Der neue FCZ-Turm wurde einst von einem Schiff gerammt
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Sobiech ist eine grosse Nummer:Der neue FCZ-Turm wurde einst von einem Schiff gerammt

Sobiech ist eine grosse Nummer und hat viel zu erzählen
Der neue FCZ-Turm wurde einst von einem Schiff gerammt

Zum neuen FCZ-Abwehr-Riesen Lasse Sobiech (196 Zentimeter) kann man auch neben dem Platz hochschauen.
Publiziert: 26.09.2020 um 10:11 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2020 um 11:37 Uhr
Michael Wegmann

Trotz 1:2-Pleite gegen YB wählt BLICK den neuen FCZ-Abwehrchef Lasse Sobiech ins Team der Runde. Und auch beim FCZ schwärmt man vom 29-jährigen Deutschen: «Lasse hat ein starkes Spiel gezeigt, er hat hinten alles rausgeputzt, was möglich ist. Ich glaube, er hat eine Zweikampfquote von fast 100 Prozent», sagt Goalie Yanick Brecher. Trainer Ludovic Magnin meint: «Ich will vorsichtig sein mit zu frühem Lob. Aber er hat eine sehr gute Leistung gezeigt.»

Dabei ist es das erste Spiel von Sobiech, dem Leihspieler des 1. FC Köln, seit Monaten. Er sagt: «Wenn wir keine Punkte holen, bin ich nie zufrieden. Aber persönlich freut es mich, dass es körperlich ganz gut geklappt hat. Gegen Ende der Partie merkte ich aber schon, dass ich länger nicht gespielt habe.» Sobiech hat den Auftrag, die löchrige FCZ-Defensive (72 Gegentore in der letzten Saison) zu stabilisieren ­– auch heute gegen Lugano. Er soll organisieren, Präsenz markieren, ausputzen. Wenn’s sein muss, auch rustikal. «Das ist mein Spiel. Ich bin kein kleiner Dribbler, sondern vielmehr ein Spieler, der in die Zweikämpfe und auf die Kopfbälle geht», sagt er.

1,96 Meter grosser Hühne

Auch kein Wunder bei einer Körpergrösse von 1,96 Metern. Mit seinen fast zwei Metern fühle er sich gut, sagt Sobiech, «ich mag es lieber obenauf zu sein und frontal in die Zweikämpfe zu gehen.» Sobiech ist der grosse Hoffnungsträger beim FCZ. Ein Leader auf dem Feld. Direkt, selbstsicher, reflektiert und sympathisch sein Auftreten daneben. Wer mit ihm spricht merkt sofort: Da sitzt kein Fussballer, dessen Welt an der Seitenlinie endet. Der Horizont des grossen Fussballers reicht weit übers Stadiondach hinaus.

Der neue FCZ-Hühne Lasse Sobiech geht keinem Zweikampf aus dem Weg.
Foto: Sven Thomann
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Kein Wunder hat er sich in seinen insgesamt fünf Jahren beim FC St. Pauli wohl gefühlt. «Ich schätze die Werte des Vereins. Man setzt sich da mehr als anderswo für Minderheiten ein. Das passt sehr gut zu meinen persönlichen Werten.» Seine Eltern hätten ihm Toleranz und Dankbarkeit mit auf den Weg gegeben, sagt er. «Wir haben nur Glück, dass wir hier so aufwachsen können, wie wir aufwachsen. Deshalb sollte jeder, der kann, denjenigen Menschen helfen, die weniger Glück gehabt haben.»

Politisches Zeichen gesetzt

Sobiech redet und handelt. So hat er vor fünf Jahren im Rahmen von «Refugees Welcome» («Flüchtlinge Willkommen») mit dem damaligen HSV-Goalie René Adler in einem Flüchtlingszelt übernachtet, um ein Zeichen zu setzen. So engagiert er sich seit längerer Zeit zusammen mit einem Kumpel in einem Township in Somerset West in der Nähe von Kapstadt für eine Fussballschule. «Die Kinder dürfen da Fussballspielen und müssen zur Schule», sagt Sobiech, der nicht nur Spendengelder organisiert, sondern auch ab und zu vor Ort mithilft. Sobiech hat auch ein Patenkind in Kenia, mit welchem er engen Kontakt hält.

Aber Sobiech hilft nicht nur. Er ist auch interessiert, will wissen, wem er hilft. Dazu geht er auch ungewöhnliche Wege. Es ist noch nicht lange her, da hat er versucht, während eines Monats in Hamburg mit einem Hartz-IV-Gehalt über die Runden zu kommen. Das sind 432 Euro im Monat. «Mich interessierte, wie ich leben und auf was ich verzichten muss, damit das Geld reicht», so Sobiech. Er hat einen Budgetplan erstellt, kostengünstig eingekauft. Oder ab und an gleich für mehrere Tage gekocht. Spontan einen Kaffee trinken, auswärts essen, Netflix. Das hat alles nicht mehr drin gelegen. Sobiech: «Es ist mir nicht schwer gefallen, ich kann mich schnell neuen Gegebenheiten anpassen. Aber natürlich ist es komplett was anderes, wenn du weisst, dass du in einem Monat wieder in dein altes Leben zurückkannst.»

Grosser Mann. Grosses Engagement. Und eine grosse Geschichte hat er auch erlebt. Und weil diese glimpflich ausgegangen ist, gehört sie in jede Aufzählung der «kuriosesten Fussballer-Verletzungen». Vor seiner ersten Saison als Profi bei Borussia Dortmund reist Sobiech, 19-jährig, im Sommer 2010 mit seiner Freundin für ein Wochenende nach Hamburg. Die beiden wollen eine Rundfahrt auf der Alster machen und legen sich auf den Steg, um auf das Schiff zu warten. «Wir haben uns hingelegt, in den Himmel geschaut und uns nichts dabei gedacht.» Sobiech lässt dabei das linke Bein über den Steg baumeln. Ein fataler Fehler, der ihm fast die Karriere kostet. Denn in diesem Moment steuert der 40 Tonnen schwere Ausflugsdampfer «Schleusenwärter S.C.» auf den Anleger zu. Und kracht mit voller Wucht gegen sein linkes Schienbein. «Das Boot hat früher angelegt und nicht gehupt. Wir haben nichts mitbekommen. Ich hatte riesiges Glück, dass das Schiff rundherum eine Gummileiste hatte. Der Kapitän meinte, dass es mir sonst womöglich das Bein abgetrennt hätte», sagt Sobiech und zeigt auf sein linkes Schienbein. «Trotzdem hats höllisch wehgetan. Es war alles gequetscht, ich konnte einen Monat meine Zehen nicht mehr bewegen.»

Meister mit dem BVB

So aber trainiert er nur wenige Wochen nachdem er von einem Schiff gerammt worden ist, bereits wieder unter Jürgen Klopp und wird Ende Saison mit dem BVB gar Meister. Zu einem Bundesliga-Einsatz hats ihm in der Meistersaison zwar nicht gereicht, eine Medaille hat er dennoch. «Ich fühle mich so als passiver deutscher Meister. Oder sagen wir es so: Ich war dabei, als Dortmund Meister geworden ist. Ich war im Training, und mir reichte es für vier bis fünf Bankeinsätze. Hummels und Subotic waren damals gesetzt, die waren ja auch nicht so schlecht», sagt Sobiech und lacht.

Mittlerweile hat er 35 Partien in der 1. Und 148 Spiele in der 2. Bundesliga absolviert. Für St. Pauli, Köln, den Hamburger SV und Greuther Fürth. Jetzt freut er sich, zusammen mit seiner Freundin, die gerade eben ihr Studium in Köln beendet hat, das Abenteuer in Zürich in Angriff zu nehmen. Der grosse FCZ-Abwehrturm dürfte Spuren hinterlassen. In der FCZ-Kabine, bei den Gegenspielern auf dem Platz, und sicher auch daneben.

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
6
4
13
2
Servette FC
Servette FC
6
-3
12
3
FC Zürich
FC Zürich
5
6
11
4
FC Luzern
FC Luzern
6
4
11
5
FC Basel
FC Basel
6
9
10
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
5
5
10
7
FC Sion
FC Sion
6
4
10
8
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
6
-4
5
9
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
6
-4
4
10
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
6
-7
4
11
FC Winterthur
FC Winterthur
6
-7
4
12
BSC Young Boys
BSC Young Boys
6
-7
3
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