Ceferin und Perez gehen in die Offensive Super League
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Machtkampf im Fussball:Ceferin und Perez gehen in die Offensive

Agnelli, Perez, Glazer – diese Herren wollten den Fussball vernichten
YB-CEO Greuel: «Agnelli ist ein schamloser Lügner!»

Die Fussball-Basis bringt den Putsch der Darth Vaders des Fussballs zu Fall. Das Projekt von Juve-Besitzer Agnelli, Real-Präsident Perez und den Glazers von ManUtd ist am Ende. Nicht mal mehr Agnelli glaubt an die europäische Superliga.
Publiziert: 21.04.2021 um 11:39 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2021 um 16:33 Uhr
Alain Kunz

YB-CEO Wanja Greuel ist sauer – und wie! Zwei Jahre lang hat er als Mitglied der Europäischen Klubvereinigung mit Juve-Präsident Andrea Agnelli zusammengearbeitet. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um den Italiener geht: «Das ist nur widerlich! Agnelli ist ein schamloser Lügner. Mir fallen viele Bezeichnungen für ihn ein, die sind aber alle nicht salonfähig …»

Ist Agnelli so? Der letzte männliche Spross der Fiat-Chrysler-Eigentümer-Familie Agnelli, der diesen Namen trägt, ist Oxford-Absolvent, hochintelligent und gilt in der Tat als kalt und berechnend. Er machte erst Giuseppe Marotta zum Generaldirektor, um ihn ein paar Jahre später eiskalt abzuservieren. Er setzte das neue Logo trotz des offenen Widerstandes der Fans durch, um seinem Klub einfacher neue Märkte zu erschliessen. Und er holte die alternde Marketingmaschine Cristiano Ronaldo.

«Solch eine Schlange»

Als Uefa-Präsident Aleksander Ceferin erfuhr, dass Agnelli der Verräter war, sagte er: «Wir wussten nicht, dass wir solch eine Schlange in der Nähe haben. Nun wissen wir es.» Ceferin ist Patenonkel von Agnellis Tochter. Diese Familienbande ist nun für immer zerstört. Unmittelbar vor Bekanntgabe der Gründung der Liga habe Agnelli noch zum Slowenen gesagt, an den Plänen sei nichts dran. «Er sagte, er melde sich. Von da an war sein Telefon aus», so Ceferin. Agnelli hat den Uefa-Boss eiskalt hinters Licht geführt.

YB-CEO Wanja Greuel, der zwei Jahre mit Juve-Boss Andrea Agnelli in der europäischen Klubvereinigung zusammenarbeitete, lässt kein gutes Haar am Italiener.
Foto: freshfocus
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Noch am Montag hatte der zwei Milliarden schwere Baumogul Florentino Perez, Präsident von Real Madrid und der am Sonntag vorgestellten European Super League, den Putsch gegen die Verwalter des europäischen Fussballs, die Uefa, mit unsäglicher Arroganz verteidigt. Und damit das Ziel der 12 Gründerklubs, mehr Geld zu generieren. Natürlich zum Wohle des Fussballs. «Das ist kein Klub der Reichen. Es ist eine Liga, um den Fussball zu retten. Es ist eine Pyramide, bei der das Geld von oben herunterrieselt.» Die Rettung der maroden Klubs, die wie das arme Real in den beiden letzten Jahren 400 Millionen Euro verloren hatten, schien Nebensache.

«Ihren Arsch retten»

Gladbach-Manager Max Eberl konterte im «Kicker» mit klaren Worten: «Das sind Vereine, die in den letzten Jahren masslos über ihren Möglichkeiten gelebt haben und jetzt versuchen, ihren Arsch zu retten. Das ist der Klub der Super-Verschuldeten.»

Nur zwei Tage später ist nach Protesten in der ganzen Welt alles am Ende. Londoner Fans verschiedener Klubs schlossen sich gar zusammen, um gegen die Pläne zu protestieren. Die Aufschreie waren von einer Heftigkeit, die niemanden kalt lassen konnte. Im Gegenteil. Die Füsse der Bosse von Chelsea und Manchester City, wo auch Coach Pep Guardiola (wie sein Liverpool-Kollege Jürgen Klopp) Eier zeigte und die Pläne in aller Deutlichkeit verurteilte, wurden derart kalt, dass sie zum Rückzug bliesen. Danach begannen die Dominosteine zu fallen. Zuerst flüchtete der eben gewählte Barcelona-Präsident Joan Laporta in den billigen Ausweg zur Gesichtswahrung, dass zuerst die Barça-Mitglieder dem Projekt zustimmen müssten. Was faktisch einem Nein gleichkommt. Dann wollte auch Atletico Madrid nicht mehr so richtig. Ebenso Inter Mailand. In der Nacht auf Mittwoch kamen die weiteren vier englischen Klubs hinzu. Zuvor hatten sich die Nicht-Gründungsmitglieder Bayern und Dortmund sowie (aus opportunistischeren Gründen) auch PSG klar gegen die Liga ausgesprochen.

Agnelli verkündet das Ende der Super League

Dann, in der Nacht auf Mittwoch. der Rückzieher. In einem Communiqué liessen die Initianten verlauten: «Angesichts der aktuellen Umstände werden wir die angemessenen Schritte erwägen, um das Projekt umzugestalten und dabei stets unser Ziel berücksichtigen, den Fans die bestmögliche Erfahrung zu bieten und gleichzeitig die Solidaritätszahlungen für die gesamte Fussballgemeinschaft zu verbessern.» Agnelli ging erst sogar noch einen Schritt weiter, sprach davon, dass das Projekt weitergehe, diesmal im Dialog mit der Uefa und der Fifa: «Wenn sie uns einen Vorschlag machen, schauen wir uns das an. Zwischen den Initianten besteht ein Blutspakt. Wir haben eine hundertprozentige Erfolgsaussicht und machen weiter.» Doch ein paar Stunden später war wieder alles anders - und Agnelli geläutert. Gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagt er, dass die Superliga nicht weiterexistieren kann, wenn die sechs englischen Klubs nicht mitmachten. Seine Antwort auf die Frage, ob die Superliga so noch machbar sei: «Um offen und ehrlich zu sein, nein, das ist offensichtlich nicht der Fall.»

Woodward weg

Das Projekt ist also am Ende. Und nach dem Scheitern des Putsches rollen die ersten Köpfe. Nicht jener von Agnelli. Diese Meldung hat sich als Fake herausgestellt. Er hat bekräftigt weiter Juve-Präsident bleiben zu wollen. Aber Ed Woodward, Geschäftsführer von Manchester United, ist zurückgetreten. Er war als ausführendes Organ der Besitzerfamilie von ManUtd, der US-amerikanischen Glazer-Milliardäre, einer der treibenden Kräfte hinter der Super League. Die Glazers, die wohl hinter dem Deal mit der US-Grossbank J.P.Morgan standen, hatten bereits vor fünf Jahren erste Putsch-Pläne zusammen mit den anderen fünf englischen Grossklubs zu schmieden begonnen, weil diese die Spielerlöhne in absurde und unkontrollierbare Höhen hatten explodieren lassen.

Europas Fussball kann erst mal durchatmen. Vorerst jedenfalls.

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