein hartes Business mit viel unfairer Konkurrenz.» Manche Firmen locken Kunden mit attraktiven Angeboten, die sich später als trügerisch entpuppen: «Am Umzugstag ist der Preis plötzlich viel höher als vereinbart.» Der Kunde stehe dann vor der Wahl: Entweder er bezahlt nach – oder sieht seine Möbel nie wieder.

Umzugsofferte: So schützst du dich vor versteckten Kosten
  1. Vergewissere dich, dass es sich um ein seriöses Unternehmen handelt. Im Zweifelsfall kannst du die Firma im Handelsregister nachschlagen.
  2. Damit die Firma das Umzugsvolumen korrekt einschätzen kann, ist eine Besichtigung vor Ort zwingend notwendig.
  3. Die Offerte sollte so detailliert wie möglich sein. Unbedingt enthalten sein müssen: das geschätzte Umzugsvolumen, die Be- und Entladeadresse sowie zusätzliche Leistungen wie Auf- und Abbau von Möbeln
  4. Achte darauf, dass die Offerte durch eine Unterschrift verbindlich ist.
  1. Vergewissere dich, dass es sich um ein seriöses Unternehmen handelt. Im Zweifelsfall kannst du die Firma im Handelsregister nachschlagen.
  2. Damit die Firma das Umzugsvolumen korrekt einschätzen kann, ist eine Besichtigung vor Ort zwingend notwendig.
  3. Die Offerte sollte so detailliert wie möglich sein. Unbedingt enthalten sein müssen: das geschätzte Umzugsvolumen, die Be- und Entladeadresse sowie zusätzliche Leistungen wie Auf- und Abbau von Möbeln
  4. Achte darauf, dass die Offerte durch eine Unterschrift verbindlich ist.
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Die Frau wollte halbieren – also hat der Mann halbiert

Um zehn Uhr gibt es die erste Pause. Der Regen hat inzwischen nachgelassen. Die Möbelpacker sitzen draussen, kreuzen an, welche Pizza sie zum Mittagessen möchten. Sie erzählen, was sie in ihrem Job bisher erlebt haben: «Einmal kamen wir in einer Wohnung an, und alle Möbel waren fein säuberlich in der Mitte durchtrennt. Die Frau wollte nach der Trennung halbieren – also hat der Mann halbiert», so ein Möbelpacker.

Möbelpacker ist ein Knochenjob. Jeden Tag unzählige Kisten schleppen, und das über Jahre hinweg. Und immer stellt sich die Frage: Wie gehts dem Rücken? Carlos Correia (54), seit fast 19 Jahren Möbelpacker bei Welti-Furrer: «Dem gehts gut. Ich weiss ja, wie man schwere Lasten richtig trägt.» Aufwärmübungen macht Correia zwar keine, aber er hat seine eigene Technik: «Ich beginne immer mit leichteren Kisten. Das Klavier würde ich nie als Erstes tragen.»

Die Möbelpacker machen sich bereit, die zweite Runde anzugehen. Für das Ehepaar geht ein Lebensabschnitt zu Ende – und ein neuer beginnt. Während die Männer die letzten Möbel verladen, betrachtet das Paar noch einmal die Tür ihres Hauses. Was sie am meisten vermissen werden? Ganz klar ihre selbst eingebaute Küche.

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