Leichtathleten kriegen 50'000 Dollar für Olympiasieg
Umstrittene Gold-Prämie spaltet die Sport-Schweiz

Das gabs noch nie. In der Leichtathletik bezahlt der Weltverband den Olympiasiegern von Paris 2024 eine Prämie. Die Idee kommt im Schweizer Sport völlig unterschiedlich an. Die Blick-Umfrage.
Publiziert: 26.04.2024 um 20:07 Uhr
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Aktualisiert: 26.04.2024 um 20:12 Uhr

Es ist ein historischer Durchbruch. Oder je nach Sichtweise viel eher ein historischer Tabubruch. Der Leichtathletik-Weltverband wird in Paris seine Goldgewinner mit 50'000 Dollar, das sind umgerechnet 45'600 Franken, belohnen. Mit Geld, das er aus den Gewinnbeteiligungen vom IOC erhält. 

Olympia-Preisgeld vom Weltverband? International kassiert World-Athletics-Boss Sebastian Coe neben viel Zustimmung auch heftige Kritik. Blick hörte sich im Schweizer Sport um. Zuerst bei der Leichtathletik selber. «Wir haben den Entscheid von World Athletics zur Kenntnis genommen. Diese Neuerung ist eine Annäherung an die Praxis, wie sie in der Leichtathletik schon bei Weltmeisterschaften praktiziert wird», sagt Leistungssportchef Philipp Bandi.

Abseits der Leichtathletik gibts aber auch bei uns zwei Fronten. Der Schiessverband etwa hätte liebend gerne eine ähnliche Honorierung. «Wir würden es begrüssen, wenn der Weltverband Prämien ausbezahlen würde. Die Athletinnen und Athleten leben genau von solchen Einnahmen. Dies verstösst nicht gegen den olympischen Geist. An Olympia stehen praktisch nur noch Profi-Sportler am Start», teilt Swiss Shooting mit.

Nina Christen gewann in Tokio Olympia-Gold, sie sagt über das neue Leichtathletik-Modell mit der Siegprämie für Paris: «Ich finde diese Entlöhnung richtig. Gerade in unserem Sport verdienen wir nicht sehr viel.»
Foto: keystone-sda.ch
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Olympiasiegerin Nina Christen würde Goldprämie begrüssen

Mit ihrer Goldmedaille in Tokio wäre Schützin Nina Christen (30) Profiteurin einer Prämie gewesen. Zwar hat sie damals mit den Erfolgsprämien von Swiss Olympic und Swiss Shooting auch bereits rund 50'000 Franken eingenommen. Christen: «Ich finde diese Entlöhnung richtig. Gerade in unserem Sport verdienen wir nicht sehr viel. Die Besten sollen für ihre Leistungen auch entsprechend entschädigt werden. Der Geld-Betrag ist eine Würdigung unserer Leistung. Zudem kann man einen Teil für die Zukunft auf die Seite legen.»

Dass es im Erfolgsfall bereits Prämien durch Swiss Olympic und die nationalen Verbände gibt, erwähnt auch Swiss Cycling. Der Radverband schlägt aber vor, dass ein Weltverband bei Erfolgen lieber nationale Verbände mit der Vorgabe der Nachwuchsförderung entschädigen sollte. «Unseres Erachtens ist der Ansatz von World Athletics nicht zu begrüssen», schreibt Swiss Cycling, «In den meisten Sportarten lassen sich olympische Goldmedaillen kommerzialisieren. Zudem dürften die meisten Gewinnerinnen und Gewinner bereits von ihren nationalen olympischen Verbänden mit Prämien belohnt werden. Im Fall der Leichtathleten wird sich die Schere zwischen Arm und Reich nun einfach noch weiter öffnen.»

Mountainbike-Legende Thomas Frischknecht (54) sieht auch in seiner Sparte keine Not: «In unserem Fall gäbe es viel dringenderen Handlungsbedarf beim Preisgeld im Weltcup als an Olympia. Der Sieger im Shorttrack kriegt gerade mal 1500 Franken, was angesichts der gebotenen Show viel zu wenig ist.»

Klare Absage vom Tennis, Kritik vom Ruderverband

Auch im Tennis hatte die Schweiz mit Belinda Bencic (27) in Tokio eine Olympiasiegerin. Aber Swiss-Tennis-Präsident René Stammbach sagt klipp und klar: «Swiss Tennis unterstützt die Idee von Prämien im Rahmen der Spiele grundsätzlich nicht. Diese würden dem Charakter von Olympia nicht entsprechen. Das Streben nach olympischen Medaillen hat seinen eigenen, nicht in erster Linie finanziellen Anreiz.»

Doch klar ist: Im Unterschied zum Tennis mit den lukrativen Grand Slams sind viele Sportarten olympisch, für die die Spiele das ganz grosse Highlight ist. Eine Sportart wie zum Beispiel Rudern. Doch Swiss-Rowing-Boss Christian Stofer ist dennoch kritisch: «Ich würde es nicht begrüssen, wenn World Rowing ebenfalls Prämien aussetzen würde. Die finanziellen Mittel sind dort vermutlich gar nicht vorhanden. Wichtiger als die Prämien bei Olympia oder Diskussionen darüber ist das Schweizer Fördersystem, das die Athletinnen und Athleten über Jahre unterstützt, um überhaupt in die Lage zu kommen, um bei Olympischen Spielen starten zu können.»

Auch Kanu gehört zu den kleinen Sportarten, wo der Idealismus und nicht die Gagen gross sind. Dimitri Marx (25) ist Kanu-Weltcupsieger und sagt: «In unserer Sportart, wo es grundsätzlich keine Preisgelder gibt, würde ein solcher Bonus viele Athleten sicherlich finanziell unterstützen. 50'000 Dollar wäre eine grosse Hilfe und Erleichterung, um eine Wettkampfsaison zu planen und zu finanzieren.» 

Aber selbst Marx sagt dann eben auch: «Ich finde, an Olympia sollte es trotz allem primär nicht um das Geld gehen.» Womit wir wieder beim Kern des Goldprämien-Dilemmas sind.

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