Hier checkt HCD-Herzog SCB-Blum gegen den Kopf
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Üble Szene:Hier checkt HCD-Herzog SCB-Blum gegen den Kopf

Drohungen gegen die Familie
Wie ein Check das Leben von Fabrice Herzog verändert hat

Es vergeht kein Tag, an dem Fabrice Herzog nicht an den einen Check von damals denkt. Er hat nicht nur ihn als Spieler verändert – sondern auch das Leben seiner Liebsten. Doch als starke Familie stehen die Herzogs Jahre mit Drohungen und Beschimpfungen durch.
Publiziert: 25.02.2024 um 11:08 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2024 um 12:36 Uhr

Wenn eine Spielerfrau an Match-Abenden Angst haben muss, dass ihr Mann nicht heil nach Hause kommt. Oder wenn die beiden Kinder ihre Tenues mit dem Namen des Vaters nicht mehr anziehen können, weil sie sonst angepöbelt werden. Wenn wildfremde Menschen der Familie Todeswünsche ins Gesicht schleudern. Das brennt sich tief ein, in die Herzen, in die Köpfe.

Es verändert die Familie und ihr Leben. Jenes von Fabrice Herzog und seiner Frau Tamara nun seit drei Jahren. Der Grund dafür: ein Check des Stürmers. Herzog spielt da noch für den HC Davos, als er im Februar 2021 im Duell gegen den SCB dessen Verteidiger Eric Blum (37) checkt. Dieser beendet später seine Karriere. Herzog kassiert acht Sperren.

Der 29-Jährige wird medial abgestempelt als Bösewicht. Er selbst leidet im Stillen, seine Liebsten mit ihm. Herzog ist ein zurückhaltender, introvertierter, nachdenklicher junger Mann. Das Bild, das von ihm gezeichnet wird, passt in keinster Weise zum Menschen und Spieler. Seine Frau beschreibt ihn als ruhig und angenehm. Nicht in ihren schlimmsten Vorstellungen hätten sie geahnt, welche Welle des Hasses auf sie zurollen wird.

Normalität dank den Kindern: Fabrice und Tamara Herzog spielen im Garten ihres Mietshauses auf Kunststoff-Eis mit den Kids.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Mit den Vorverurteilungen kann die Familie irgendwie umgehen. «Aber ich habe Mühe damit, wenn die Grenze zwischen Meinungsäusserungen und persönlichen Hass-Botschaften in der Anonymität des Netzes verwischt», so Tamara Herzog. Ihr Mann, der seit 2021 beim EV Zug spielt, löscht seine Profile in den sozialen Medien, weil sie mit üblen Nachrichten geflutet werden.

Schockierender Vorfall am Flughafen

Ihre Tochter (8) und der Sohn (5) werden Zeugen eines Vorfalls, der ihrem Vater unter die Haut gefahren ist. Tamara Herzog wartet mit den Kindern am Flughafen Kloten auf die Rückkehr ihrer grossen Liebe nach dessen Nati-Einsatz an den Olympischen Spielen in Peking 2022. Im freudigen Moment des Wiedersehens tritt ein Wildfremder zur Familie. «Er schrie in unsere Richtung, dass das Flugzeug mit mir an Bord besser abgestürzt wäre.» Der 1,90 m grosse Stürmer erzählt das heute ruhig, aber damals ist es ein Schock. «Es war heftig. Unsere Kinder bekamen den Hass erstmals mit. Und wir fragten uns, was solche Worte auslösen können.»

Tochter und Sohn verstehen nicht, weshalb Papa so viele traurige Tage hat und sie ihre Tenues mit seinem Namen besser nicht mehr tragen dürfen. Oder weshalb ihre Mama seit drei Jahren an kaum ein NL-Spiel mehr geht, obwohl ihr Herz fürs Eishockey schlägt. Denn die Hetzer machen vor der Familie nicht Halt. «Irgendwann haben wir Angst bekommen, uns in Menschenmassen aufzuhalten», gesteht die 31-Jährige, «denn es ist eine Gratwanderung, wie ernst man gewisse Drohungen nehmen soll.»

Der Familie wird zu verstehen gegeben, dass man wisse, wo der Zuger Stürmer sein Auto geparkt habe, um nach Spielen auf ihn warten und ihn verprügeln zu können, damit auch seine Karriere endet. Und so bleibt Tamara Herzog an Match-Abenden immer wach, bis er nach Hause kommt. Schlafen könne sie vorher sowieso nicht.

Herzog fühlt sich auf dem Eis manchmal unwohl

Fabrice Herzog hadert und grübelt oft. Weil dieser eine Check das Leben seiner Familie dermassen verändert hat. Aber auch, weil er ihn seither auf dem Eis beeinflusst. «Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht über den Vorfall nachdenke», gesteht er offen. «Ich habe seither Mühe, vor grossen Kulissen zu spielen. Wenn ich vor und nach dem Spiel mit dem Team auf der Linie stehe, fühle ich mich zur Schau gestellt und deshalb unwohl.» Seine Frau geht mit Tochter und Sohn auch deshalb nicht mehr ins Stadion, damit sich Herzog keine Sorgen machen muss. «Wenn ich wüsste, dass meine Familie auf der Tribüne ist, hätte ich ständig die Angst im Kopf, dass etwas passiert.»

Die Herzogs wollen weder Mitleid erregen noch jammern. Sondern schlicht zeigen, dass ihr Zusammenhalt ihnen die Stärke verleiht, um mit der Beschimpfungskultur umgehen zu können, die heutzutage offensichtlich zur Gesellschaft gehört. Die gewissen Einschränkungen sind für die Familie der Weg, den sie für sich gefunden hat, um mit der immer noch schwierigen Situation umgehen zu können im Privatleben.

Was es für Herzog als Spieler bedeutet hat, ist eine Herausforderung für ihn. Lange kann er nicht über den Check sprechen. Beim EVZ aber findet er im damaligen Assistenztrainer Josh Holden (46, Ka/Sz) eine Bezugsperson, der er sich anvertrauen kann. Holdens Ruf als Spieler ist einst ebenso ramponiert, sein Strafregister lang. Er weiss, was Herzog durchmacht. Holden hilft ihm, den Fokus auf sein Spiel nicht zu verlieren.

Herzog hat sein Spiel angepasst und verbessert

Seit bald drei Jahren hat der EVZ-Stürmer keine Sperre mehr kassiert. Sondern überzeugt mit seiner Stärke vor dem Tor und wichtigen Treffern. Er hat sein Spiel angepasst und verbessert. Checks lässt er aus, «weil ich nicht weiss, welche Bewegung der Gegner im letzten Moment macht. Das habe ich seither im Kopf.» Dass ihm die Entwicklung gelungen ist, verdankt er Trainer Dan Tangnes (44, No), dessen Coaching sich von allen vorgängigen unterscheidet.

Denn bereits als Junior wird der gross gewachsene Herzog in eine Schublade gesteckt. «Einem Spieler mit meiner Grösse wurde immer nur eingetrichtert, dass er hart spielen muss. Tat ich es nicht, hiess es, dass ich nicht mehr eingesetzt werde.» Tangnes hingegen erwartet von seinem Schützling einfach ein physisch konsequentes Spiel, mit dem er den Gegner auch vom Puck trennen kann.

Die Herzogs verspüren keine Wut, weil sie von der Droh- und Empörungsgesellschaft zu einem Leben in Sorge gezwungen worden sind. Oder weil Existenzängste und viele Fragen aufgekommen sind. Solange der Fall rechtlich nicht abgeschlossen ist, können aber auch sie nicht damit abschliessen. «Das Familienleben muss bis zum Tag der Entscheidung irgendwie weitergehen», so Tamara Herzog. «Die Kids helfen uns dabei, es schön zu haben. Doch dies alles hat unsere Herzen gebrochen.» Nicht aber ihre innige Liebe.

Als junge Eltern durch Hochs und Tiefs

Tamara kennt Fabrice seit der Jugend, weil er mit ihrem jüngeren Bruder, Ex-EVZ-Goalie Gianluca Hauser (29), schon bei den Pikes im Thurgau und später auch bei den Zuger Junioren zusammenspielt. An Silvester 2014 wird aus ihnen ein Paar. Im Herbst 2015 macht Herzog seiner Freundin als damals 20-Jähriger einen romantischen Antrag, zwei Monate später wird standesamtlich geheiratet. «Ich war schwanger», lächelt Tamara Herzog. Überraschend, denn das Paar hat eigentlich ganz andere Pläne, zum Beispiel auf Reisen zu gehen, doch die holt es jetzt einfach als Familie nach.

«Wir kamen so jung zusammen und haben Hochs und Tief miteinander durchgemacht», blickt die zweifache Mutter zurück. Ihr Mann ergänzt: «Wir wachsen gemeinsam. Wir haben uns gesagt, dass wir immer füreinander da sind und uns unterstützen.» Die Vertrautheit ihrer Beziehung ist in jedem Gespräch spürbar, das tiefe Verständnis ebenso. Auf einer ihrer Reisen feiern sie im Sommer 2023 auch noch ihre Hochzeitszeremonie, im weissen Kleid und Anzug an einem Traumstrand. «Bis kurz vorher wussten wir wegen des Wetters nicht mal, ob sie stattfindet.» Doch die Sonne kommt hervor und strahlt, als Fabrice und Tamara ihre Liebe besiegeln. Eine Liebe, die sie auch durch schwierige Zeiten trägt.

National League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
1
3
3
2
SC Bern
SC Bern
1
2
3
2
ZSC Lions
ZSC Lions
1
2
3
4
EV Zug
EV Zug
1
1
3
4
Lausanne HC
Lausanne HC
1
1
3
6
HC Lugano
HC Lugano
2
1
3
7
EHC Kloten
EHC Kloten
1
1
2
7
SC Rapperswil-Jona Lakers
SC Rapperswil-Jona Lakers
1
1
2
9
HC Ambri-Piotta
HC Ambri-Piotta
1
-1
1
10
HC Davos
HC Davos
2
-3
1
11
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
1
-1
0
12
EHC Biel
EHC Biel
1
-2
0
12
SCL Tigers
SCL Tigers
1
-2
0
14
HC Ajoie
HC Ajoie
1
-3
0
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