Das sagt Jonas Hiller zur Zukunft des Schweizer Hockeys
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Neujahrsturnier in Bubble?Das sagt Jonas Hiller zur Zukunft des Schweizer Hockeys

Ex-Biel-Goalie Hiller
«Mancher ist froh, Ende Monat seine Rechnungen zu begleichen»

Seit Mai ist Jonas Hiller (38) Präsident der Spielervereinigung SIHPU. Statt Lohnverzichte fordert der Ex-NHL-Goalie nun kreative Ideen. Er denkt an Spiele in einer Blase.
Publiziert: 05.11.2020 um 08:51 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2020 um 09:14 Uhr
Angelo Rocchinotti

BLICK: Jonas Hiller, der Bund prüft nun A-fonds-perdu-Beiträge. Ihre Meinung?
Jonas Hiller: Vielen würde eine grosse Last von den Schultern fallen. Gibt es die Gelder nicht, kommen die Klubs noch einmal auf die Spieler zu.

Schliessen Sie weitere Lohnverzichte aus, sollten die Gelder fliessen?
Es ist schwierig, es gibt ja auch Druck von aussen. Viele sind der Ansicht, die Spieler würden alle Hunderttausende von Franken verdienen. Klar gibt es Gutverdiener. Es gibt aber auch solche, die froh sind, wenn sie Ende Monat ihre Rechnungen begleichen können. Die Liga kann nicht bloss darauf hoffen, dass ihr ­jemand aus der Patsche hilft. Man muss nun Lösungen suchen und dabei von der Annahme ausgehen, dass man bis Saisonende ohne Zuschauer und ohne Subventionen auskommen muss.

Ein Spieler meinte neulich, es fehle den Klubs an Innovation.
Wenn die Klubs von den Spielern erwarten, dass sie auf Geld verzichten, sollten die Spieler im Gegenzug auch erwarten dürfen, dass man sich überlegt, wie man den Verlust möglichst gering halten kann. Und: Die Spieler sollten die Chance bekommen, sich selbst auch Gedanken zu machen. Es braucht unkonventionelle und kreative Ideen. Wir alle müssen uns fragen, wie wir das Hockey attraktiver machen können. Wie schaffen wir es, den TV-Zuschauern mehr zu bieten? Ich habe mich mit den CEOs ausgetauscht. Es kamen einige Ideen zusammen.

Jonas Hiller ist seit Mai Präsident der Spielervereinigung SIHPU.
Foto: freshfocus
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Was für Ideen?
Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist für den Spengler Cup super. Die Leute sitzen zu Hause vor ihren TV-Geräten. Vielleicht kann man diese Woche nutzen, statt zu pausieren. Wieso nicht Spiele in einer Bubble austragen? Klar kommen Fragen auf, wo diese Spiele stattfinden und welche Sponsoren berücksichtigt werden sollen. Doch die Sitzplätze sind leer. Man kann sie mit Werbung versehen. Im schlechtesten Fall funktioniert es nicht. Aber dann hat man wenigstens etwas probiert.

Sie meinen es ernst mit der Blase?
Ich fände es wichtig, jetzt Dinge auszuprobieren, um Erfahrungswerte zu sammeln. Eine Bubble über zwei Wochen oder einen Monat fände ich vertretbar. Gerade im Hinblick auf die Playoffs. Denn selbst wenn nur drei Spieler positiv auf Corona getestet würden und nur diese drei in Quarantäne müssten, verfälscht es das Bild dennoch. Es sollten spätestens in den Playoffs die Besten gegeneinander antreten können.

Der Entscheid, ob die Meisterschaft fortgesetzt werden soll, fällt am 1. Dezember.
Die Spieler wollen spielen. Wenn die Klubs aber mit jedem Match Hunderttausende von Franken verlieren und der Verlust auf die Spieler abgewälzt wird, macht es keinen Sinn. Nur, und das wurde in den Gesprächen mit den CEOs auch klar, ist eine Unterbrechung kaum eine Möglichkeit. Es ist nicht realistisch, vor dem Frühjahr vor mehr als 1000 Zuschauern zu spielen. Deshalb braucht es kreative Ideen.

Wie ist die Stimmung bei den ­Spielern? Langnaus Julian Schmutz sprach zuletzt öffentlich über seine Ängste.
Jeden trifft es anders. Bist du 18 und wohnst noch bei den Eltern, spielt es nicht so eine Rolle. Wenn du aber noch keinen grossen Vertrag besitzt und Familie hast, geht es schnell ans Eingemachte. Die Gefahr ist, dass die Lohnschere künftig noch weiter auseinandergehen wird und jene, die nicht viel verdienen, noch weniger kassieren werden. Für Spieler, die den Unterschied ausmachen können, wird immer jemand bereit sein, ein ­hohes Salär zu zahlen.

Ein Spieler bezeichnete im «Tages-Anzeiger» sein eigenes (hohes) ­Salär als Witz. Wurden nicht zu hohe Löhne bezahlt?
Angebot und Nachfrage bestimmen den Lohn. Wird dir in der Privatwirtschaft ein hohes Salär geboten, lehnst du es auch nicht ab. Die Klubs konnten ihre Umsätze steigern, generierten neue Geldquellen, wollten den Zuschauern etwas bieten. So kam es zu dieser Spirale. Es war nicht so, dass die Spieler gesagt hätten, wir müssen so und so viel verdienen, sonst spielen wir nicht. Niemand kassiert einen hohen Lohn, weil er mal ein gutes Tor erzielt hat, sondern weil er über Jahre hinweg bewiesen hat, dass er ein Team besser machen kann.

Vor der Saison haben sich einzelne Spieler für schärfere Schutzkonzepte ausgesprochen. Nun befindet sich die halbe Liga in Quarantäne.
Jetzt müsste man noch wissen, wo und wie sich die Spieler angesteckt haben. Man muss eine gesamtschweizerische Lösung finden, damit nicht jeweils die ganze Mannschaft in Quarantäne muss. Wir hoffen auf die Schnelltests. Es ist auch für die Spieler mühsam. Sie bereiten sich vor, fokussieren sich, sitzen schon fast im Bus und finden sich dann in der Quarantäne wieder, weil sich ein Spieler nicht gut fühlt. Es kann nicht sein, dass gewisse Teams doppelt so viele Spiele ausgetragen haben als andere und man die Tabelle nicht mehr lesen kann. Es braucht eine gewisse Spannung, um das Produkt verkaufen zu können.

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