Der Meistercaptain von 1986 macht YB trotz allem Mut
Jean-Marie Conz vermisst Leader und Identität

Jean-Marie Conz war der letzte YB-Meister-Captain vor der Titel-Renaissance 2018. Er war zusammen mit Robert Prytz und Georges Bregy der Leader des 86er-Teams. Der Jurassier vermisst solche heute. Aber er macht YB Mut.
Publiziert: 13.08.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2024 um 08:19 Uhr
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Alain KunzReporter Fussball

Mittlerweile hat Jean-Marie Conz (70), der YB-Meistercaptain von 1986, zwei Wohnorte. Einen in der Schweiz und einen in Senigallia unweit von Rimini an der italienischen Adriaküste, wo seine Frau herkommt. Vor fünf Jahren hat er seinen letzten Job an den Nagel gehängt, jenen bei der Fifa. Nun beobachtet er als Pensionär, was bei YB so abgeht. So auch am Samstagabend, als er das Gastspiel der Berner in Yverdon unter die Lupe nimmt.

Dreihundert Prozent Druck hatte er YB im Kellerduell am Neuenburgersee vorausgesagt. Und genauso kams dann auch. Und der Druck im Stade Municipal kulminierte in der Roten Karte gegen Ali Camara, die YB am Schluss den ersten Sieg kostete.

Neuer Trainer, gleiche Probleme

Die Ursachen würden aber tiefer liegen, Conz: «Neuer Trainer, gleiche Probleme! Das Team hat sich doch schon letzte Saison irgendwie durchgewurstelt. Die Probleme waren schon damals offenkundig. Nun sind nicht mehr Raphael Wicky oder Joël Magnin an der Linie, sondern Patrick Rahmen. Die Probleme aber sind geblieben.»

Bedröppelte Berner, auch in Yverdon nach einem durchaus korrekten 2:2.
Foto: Claudio de Capitani/freshfocus
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Und dann redet sich der Mann aus Pruntrut im Jura, naja, nicht gleich in Rage, aber seine Stimme verrät doch eine gewisse Erregung. «Wenn man das gelbschwarze Dress anzieht, dann ist das nicht das Dress irgendeines Drittliga-Klubs. Es ist YB. Ein Klub, der eine gewisse Identifikation einfordert. Doch im Moment habe ich das Gefühl, dass viele Spieler nur ihrer eigenen Karriere willen hier sind. Und YB ihnen egal ist. Um solchen Spielern die YB-Werte zu vermitteln, braucht es Leadertypen. Und die scheinen YB in der Tat abzugehen.»

«Eine Meisterschaft gewinnt man auch in der Kabine»

Man kriege das Gefühl einer gewissen Gleichgültigkeit nach Niederlagen vermittelt. Und das sei schlimm. «Wenn wir verloren hatten, konnte ich jedenfalls nicht schlafen. Das ging ganz tief. Aber heute?»

Die Frage ist rhetorisch. Das Feuer, das brennen muss, um Erfolg zu haben, fehle in diesem Team weitgehend. Es mangle an Persönlichkeit. «Da darf man auch mal auf einen Mitspieler losgehen, wenn der sich nicht voll einsetzt.» Weshalb er die Attacke von Captain David von Ballmoos auf Jaouen Hadjam durchaus nachvollziehen kann.

«Eine Meisterschaft gewinnt man nicht nur auf dem Feld, sondern auch in der Kabine. Man muss reden. Viel reden. Und auch einmal Klartext, wenn das nötig ist.» Dann wäre es nicht zu diesem Fehlstart gekommen, den Conz als «unmöglich» bezeichnet. Erst recht für einen amtierenden Meister.

Die Katastrophenstarts von 1974 und 1994

Er selber hat so eine Situation auch schon erlebt. 1974 wars. «Nach sechs Spielen hatten wir zwei Pünktchen auf dem Punkt», erinnert sich der Jurassier. «Doch plötzlich begann sich alles zu unseren Gunsten zu wenden.» Elfmal blieb YB ungeschlagen. «Plötzlich lief der Ball für uns. Weil wir ruhig geblieben waren.» Denn der Trainer hiess in Spiel eins Kurt Linder – und auch am Ende der Saison.

Anders 1994. Damals war YB das letzte Mal derart schlecht gestartet. Da gabs den ersten Sieg erst in der achten Runde! Es ging los mit einem 1:1 gegen GC. Trainer war Bernard Challandes. Gefolgt von fünf Niederlagen, wieder einem 1:1, diesmal gegen St. Gallen. Bevor es ein 4:0 gegen den FCZ gab. Der Trainer hiess immer noch Challandes. Die Finalrunde verpasste er aber, im März 1995 ging er dann zu Servette. Sein Nachfolger wurde der Sportchef – Jean-Marie Conz …

Trotz aller Probleme bei YB mit den fehlenden Führungsspielern und so – Conz ist überzeugt, dass auch das Team von 2024 die Kurve kriegt. «Die nötige Substanz ist da.» Und wo landete das 74er-Team am Ende? «Wir wurden Vizemeister.» Ein Hoffnungsmacher für Rahmens resultatgeplagte Mannen.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
6
4
13
2
Servette FC
Servette FC
6
-3
12
3
FC Zürich
FC Zürich
5
6
11
4
FC Luzern
FC Luzern
6
4
11
5
FC Basel
FC Basel
6
9
10
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
5
5
10
7
FC Sion
FC Sion
6
4
10
8
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
6
-4
5
9
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
6
-4
4
10
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
6
-7
4
11
FC Winterthur
FC Winterthur
6
-7
4
12
BSC Young Boys
BSC Young Boys
6
-7
3
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