Shaqiri zaubert bereits im ersten Training mit Basel
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Macht Lust auf mehr:Shaqiri zaubert bereits im ersten Training mit Basel

Er ist ein Phänomen
Bleibt Shaqiri auch nach der Karriere beim FCB?

Wie Xherdan Shaqiri (32) richtig heisst. Was Bernhard Heusler, Thorsten Fink, Beni Huggel und Marco Streller sagen. Und wie wichtig das Umfeld um Bruder Erdin für den Zauberwürfel ist.
Publiziert: 25.08.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 25.08.2024 um 13:46 Uhr
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Stefan KreisReporter Fussball

Es ist ein kalter Wintertag im Jahr 2017. Xherdan Shaqiri, damals wie heute einer der bekanntesten Schweizer, ist auf Promo-Tour für ein koffeinhaltiges Kaltgetränk. Er gibt Autogramme, posiert für Selfies, setzt sich in einen überdimensionalen, roten Weihnachtstruck. «Hey Shaq, schon lange nicht mehr gesehen», sagt ein alter Bekannter und streckt ihm die Hand entgegen. Shaqiri lächelt, erwidert den Gruss und antwortet: «Ich dich nicht, nein. Aber du hast mich gesehen.»

Es ist ein typischer Shaqiri-Spruch. Schlagfertig, frech, witzig. Gewürzt mit einer Prise Nonchalance. Klar, hat der Bekannte von früher Shaqiri gesehen. Weil es selbst für Fussball-Laien praktisch unmöglich ist, dem bloss 169 Zentimeter grossen Sympathiebolzen zu entgehen. Shaq ist zu jener Zeit noch omnipräsenter als heute. Auf Plakatwänden, im TV, in den Zeitungen. Auch, weil er in jenen Jahren für alles Mögliche wirbt. Vom Grosshandelsunternehmen bis zum Kreditkartenimperium. Auf die Frage eines kleinen Bubs, ob er Millionär sei, antwortet Shaqiri damals vor sieben Jahren: «Ich bin ehrlich: Ja, das bin ich.»

Shaq stammt aus bescheidenen Verhältnissen

Als er selbst noch ein kleiner Junge ist, ist das anders. Die Familie hat nicht viel, lebt in einem alten Bauernhaus an der Hauptstrasse von Augst BL. Geheizt wird mit Holz. Als der Vater seinen Job als Bauarbeiter verliert, steuert die Mutter als Reinigungskraft etwas Geld zur Sozialhilfe bei. Phasenweise halten die Söhne die Familie mit ihrem Lehrlingslohn über Wasser.

Xherdan Shaqiri feiert auf dem Barfi-Balkon den Meistertitel. Ob sich die Geschichte wiederholen wird?
Foto: Blicksport
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Shaq arbeitet als Kleiderverkäufer im Globus. Nach 18 Monaten aber bricht er die Lehre ab. Weil der FCB ihn zum Profi macht. Bernhard Heusler, der Ehrenpräsident des FC Basel, erinnert sich noch heute an den Moment der Vertragsunterzeichnung: «So etwas habe ich selten erlebt bei einem 18-Jährigen. Für Xherdan ging in diesem Moment ein absoluter Traum in Erfüllung. Es war sehr emotional. Ähnliches habe ich nur noch bei Pascal Schürpf und Roman Buess gesehen.»

Die ganze Familie Shaqiri sei bei den Gesprächen stark involviert gewesen, so Heusler. Schon damals habe Bruder und Berater Erdin im Hintergrund die Fäden gezogen. Und zwar im positiven Sinn. «Xherdan hat mit Erdin und Arber Sakiri richtig gute Menschen an seiner Seite. Menschen, die ihn kennen. Die ihn nehmen, wie er ist. Meiner Meinung nach wurde er in seiner Karriere sehr gut beraten.» 

Kritische Stimmen, wonach der Wechsel zum grossen FC Bayern ein Fehler gewesen sei, wischt Heusler vom Tisch. «Das ist realitätsfremd. Wenn dich Bayern München will, dann ist das ein Ritterschlag. Und es war klar, dass er diesen Wechsel machen muss und wird.»

Geduld wird belohnt

Schon früher gibts lukrative Angebote für den Linksfuss, Shaq aber bleibt noch ein wenig in Basel, gewinnt drei Meistertitel, spielt Champions League. Unvergessen, wie er in der Finalissima 2010 einen gewissen Seydou Doumbia, seines Zeichens Top-Torschütze der Liga, abmeldet. Als Linksverteidiger. «Das war eine ähnliche Leistung wie einst Roberto Carlos. Einfach top. Xherdan halt», sagt sein damaliger Trainer Thorsten Fink. Für ihn sei Shaq noch immer der Junge von früher und kein alternder Fussballer. «Man spürt bei ihm noch immer die jugendliche Energie, die Freude auf dem Platz. Er war schon immer ein kleiner Spitzbub mit einer unglaublich positiven Aura.» 

Für Marco Streller, der mit Shaqiri sowohl beim FCB als auch in der Nati kickte, wäre Shaq als Linksverteidiger eine Verschwendung gewesen: «Das wäre gewesen, wie wenn man Perlen vor die Säue wirft. Sein linker Fuss ist fantastisch, sein erster Kontakt technisch brillant. Du kannst ihn zwischen den Linien immer anspielen. Und er hat eine unglaubliche Schusstechnik.» 

Benjamin Huggel, die zweite FCB-Legende, erinnert sich noch gut daran, als Shaq vom Nachwuchs in die 1. Mannschaft gekommen ist: «Wir haben schon zuvor von ihm gehört. Dass da einer kommt, der zwar nicht sehr gross, aber unglaublich talentiert sei», sagt Huggel. Frech sei Shaqiri gewesen. Und unbekümmert. Tunnelschieben habe er zwar nicht probiert, so der SRF-Experte. Aber seine Qualität sei von Anfang an sehr hoch gewesen. 

Für Heusler sind Persönlichkeiten wie Xherdan Shaqiri der Grund, warum der Fussball die Menschen so fasziniert: «Seine spürbare Freude am Spiel zeichnet Xherdan aus. Er hat das gewisse Etwas. Er löst – wie Hakan Yakin und Matias Delgado – auch deshalb besonders starke Emotionen aus, weil wir uns zu gerne mit seiner Genialität und Schlauheit identifizieren. Nichts, was er auf dem Platz tut, wirkt wie harte Arbeit oder Pflichterfüllung. Er schenkt uns die Illusion, wir könnten und möchten auch dabei sein, was uns in anderen Hochleistungssportarten nicht in den Sinn kommt.»

Shaq umdribbelt Hindernisse souverän

Auch neben dem Rasen umdribbelt Shaq die meisten Hindernisse souverän. Als er im Alter von 20 Jahren im Heimspiel gegen Spartak Moskau die bislang einzige Rote Karte seiner Karriere sieht, steht er hinterher in der Interviewzone seinen Mann. «Ich wurde oft gefoult und herumgestossen. Ich war geladen und habe meinen Arm rausgestreckt, ja», sagt Shaqiri. Ausreden aber wolle er keine suchen: «Es ist mein Fehler, das darf einem Fussballprofi nicht passieren.»

Übel nimmt man Shaqiri fast nichts. Weil er volksnah ist, ein Sympathieträger, schon in jungen Jahren. Beim FCB begrüsst er die Trainingsgäste jeweils alle per Handschlag, auch für Schabernack ist er fast immer zu haben. Einmal versteckt er sich bei einem Shooting auf dem Sportplatz seines Jugendvereins Augst hinter einem Busch und erschreckt die Fotografin fast zu Tode. Und als Blick wissen will, wie dick seine Oberschenkel sind, lässt er sich beim Messen fotografieren. 60 Zentimeter. Kraftwürfel wird er in der Folge genannt. Oder Zauberzwerg. Oder Zauberwürfel. Das gefällt ihm erst nicht so richtig, dann findet er es witzig. Dass es die Journalisten nicht fertigbringen, seinen Namen richtig auszusprechen, dürfte ihn geärgert haben. Beschwert hat er sich nie. Statt «Scherdan Schakiri» heisst Shaq eigentlich «Dscherdan Schadschiri». Auch mit 32 Jahren kennt die Fussballschweiz einen seiner berühmtesten Söhne unter falschem Namen. 

Grosser Unterhaltungswert

Dass er auch neben dem Rasen grossen Unterhaltungswert besitzt, demonstriert Shaqiri an der EM 2016, als er für einen den grössten Lacher der Schweizer Fussballgeschichte sorgt. Weil die Trikots der Schweizer Nati reissen, sagt Shaq nach dem Spiel: «Ich hoffe, dass unser Ausrüster Puma keine Pariser macht, sonst wäre das nicht gut.»

Shaq aber kann auch hässig werden. Als vor der Euro in Deutschland Fragen zu seiner Fitness aufkommen, wirkt er gereizt. «Eine dumme Frage», sei das. Er sei Profi, habe bei Chicago viele Spiele gemacht und sei nicht hier, um Urlaub zu machen. Und als er vor vielen Jahren, noch als Bayern-Profi, darauf angesprochen wird, dass er nicht ganz so oft zum Einsatz komme, wie er sich das vielleicht gewünscht habe, reagiert er ebenfalls ziemlich sauer. 

«Ein Spieler wie Shaqiri braucht Vertrauen», sagt sein Förderer Thorsten Fink zu diesem Thema. Ob auch Fabio Celestini bedingungslos auf seine Nummer 10 setzen wird? Am Sonntag gegen Yverdon steht Shaq zum ersten Mal im Kader, ein Startelfeinsatz aber kommt wohl noch zu früh.

Bleibt Shaq dem FCB auch nach der Karriere erhalten?

Als Joker aber dürfte der verlorene Sohn eingesetzt werden, schliesslich herrscht im Joggeli eine regelrechte Shaq-Mania. Über 24'000 Tickets sind bereits verkauft, drei Sektoren ausgebucht, das sind 8000 Tickets mehr als noch vor dem letzten Heimspiel gegen Lugano. 

Der FCB empfängt seinen verlorenen Sohn wie einen König. Und der dürfte der Region noch länger erhalten bleiben. Bis 2027 hat Shaq unterschrieben. Möglich, dass er noch länger für Rotblau unterwegs sein wird. Vielleicht als Botschafter, Sponsorenbetreuer, Marketingexperte, Klubpräsident. Am richtigen Spruch zur richtigen Zeit würde es jedenfalls nicht mangeln. Und das ist im Leben manchmal schon die halbe Miete. 

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Servette FC
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FC Zürich
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FC St. Gallen
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FC Sion
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Grasshopper Club Zürich
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