«Ich hätte lieber gegen Sion gespielt»
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BLICK-Reporter Marco Pescio:«Auch wenn Vaduz frech spielt, Thun setzt sich durch»

Vaduz-Trainer Mario Frick
«Ich hätte lieber gegen Sion gespielt»

«Vaduz darf aufsteigen, Thun muss oben bleiben», sagt Vaduz-Coach Mario Frick. Ausserdem spricht er über seinen Werdegang, Bubenstreiche mit Marco Büchel und den Landesfürsten.
Publiziert: 07.08.2020 um 15:05 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2020 um 10:08 Uhr
Interview: Felix Bingesser

BLICK: Mario Frick, wissen Sie, wer auf den FC Vaduz in der Super League wartet?
Mario Frick: Kein Mensch, werden Sie wohl sagen. Mir ist bewusst, dass man nicht überall jubelt, wenn Vaduz aufsteigt. Und mir ist klar, dass wir nicht 10'000 Fans mitbringen und irgendwie als ausländischer Verein ge­sehen werden. Trotzdem hätten wir den Aufstieg verdient. Wir haben viel für den Schweizer Fussball geleistet.

Was?
Wir geben vielen jungen Schweizern die Möglichkeit, sich zu entwickeln, Nati-Goalie Yann Sommer zum Beispiel. Der konnte sich abseits vom Scheinwerferlicht zu einem grossen Torhüter entwickeln. Für eine Gemeinde mit 6000 Einwohnern haben wir in den letzten Jahrzehnten sehr gut gearbeitet und sehr viel erreicht. Das ist doch auch sympathisch.

Warum?
Wir sind die beste Challenge League-Mannschaft 2020. Wir haben einen Vaduzer Torrekord aufgestellt, gegen Lausanne zweimal gewonnen, einmal Unentschieden gespielt und nur einmal verloren. Wir schossen mehr als dreissig Tore aus Standardsituationen. Das trainieren wir fast täglich. Und wir haben Rekordmeister GC hinter uns gelassen. Hier gibt es viele GC-Fans. Das hat in Liechtenstein bereits für eine Euphorie gesorgt. Und es braucht viel, bis die Liechtensteiner etwas euphorisch werden.

Vaduz-Trainer Mario Frick steht vor einer schwierigen Aufgabe.
Foto: Keystone
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Aber Vaduz ist gegen Thun der krasse Aussenseiter.
Klar, wir sind der Underdog. Aber Thun muss oben bleiben, wir dürfen aufsteigen. Der Druck liegt bei Thun. Und meine Mannschaft ist heiss.

Macht ein Aufstieg von Vaduz mittelfristig überhaupt Sinn?
Von der Infrastruktur her haben wir die Voraussetzungen. Klar, wir haben vor der Saison den Gürtel enger geschnallt und mit unserem Budget von rund 3,5 Millionen beschränkte Möglichkeiten. Grosse Transfers liegen nicht drin. Aber wir halten die Mannschaft zusammen, unsere Stärke ist sowieso das Kollektiv. Ich hätte keine Angst, dass wir in der Super League zum Prügelknaben werden.

Sie haben keinen Star?
Tunahan Cicek kann bei uns den Unterschied machen.

Hätten Sie lieber gegen Sion als gegen Thun gespielt?
Ja, das hat damit zu tun, dass Marc Schneider und ich sehr freundschaftlich verbunden sind. Und dass mit Nicolas Hasler und Dennis Salanovic zwei Liechtensteiner bei Thun spielen. Das macht die Sache halt schon sehr brisant. Eigentlich bewundere ich Thun. Sie holen aus ihren Möglichkeiten das Optimum heraus. Genau wie wir. Ihr Vorteil ist, dass sie den Abstiegskampf gewohnt sind. Unser Vorteil ist unsere Formkurve und unsere Begeisterung.

Im letzten Herbst hatte Vaduz eine schwierige Phase.
Hätten wir die nicht gehabt, wären wir direkt aufgestiegen. Aber der Europacup hat uns sehr viel Energie gekostet. Wir haben den Vizemeister aus Island und aus Ungarn ausgeschaltet. Man spielt gegen Frankfurt vor 48'000 Zuschauern und kurz darauf gegen Chiasso vor 300 Leuten. Das ist nicht so leicht zu verdauen, in dieser Phase liessen wir die entscheidenden Punkte liegen.

Seit wann sind Sie mit Marc Schneider befreundet?
Wir haben zusammen die Uefa-Lizenz gemacht. Und sofort gespürt, dass wir die gleiche Wellenlänge haben. Wir tauschen uns regelmässig aus.

Teilten Sie mit ihm in Magglingen ein Doppelzimmer?
Nein, aber wir haben auch eine Woche beim SC Freiburg hospitiert und konnten Christian Streich eine Woche über die Schulter schauen. Das war schon sehr inspirierend.

Ist die Kultfigur Streich für Sie zum Vorbild geworden?
Ich bin ein anderer Typ. Aber wie er über den Tellerrand hinausblickt, wie er mit den Menschen umgeht, das ist schon faszinierend. Wenn man mit ihm diskutiert, dann ist er so leidenschaftlich, dass er alles um sich herum vergisst. Und auch nie auf die Uhr schaut.

Ihr einflussreichster Trainer?
Alberto Malesani bei Hellas Verona. Er ist ein taktisches Genie und hat mir Laufwege aufgezeigt, von denen meine Angreifer heute profitieren können. Auch darum haben wir in dieser Saison 78 Tore geschossen.

Ihre eigene Trainerkarriere haben Sie in aller Ruhe lanciert.
Ich habe als Profi alles erlebt, war Stammspieler in der Serie A, hatte aber auch viele Rückschläge und habe in zehn Jahren in Italien auch in der Serie C gespielt. Das prägt, aber davon profitiert man. Als Spielertrainer in Balzers habe ich bis 41 gespielt und in diesem Alter gegen Österreich auch mein letztes Länderspiel gemacht. Dann war ich zwei Jahre Nachwuchstrainer beim Verband.

Stammen Sie eigentlich aus einer Fussballerfamilie?
Ja. Ich bin vorwiegend bei meinen Grosseltern aufgewachsen. Meine Eltern waren beruflich sehr engagiert. Meine Grossmutter hatte acht fussballbegeisterte Söhne. Der älteste ist Adi Noventa, den hat sie in die Ehe mitgebracht. Adi ist ja bei GC zu einer Legende geworden. Er ist auch mein Götti. Aber auch die anderen hatten Talent und haben es teilweise in den Profifussball geschafft. Meine Grossmutter war beim FC Vaduz an der Kasse, mein Grossvater war der Platzwart. Fussball hat unser Leben extrem geprägt.

Ihren Söhnen Noah und Yanik gaben Sie das Talent weiter.
Yanik spielt bei Rapperswil. Noah, der erst 18 ist, spielt bei mir in Vaduz. Er hat uns diese Saison mit vier Toren wichtige Punkte geholt. Nur meine Tochter spielt nicht Fussball.

Vater Trainer, Sohn Spieler – keine einfache Konstellation.
Natürlich wird viel geredet. Noah hat seinen Vertrag in Vaduz jetzt nicht verlängert, er wird seinen eigenen Weg gehen und muss sich vom Talent her nicht verstecken. Es gibt einige Interessenten.

Sie waren in Basel einst Publikumsliebling. Könnten Sie sich eine Rückkehr als Trainer vorstellen?
Ich habe meinen Vertrag in Vaduz um ein Jahr verlängert und fokussiere mich voll auf die Barrage. Mein Weg ist hier noch nicht zu Ende. Aber natürlich freue ich mich, wenn ich auch einmal den nächsten Schritt machen kann. Ich habe keine anderen Kontakte, aber schliesse für die Zukunft nichts aus.

Kommentieren Sie doch noch einige Namen aus Liechtenstein. Marco Büchel?
Der Bub aus dem Nachbarhaus. Wir sind zusammen aufgewachsen und haben viele Streiche gespielt. Ich schätze ihn sehr.

Alois von und zu Liechtenstein.
Unser Fürst. Mit Fussball hat er aber nicht wahnsinnig viel am Hut. Er kommt sehr selten ins Stadion. Aber wir können den Aufstieg mit oder ohne unser Landesoberhaupt schaffen.

Rainer Hasler.
Hat eine grosse Karriere gemacht und ist einst zum liechtensteinischen Fussballer des Jahrhunderts gewählt worden. Er war auch mein Vorbild. Leider ist er viel zu früh gestorben. Sein Sohn Nicolas spielt in Thun und kommt am Freitag nach Vaduz. Auch für ihn ist das ein sehr spezielles Spiel.

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