Foto: MoMue

Ein Schweizer formt im Ruhrpott ein Spitzenteam
Kaenzig träumt mit Kultklub Bochum vom Aufstieg

Kultklub VfL Bochum ist auf dem Weg zurück in die erste Bundesliga. Und ein Schweizer ist einer der Macher der Malocher aus dem Ruhrpott: Ilja Kaenzig.
Publiziert: 23.02.2021 um 01:08 Uhr
|
Aktualisiert: 12.03.2021 um 10:47 Uhr
Alain Kunz

Er ist, und jetzt halten Sie sich fest: Geschäftsführer Finanzen, Organisation, Marketing, Vermarktung und Kommunikation der VfL Bochum 1848 GmbH & Co. KGaA und ist Sprecher der Geschäftsführung.

Uff!

«Eine seltene Bezeichnung, die es, glaube ich, nur in Deutschland gibt», erläutert Ilja Kaenzig (47). In der Schweiz würde das mit drei banalen Buchstaben ausgedrückt und jeder weiss, worum es geht: CEO. Der Luzerner ist CEO. Punkt.

Kein Park. Keine Arena. Das Ruhrstadion. Englische Atmosphäre. Alle Fans nah dem Spielfeld. Zwanzig Gehminuten vom Bahnhof. Und mittendrin: Ilja Kaenzig.
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«Der Reiz liegt im Grossen und Ganzen»

Und er macht seinen Job gut! Die Speerspitze des messbaren Erfolgs: Bochum liegt hinter Koloss Hamburger SV und Greuther Fürth auf dem Barrageplatz. Die ersten vier Teams sind punktgleich. Der Weg zurück in die Bundesliga ist für Bochum geebnet. Und der Lenker der Teermaschine ist der ehemalige CEO von YB. Er ist nicht Sportchef. Er ist nicht Geschäftsführer Sport. «Diese Rollen werden in Deutschland immer mehr mit ehemaligen Spielern besetzt. Zu denen gehöre ich nicht. Der Reiz liegt im Grossen und Ganzen.»

Im Februar 2018 tritt Kaenzig den Job an, nachdem er zuletzt in Sochaux in derselben Position tätig gewesen war. «Per Ende 2017 trat ich aber wegen der Negativentwicklung der Geschichte mit den chinesischen Investoren zurück.» So wurde der Weg frei für den VfL, wo man den Umsatz schon bald markant steigern konnte. Als er startet, liegt dieser bei 30 Millionen Euro. «Vor einem Jahr, also unmittelbar vor Beginn der Pandemie, lagen wir bereits bei 36 Millionen Euro. Diese Entwicklung soll nach Corona weitergehen.»

Der siebtbeliebteste Bundesliga-Klub

Mit Kaenzig und seinem Geschäftsführer-Kollegen für Sport, Sebastian Schindzielorz, kamen Kontinuität und Ruhe in einen Verein, in dem diese Dinge – auch wegen des Kultstatus – keine Selbstläufer sind. «Aber sie sind elementar für Erfolg. Dies bestätigen mit wenigen Ausnahmen alle Tabellen der Welt», ist Kaenzig sicher. Und um diese zu erreichen, gehöre auch eine «extreme Transparenz» gegenüber Öffentlichkeit und Mitgliedern.

Das alles führt dazu, dass der VfL Bochum in der «Fussballstudie» der Uni Brauschweig, die 4000 Personen nach dem beliebtesten deutschen Verein gefragt hat, 2019 einen Sprung von Platz 19 im Jahr 2018 auf sieben gemacht hat. «Wir haben in ganz Deutschland 13 Millionen Sympathisanten. Das ist enorm. Das sind Dinge, die zeigen, dass es gut läuft. Anderes Beispiel: Wir konnten in der Corona-Krise alle Sponsorenverträge verlängern. Wir hatten nie Theater, sondern nur eine grosse Solidarität, steigende Mitgliederzahlen, Absatzrekorde und eine positive Presse.»

Unabsteigbar, Grönemeyer, Old School

Der VfL Bochum, das ist ein Stück deutsche Fussballkultur. Ein Underdog, der die Grossen oft genug geärgert hat. Der den Nimbus der «Unabsteigbaren» umgehängt erhielt – bevor er seit 1993 sechs Mal (!) abstieg. «Und es ist der Klub mit dem letzten echten Stadion im deutschen Profi-Fussball. Keine Arena, kein Park. Ein Stadion. Mitten in der Stadt. Zu Fuss vom Bahnhof in zwanzig Minuten erreichbar. Englische Atmosphäre. Kein Platz ist weiter weg als 30 Meter vom Spielfeld. Old School. Und die Hymne von Herbert Grönemeyer, die seit rund dreissig Jahren vor jedem Spiel erklingt.»

Die Familie hat Kaenzig in der Schweiz gelassen. «Das ist halt so im Fussball. Auch als Manager. Da bin ich bei weitem nicht der einzige. Das Business ist schnelllebig. Es war nie eine Option, sie mitzunehmen.» So ist Sursee LU seine Homebase. Und er muss auch nicht bei jedem Auswärtsspiel vor Ort sein. Bis zur Pandemie gings mit dem Zug, wenn es der Spielplan erlaubte, zwei Mal im Monat in die Schweiz. «Nun nehme ich das Auto. Das Risiko ist mir im ÖV zu gross.»

«Wenn der Trend stimmt, bist du irgendwann dran.»

Elf Jahre ist Bochum nun in der zweiten Bundesliga zuhause. Das ist für die Nummer 13 in der ewigen Bundesligatabelle einmalig. Nach den fünf Abstiegen zuvor ist man immer postwendend wieder ins Oberhaus hinauf. «Aber es ist eng», sagt Kaenzig, «extrem eng. Wenn aber der Trend stimmt, und der stimmt bei uns, bist du irgendwann dran.» Und wenn er sagt, nur wüsstest Du nicht, wann du dran seist, dann hat das etwas Philosophisches. Als Beispiel dient ihm Leeds United: «16 Jahre mussten die warten.» Dennoch müsse er permanent dem Ruhrpott-typischen Fatalismus entgegenwirken. «Da sagen die Menschen schnell einmal: Okay, das wars mit der ersten Bundesliga….»

Mit dem Aufstieg soll bewiesen werden, dass diese Grundhaltung falsch ist. Und dass Bochum nun dran sei.

2. Bundesliga
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Fortuna Düsseldorf
Fortuna Düsseldorf
5
6
13
2
Karlsruher SC
Karlsruher SC
5
5
13
3
1. FC Magdeburg
1. FC Magdeburg
5
7
11
4
Hamburger SV
Hamburger SV
5
8
10
5
Hannover 96
Hannover 96
5
4
10
6
SpVgg Greuther Fürth
SpVgg Greuther Fürth
5
6
9
7
SC Paderborn 07
SC Paderborn 07
5
3
9
8
1. FC Köln
1. FC Köln
5
5
7
9
Hertha BSC
Hertha BSC
5
0
7
10
1. FC Kaiserslautern
1. FC Kaiserslautern
5
-1
7
11
1. FC Nürnberg
1. FC Nürnberg
5
-2
7
12
SV 07 Elversberg
SV 07 Elversberg
5
3
6
13
Schalke 04
Schalke 04
5
-2
4
14
SSV Jahn Regensburg
SSV Jahn Regensburg
5
-12
3
15
SC Preußen 06 Münster
SC Preußen 06 Münster
5
-6
2
16
SV Darmstadt 98
SV Darmstadt 98
5
-8
2
17
SSV Ulm 1846
SSV Ulm 1846
5
-4
1
18
Eintracht Braunschweig
Eintracht Braunschweig
5
-12
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