Hier hält Sommer den entscheidenden Penalty
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Gegen Weltstar Mbappé:Hier hält Sommer den entscheidenden Penalty

Helden-Interview mit Nati-Goalie Yann Sommer
So wars mit Mbappés Penalty wirklich

Die Schweiz verehrt ihn, Superstar Mbappé wird noch lange an ihn denken: Yann Sommer ist der Nati-Star der EM 2021. Im grossen SonntagsBlick-Interview spricht er über die heissen Penaltysituationen, seine Gefühle rund ums Papi-Werden und was seinen Kopf stark macht.
Publiziert: 11.07.2021 um 00:20 Uhr
|
Aktualisiert: 11.07.2021 um 13:30 Uhr
Interview: Andreas Böni und Steffi Buchli

Yann Sommer (32) sitzt zu Hause in Düsseldorf auf der Terrasse. «Auch hier wirds gleich regnen», sagt er, «stimmts, dass bei euch schon Land unter ist?» Stimmt. Schliesslich gibts in der Schweiz nur einen guten Sommer, sagt ein Internet-Scherz.

Blick: Yann, wie oft haben Sie während des EM-Halbfinals Spanien gegen Italien gedacht: Verdammt, da sollten wir jetzt spielen?
Yann Sommer: Ganz ehrlich: Ich habe nicht viel Fussball geschaut in den letzten Tagen. Das Penaltyschiessen sah ich. Aber ich trauere den Dingen nicht lange nach. Es ist schade, es hat wenig gefehlt. Aber so ist das im Sport.

Was haben Sie seit dem Aus gemacht?
Eigentlich war ich nur Daddy und Ehemann.

Yann Sommer spricht im grossen Interview über seine verrückte EM.
Foto: Nils Grubba
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Was heisst da nur?
Ihr sagt es … (Lacht.) Wir sind umgezogen, da hatten wir noch ein wenig zu tun.

Es waren unglaubliche Wochen für Sie. Fangen wir beim Italien-Spiel an: Wussten Sie schon davor, dass Sie bald Vater werden?
Nein, aber wir haben geahnt, dass es bald losgehen könnte. Wir waren ja die ganze EM immer wie auf Nadeln, es hätte immer so weit sein können. Das war für mich und meine Frau eine angespannte Situation.

Dann kam Ihre Tochter zur Welt und Sie waren kurz zu Hause. Wie hart war es, danach Ihre Kinder wieder zu verlassen?
Es war schwierig, gerade für Mila, die Ältere. Papi kommt und dann geht er gleich wieder. Aber ich kann inzwischen gut wechseln vom Familienvater zum Fussballer. Es ist ein neues Kapitel für die ganze Familie.

Gegen Italien kassierten Sie beim 0:3 noch ein haltbares Gegentor. Sobald Ihre Tochter auf der Welt war, waren Sie gegen die Türkei, Frankreich und Spanien eine Mauer.
Im Italien-Spiel waren wir alle nicht auf der Höhe. Aber wir haben immerhin gegen den Finalisten gespielt.

Was ist zwischen dem Italien- und dem Türkei-Spiel passiert in der Mannschaft?
Wir sind zusammengesessen und haben abgeglichen, was wir voneinander erwarten. Haben uns mit und ohne Trainer in der Gruppe unterhalten. Dieses Team-Treffen war wichtig. Wir redeten über Körpersprache, Leistung, alles, was nicht gestimmt hat. Dann haben wir über unsere Ziele gesprochen. Und gingen Vollgas Richtung Türkei-Spiel.

Dort gab es einen 3:1-Sieg. Vor dem Frankreich-Spiel dachte man dann, dass die Schweiz chancenlos sei. Wie gingen Sie ins Spiel?
Mit sehr viel Mut und Selbstvertrauen. Wir wussten, das ist der Weltmeister. Wir wussten, dass herausfordernde Momente kommen werden. Wir hatten dann eine der schwierigsten Phasen, die wir je als Mannschaft erlebt hatten. Erst der verschossene Penalty bei 1:0-Führung, dann 1:3 zurück in einem Achtelfinal. Es gab da einen Moment, als wir uns auf dem Feld angeschaut haben und uns sagten: Wir glauben dran, wir holen jetzt nochmals alles raus. Und daraus resultierten diese schönen Momente.

Sie haben beim Penaltyschiessen gegen Mbappé mit dem Finger auf die eine Seite gezeigt und sind auf die andere gehechtet. Machen Sie das öfter?
Das war nicht wirklich geplant. Meistens versuchst du im Moment etwas zu machen, um den Spieler aus der Fassung zu bringen. Der Vorteil eines Goalies ist, dass er sich nicht bewegen muss. Der Spieler hat den langen Weg von der Mittellinie bis zum Penalty-Punkt. Der ganze Fokus, all die Kameras sind auf den Schützen gerichtet, er muss noch irgendwo den Ball holen und ihn hinlegen. Das ist der psychologische Moment, der für den Spieler extrem schwer ist, das sagen auch alle Feldspieler. Das ist der Moment, in dem du als Goalie versuchst, ihn zu beeinflussen. Manchmal klappts, manchmal weniger.

Ex-Nati-Goalie Pascal Zuberbühler sagt, man lebe als Goalie für solche Momente.
Ziel ist das Weiterkommen. Da musst du als Goalie halt einen halten, da denkst du nicht ans Glänzen. Du machst einfach deinen Job. Auf dem Weg zum Tor habe ich mir gesagt: Wir haben schon so viel geleistet. Wir müssen einfach weiterkommen. Mit dieser Haltung bin ich in dieses Penaltyschiessen gegangen.

Hatten Sie sich auf die Schützen vorbereitet?
Ein bisschen, unter anderem mit unserem Goalie-Trainer Patrick Foletti. Aber viele vorbereitete Spieler wie Griezmann oder Benzema waren schon nicht mehr auf dem Feld. Die richtig grossen Spieler aber wie Mbappé haben auch nicht mehr diesen einen Penalty, den sie immer bringen. Die sind sehr variabel, wechseln viel und schiessen immer anders.

Haben Sie Mbappé nochmals gesehen?
Nein. Die Franzosen waren enttäuscht und schnell weg.

Haben Sie sich das Penaltyschiessen nochmals angeschaut?
Nein. Ich habe den Penalty in den Medien immer mal wieder gesehen, klar. Aber ich musste im Kopf rasch umschalten und ans Spanien-Spiel denken, das vier Tage später stattfand.

Was haben Sie mit den Handschuhen gemacht, die Sie bei diesem Penalty trugen?
Ich habe sie den Fans verschenkt. Die Emotionen waren schlicht zu gross, ich wollte den Fans einfach etwas zurückgeben. Im Nachhinein habe ich auch gedacht, hättest du doch lieber eine Hose oder ein Shirt gegeben ... Aber ich hoffe, ich habe einem Fan eine Freude machen können.

Fürchteten Sie, dass der Schiri den Penalty wiederholen lässt?
Nein, es war so: Er hat mir schon vor Mbappés Penalty gesagt, ich solle noch nicht losrennen, wenn ich ihn gehalten habe. Es würde erst gecheckt vom VAR, ob ich auf der Linie stand. Als Goalie hast du kein Gefühl dafür. Also wartete ich wie empfohlen, bis er das Tor offiziell gab. Und bin dann losgesprintet. Es wäre ja auch blöd gewesen, wenn ich schon losgerannt wäre und mich dann wieder ins Tor hätte bewegen müssen danach… (Lacht.)

Können Sie sich vorstellen, dass Sie damit ganz viele Menschen zum Weinen vor Glück brachten?
Das checkst du in diesem Moment nicht. In diesem einen Moment spürst du das Stadion, auch viele Rumänen waren voll auf unserer Seite, das war grossartig. Aber als wir sahen, was auf den Strassen in der Schweiz abging, hat uns das sehr berührt.

Hat Ihre Tochter kapiert, dass Papi in der Schweiz ein Held ist?
Sie versteht es, irgendwie zumindest. Die späten Matches darf sie aber natürlich noch nicht live schauen, dafür gibt es ja Wiederholungen.

Als frischgebackener Vater ist man oft extrem emotional. Gab es Momente, in denen Sie den Tränen nahe waren?
Ja, ich bin ein gefühlvoller Mensch. Dieses Turnier, die Reisen, die Geburt – es war unglaublich viel. Sogar die ersten drei, vier Tage nach dem Turnier ist man noch irgendwie im Tunnel. Die Tage, in denen man alles realisiert, sich hinsetzt und bewusst geniesst, kommen erst später. Dann werden alle Emotionen nochmals hochkommen.

Wie haben Sie diesen Popularitätsschub erlebt in der Schweiz?
Mich freut das sehr. Aber mich freute auch, dass wir nach viel Kritik an dieser Mannschaft mal einfach wieder eine rein positive Welle entfacht haben. Mit dem Land zusammen, das berührt die ganze Mannschaft und gibt ihr viel Kraft.

Sie sind stark in der Selbstvermarktung, haben Partnerschaften mit dem TV-Sender Sky, der Uhrenmarke IWC, dem Autohersteller VW und Sie waren das Werbegesicht einer Grill-Kampagne von Coop. Was ist für Sie entscheidend, dass eine Kooperation zu Ihnen passt?
Das Wichtigste ist das Team hinter einer Firma. Ich will langfristig mit Partnern zusammenarbeiten und mich mit dem Produkt identifizieren können resp. authentisch sein. Zudem muss ich mich wohlfühlen, will Spass haben und etwas lernen, am liebsten mag ich es familiär und kreativ. Es ist auch für mich eine Horizonterweiterung neben dem Fussball.

Apropos Grill-Kampagne. Ein interessantes Thema ist bei Ihnen auch die Ernährung. Wie hat sich das während Ihrer Karriere entwickelt?
In unserer Familie ist geniessen, kochen und gut essen immer ein Thema. Und dann spürst du, je älter du wirst, dass du dem Körper Sorge tragen musst. Für mich ist zum Beispiel auch Schlaf das Wichtigste, gerade für den Kopf. Wenns geht, schlafe ich neun Stunden in der Nacht. Und am Tag mal eine halbe Stunde. Wir gehen als Familie dann auch ganz früh zu Bett. Und ich habe mit den Kindern Glück, sie schlafen gut.

Warum haben Sie mit Ihrem Koch-Blog aufgehört?
Ich habe die Zeit nicht mehr. Das ist ja, wenn du gut sein willst, fast ein Fulltime-Job. Ich habe gelernt, gut zu kochen und schöne Fotos zu machen. Aber jetzt ist gut.

Wie viele Nachrichten hatten Sie nach dem Spiel?
Viele, viele. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Jene von der Familie und meinen engsten Freunden freuen mich am meisten.

Wie bleibt Ihnen das Spiel gegen Spanien im Kopf?
Auch viel Positives. Natürlich waren wir sehr enttäuscht, weil wir sehr nahe dran waren. Die Spanier waren dominant, wir haben im gleichen Stadion von St. Petersburg wie an der WM 2018 gegen Schweden im gleichen Tor auf ähnliche Art das 0:1 kassiert und sind wieder aufgestanden. Ich bin super stolz, wie wir durch dieses Turnier gegangen sind.

Wie sehr fehlte Granit Xhaka?
Er ist ein Leader, natürlich fehlte er, seine Führung. Aber wir haben gezeigt, dass andere auch eine starke Rolle innehalten können.

Haben Sie ihm einen Vorwurf gemacht, weil er zwei Mal Gelb wegen Reklamierens sah?
Nein, gar nicht. Das gehört zu so einem Turnier, da gibt es viel Anspannung, Druck und Emotionen. Null Vorwurf, er hat dieser Mannschaft so viel gegeben an diesem Turnier.

Wie oft haben Sie Ihre Gitarre gebraucht während des Turniers?
Wir waren so viel unterwegs, dass ich selten zum Klimpern kam. Wir haben oft zusammen gespielt, ein Brettspiel namens Brändi Dog, Christian Fassnacht hat das mitgebracht. Und gegolft haben wir oder einfach nur geredet miteinander.

Sie sind nun sieben Jahre bei Gladbach. Denken Sie, dass diesen Sommer der Wechsel zu einem Top-Klub folgt?
Ich habe einen Vertrag bei Borussia Mönchengladbach bis 2023 und lasse mich überraschen, was die Zukunft bringt.

Es müsste etwas Grosses kommen, um Borussia Mönchengladbach zu verlassen, oder?
Ich bin in einem sehr tollen Klub, ja, und das schon seit 2014. Ich geniesse momentan all die Sachen, die um mich herum gerade passieren.

Wo sehen Sie Ihren Lebensmittelpunkt nach der Karriere, in Deutschland oder in der Schweiz?
Das wissen wir noch nicht, das müssen meine Frau und ich noch besprechen. Ich habe ja noch einen Vertrag bis 2023 hier und das ist ja auch vom Karriereverlauf abhängig.

Yann Sommer lehnt sich zurück, sagt, er wolle nun die Ruhe geniessen, die Ferien. «Ich brauche immer ein paar Tage nach so einem Turnier, bis ich alles verdaut habe. Ein Ausscheiden ist immer enttäuschend, dann die Rückreise und so weiter. Aber ich fühle mich gut und bin froh, dass ich meine Frau jetzt unterstützen und das Familienleben geniessen kann.»

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Liga A, Gruppe 1
Mannschaft
SP
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1
Portugal
Portugal
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6
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Kroatien
Kroatien
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3
3
Polen
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Schottland
Schottland
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Liga A, Gruppe 2
Mannschaft
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1
Italien
Italien
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Frankreich
Frankreich
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Belgien
Belgien
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Israel
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Liga A, Gruppe 3
Mannschaft
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1
Deutschland
Deutschland
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Niederlande
Niederlande
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Bosnien und Herzegowina
Bosnien und Herzegowina
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Ungarn
Ungarn
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1
Liga A, Gruppe 4
Mannschaft
SP
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1
Dänemark
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Spanien
Spanien
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3
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Serbien
Serbien
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Schweiz
Schweiz
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0
Liga B, Gruppe 1
Mannschaft
SP
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1
Georgien
Georgien
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6
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Albanien
Albanien
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Tschechien
Tschechien
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Ukraine
Ukraine
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Liga B, Gruppe 2
Mannschaft
SP
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1
Griechenland
Griechenland
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5
6
2
England
England
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Irland
Irland
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Finnland
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Liga B, Gruppe 3
Mannschaft
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1
Slowenien
Slowenien
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Norwegen
Norwegen
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Österreich
Österreich
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Kasachstan
Kasachstan
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Liga B, Gruppe 4
Mannschaft
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Türkei
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Wales
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Island
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Montenegro
Montenegro
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Liga C, Gruppe 1
Mannschaft
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1
Schweden
Schweden
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5
6
2
Slowakei
Slowakei
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Aserbaidschan
Aserbaidschan
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0
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Estland
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Liga C, Gruppe 2
Mannschaft
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Rumänien
Rumänien
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Kosovo
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Zypern
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Litauen
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Liga C, Gruppe 3
Mannschaft
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1
Belarus
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1
4
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Bulgarien
Bulgarien
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Nordirland
Nordirland
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Luxemburg
Luxemburg
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Liga C, Gruppe 4
Mannschaft
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Nordmazedonien
Nordmazedonien
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Armenien
Armenien
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Lettland
Lettland
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Färöer
Färöer
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Liga D, Gruppe 1
Mannschaft
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San Marino
San Marino
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1
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Gibraltar
Gibraltar
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Liechtenstein
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Liga D, Gruppe 2
Mannschaft
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1
Moldawien
Moldawien
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Malta
Malta
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Andorra
Andorra
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