Auch in den Ferien noch nicht verdaut
Final-Niederlage nagt an Nati-Goalie Genoni

Leonardo Genoni hat in Prag die zweite WM-Silbermedaille seiner Karriere gewonnen. Freuen kann sich der 36-Jährige darüber noch nicht.
Publiziert: 02.06.2024 um 17:35 Uhr
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Aktualisiert: 03.06.2024 um 11:07 Uhr
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Nicole VandenbrouckReporterin Eishockey

Er steht in den Strassen New Yorks und wartet mit seiner Frau Anina auf einen Sightseeing-Bus, als ihn SonntagsBlick erreicht. Leonardo Genoni flog nach dem verlorenen WM-Final (0:2 gegen Tschechien) in Prag, nur 38 Stunden nach der Medaillenübergabe, für einen kurzen Städtetrip in die Stadt, die niemals schläft.

Als Tourist zum ersten Mal in New York – als Torhüter ein Routinier sondergleichen. In den K.o.-Spielen hat der 36-Jährige bewiesen, dass in grossen Duellen Verlass auf ihn ist. Im Halbfinal (3:2 n. P. gegen Kanada) kommt Genoni auf eine Fangquote von sagenhaften 95,45 Prozent und avanciert zum Penalty-Helden. Im Viertelfinal gegen die Deutschen (3:1) ist er auf seinem Posten, wenn es ihn braucht.

Am Ende steht der siebenfache Meisterkeeper als bester Torhüter des Turniers da. Doch man ahnt es, das ist bedeutungslos für ihn. Denn das letzte WM-Spiel ging verloren. Und diese Wunde ist noch nicht verheilt. Der Nati-Goalie erklärt, weshalb.

Auf Nati-Goalie Leonardo Genoni war an der WM in Prag Verlass.
Foto: keystone-sda.ch
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SonntagsBlick: Mit ein paar Tagen Abstand, wie haben Sie die WM verdaut?
Leonardo Genoni: Verdaut habe ich die Weltmeisterschaft noch nicht, weil ich das Gefühl habe, dass wir dieses Mal am Gold noch näher dran waren als 2018. Obwohl wir damals erst im Penaltyschiessen verloren hatten. Damals hatten wir uns einfach gefreut, dass wir es in den Final geschafft hatten. Doch dieses Mal gingen wir voller Selbstvertrauen in das Endspiel, nachdem wir die Tschechen in der Vorrunde besiegt hatten. Darum tut mir diese Finalniederlage persönlich sehr weh, obwohl wir in der Schweiz so viele positive Reaktionen bekommen, dass wir etwas Gutes erreicht haben.

Also der Gedanke ist immer noch, Gold verloren statt Silber gewonnen zu haben?
Ja, definitiv. Die Niederlage ist noch sehr präsent. Und es war das letzte Spiel für eine lange Zeit.

Hilft es, dass Sie am Tag nach Ihrer Rückkehr aus Prag gleich nach New York geflogen sind für eine Mini-Auszeit?
Vielleicht hätte ich zu Hause noch mehr daran gedacht, ja. Gleichzeitig herrscht hier in New York noch das pure Hockey-Fieber, mit den Rangers in den Playoffs. Darum weiss ich nicht, ob es hilft. Aber zu Hause dominiert ja bald die Fussball-EM als Sportthema.

Dass Sie statistisch der beste Torhüter des WM-Turniers waren, bedeutet Ihnen …?
Nicht so viel, weil es mir nichts bringt. Ich würde es sofort gegen die Goldmedaille eintauschen.

Und dass Sie im Gegensatz zu 2023 dieses Jahr unbestritten der Goalie für die K.o.-Spiele waren?
War ich das? Vielleicht zeichnete es sich ab, weil ich im Spiel gegen Kanada eine gute Bewerbung dafür abgeliefert hatte und somit nichts dagegen sprach. Aber am Ende fällt immer noch der Trainer den Entscheid, den er mir am Tag vor dem Spiel mitgeteilt hat. Es zeigt mir, dass ich einiges richtig gemacht habe. Als Team spielten wir zudem gegen alle Gegner defensiv extrem gut. Nur gegen Österreich kassierten wir unglückliche Tore.

War es eine Genugtuung für Sie, nachdem sie vor einem Jahr im Viertelfinal hinter Robert Mayer nur Ersatz gewesen waren?
Nein, ich hätte mich auch letztes Jahr über ein Weiterkommen gefreut. Man kann sich nur mit Leistung aufdrängen.

Das wollen Sie sich auch für die nächste WM wieder, nehme ich an?
Ich habe mir noch keine Gedanken über die Zukunft gemacht, weder in die eine noch in die andere Richtung. Man wird anhand der Leistung für die WM aufgeboten, und dies unmittelbar nach der Saison. Zwei Torhüter, die in Riga dabei waren, waren es in Prag nicht.

Sie vertreten ohnehin die Meinung, dass es keine alten und jungen, sondern einfach gute oder schlechte Torhüter gibt.
Genau.

Welcher Moment dieser WM in Prag ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?
Das Gruppenspiel gegen Tschechien. Diese Euphorie im Stadion! Eine unglaublich gute Stimmung. Dass so viele Menschen an einem Hockeyspiel so extreme Freude haben können, war genial. Wie auch der Moment, als alle auf der Tribüne gehüpft sind, obwohl wir ja das Spiel gewonnen haben.

«Vielleicht hatten wir gestern das Glück, das uns heute gefehlt hat»
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Genoni nach dem WM-Final:«Vielleicht hatten wir gestern das Glück, das uns heute gefehlt hat»
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