«Für mich ist St. Moritz meine zweite Heimat»
1:44
Max Studer im Interview:«Für mich ist St. Moritz meine zweite Heimat»

Vom beschaulichen Engadin in die Weltmetropole
Olympia-Triathlet Studer zeigt sein Trainingsparadies

Einerseits beschaulich und friedlich, andererseits ein Zentrum für die besten Ausdauerathleten der Welt: St. Moritz in den Bündner Bergen ist auch der Lebensmittelpunkt von Olympia-Triathlet Max Studer (28). Ein Besuch kurz vor der Abreise nach Paris.
Publiziert: 29.07.2024 um 18:41 Uhr

Die Leichtathletikbahn in St. Moritz gleicht einem Bienennest. Athleten kommen und gehen, schnüren sich beim Eingang ihre Laufschuhe, spulen ihre Runden ab, alleine oder in Gruppen. Es wird diskutiert, analysiert. Trainer laufen mit Plastikkegeln umher, die Stoppuhr umgehängt.

Der Schweiss perlt in der Engadiner Sonne auf den Köpfen der Athleten. Manchmal herrscht bei diesem regen Betrieb auf der Tartanbahn sogar Stau, wenn eine Trainingsgruppe verlangsamt, die Stoppuhr piepst und laut durchgeatmet wird. Geschickt weichen die schnellen, konstanten Läufer auf die nächste Bahn aus, um sich danach vor der Kurve sofort wieder auf der Innenseite anzuordnen. Einer von ihnen ist Max Studer (28), Spitzen-Triathlet aus dem Kanton Solothurn. Vor ihm das grosse Ziel, um das sich im Moment alles dreht: Olympia 2024. Mittlerweile ist Studer in Paris und bereit. Am Dienstagmorgen gilt es ernst (8 Uhr).

Das Triathlonprogramm in Paris

Olympische Sommerspiele, der Triathlon in Paris: 1,5 km Schwimmen (in der Seine), 40 km Velofahren, 10 km Laufen. Bei den Männern für die Schweizer am Start: Adrien Briffod, 2.8.1994, Clarens VD und Max Studer, 16.1.1996, Kestenholz SO. Das Rennen der Männer beginnt am Dienstag um 8 Uhr. Allerdings: Ob wirklich gestartet wird, erfahren die Männer erst um 3.30 Uhr. Grund ist das verschmutzte Wasser in der Seine. Bei den Frauen am Start: Julie Derron, 10.9.1996, Zürich und Cathia Schär, 20.10.2001, Mézières VD. Das Rennen der Frauen findet am 31. Juli statt. Die Mixed-Staffel geht am 5. August über die Bühne.

Max Studer hat sich ein klares Ziel für Paris gesetzt: «Ich will eine Medaille gewinnen.»
Sven Thomann

Olympische Sommerspiele, der Triathlon in Paris: 1,5 km Schwimmen (in der Seine), 40 km Velofahren, 10 km Laufen. Bei den Männern für die Schweizer am Start: Adrien Briffod, 2.8.1994, Clarens VD und Max Studer, 16.1.1996, Kestenholz SO. Das Rennen der Männer beginnt am Dienstag um 8 Uhr. Allerdings: Ob wirklich gestartet wird, erfahren die Männer erst um 3.30 Uhr. Grund ist das verschmutzte Wasser in der Seine. Bei den Frauen am Start: Julie Derron, 10.9.1996, Zürich und Cathia Schär, 20.10.2001, Mézières VD. Das Rennen der Frauen findet am 31. Juli statt. Die Mixed-Staffel geht am 5. August über die Bühne.

Mehr

«Ich will um eine Medaille mitkämpfen», sagt Studer selbstbewusst. Er befindet sich in den letzten Zügen der Vorbereitung, als er Blick zwei Wochen vor dem Start sein Trainingsparadies zeigt. Hier auf gut 1800 Metern über Meer, eingebettet in den Bündner Bergen, findet er perfekte Bedingungen vor. «Das ist mein Platz, den ich gefunden habe, wo ich mich optimal vorbereiten kann.». Seit einigen Jahren mietet er deshalb mitten in St. Moritz eine Wohnung und lebt hier – wenn er nicht gerade für Trainingslager oder Wettkämpfe unterwegs ist oder in seiner Heimat Kestenholz SO weilt.

Idyllisch: im Vordergrund Max Studer beim Rad-Training, im Hintergrund der St. Moritzersee und die Berge.
Foto: Sven Thomann
1/16

St. Moritz, das Spitzensportler-Mekka

Im berühmten Wintersport-Ort wimmelt es auch im Sommer von Top-Athleten. Italienisch, Norwegisch und Chinesisch wird gesprochen. Auch Norwegens Lauf-Star Jakob Ingebrigtsen (23), Olympiasieger 2021, dreht hier regelmässig seine Runden. Oder die Schweizer Ironwoman Daniela Ryf (37), die sich im Engadin für die letzten Rennen ihrer ruhmreichen Karriere noch einmal aufbäumt. Die Trainingsgruppe von Erfolgscoach Brett Sutton (65), zu der Studer angehört, ist hier stationiert.

Nur wenige Hundert Meter von der Leichtathletikbahn und vom Schwimmbad entfernt wohnt Max Studer. Beim Blick vom Balkon auf die Strasse sehe er immer mal wieder internationale Topathleten vorbeirennen. Mittlerweile ist Freundin Alanis Siffert (22) bei ihm eingezogen, die ebenfalls Triathlon auf Spitzenniveau betreibt. So stehen zwei Hometrainer in der Stube. Auf einem montiert Studer sein Rennrad und spult den letzten Teil der Trainingseinheit ab.

Nach dem lockeren Ausfahren zeigt er die grüne Umgebung. In der Freizeit verbringt er viel Zeit in der Natur. Direkt vor dem Haus sprudelt der kalte Fluss, der Inn. Hier geht Studer für Blick eine Medaillenwette ein. «Wenn ich in Paris eine Medaille hole, dann schicke ich euch ein Video, wie ich hier im kalten Fluss ein Schwimmtraining mache», lacht er.

Bei Olympia in Tokio hat er Blut geleckt

Wie stehen denn nun seine Chancen? Studers Olympia-Debüt 2021 in Tokio habe viel bewirkt, sagt er. «Ich konnte damals lange um die Medaillen mitlaufen, erst in der zweiten Hälfte der Laufstrecke bin ich dann leicht zurückgefallen und wurde Neunter. Das hat mir die Augen geöffnet, dass ich nächstes Mal an den Olympischen Spielen die Laufstärke haben will, um vorne dabei zu sein.»

Tatsächlich: Drei Jahre später ist er läuferisch so gut, wie noch nie. «Ja, definitiv», pflichtet Studer bei. Er gewann Ende Juni in Wien einen Strassenlauf über 5000 m, trotz Reisestress. In 13 Minuten und 25 Sekunden katapultierte er sich in die Top 8 der Allzeit-Besten der Schweizer Läufer – als Triathlet! Und dies, obwohl seine Vorbereitung in diesem Frühling aufgrund von Verletzungen, Krankheit und wenig Rennpraxis nicht optimal war.

Eine riesige Fangruppe in Paris

So lautet die Devise für den Auftritt in Paris, beim Schwimmen möglichst mit der Spitze mitzuhalten, um sich auf der 40-km-Radstrecke durch die Metropole für den abschliessenden 10-km-Lauf in Position zu bringen. Dort wird er schwer zu schlagen sein. Studers Einschätzung: «Ich bin ein Aussenseiter für eine Medaille, aber ich fühle mich sehr wohl in dieser Position.»

Viel zusätzlichen Antrieb wird Studer in Paris vom Strassenrand erhalten. Etwa 100 Leute reisen extra für ihn an, um ihn beim Schwimmen in der Seine, beim Radfahren und Laufen im Herzen der Stadt zu unterstützen. Vom beschaulichen St. Moritz in die Weltmetropole. Ein Bienennest von Spitzensportlern sind in diesen Tagen beide Orte. Doch das Treiben im Engadin wird nur ein ganz kleiner Vorgeschmack gewesen sein von dem, was die Sportwelt jetzt in Paris erwartet.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?