«Para-Graf» erobert SRF-Abendprogramm
«Die lange Sendung ist für mich als Spastiker besser»

Mit mehr Liveschaltungen zu den Paralympics in Paris und Talk-Gästen hat «Para-Graf live» 2024 ein neues Format. Moderator Jahn Graf über seinen TV-Marathon bei SRF, seinen Weg vom «hoffnungslosen Sonderschüler» in die reguläre Arbeitswelt und den Stand der Inklusion.
Publiziert: 05.09.2024 um 19:09 Uhr
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Matthias DubachLeiter Reporter-Pool Blick Sport

Der Donnerstagabend ist eine Ausnahme, weil die Fussball-Nati und Weltklasse Zürich die Sendeplätze beanspruchen. Doch ansonsten gehört seit Paralympics-Start die Sendung «Para-Graf live» fix zum SRF2-Abendprogramm. Zur besten Sendezeit täglich über drei Stunden auf Sendung: Jahn Graf (34). Der Mann im Rollstuhl mit dem Hut, erobert die Schweizer Stuben. 

Und zwar erstmals so richtig. Denn «Para-Graf» war bei den Paralympics Tokio 2021 und Peking 2022 noch ein 30-minütiges Magazin. Für 2024 wurde ausgebaut: Mehr Liveschaltungen nach Paris, mehr Talk-Gäste. Dazu SRF-Mann Olivier Borer als Co-Moderator neben Graf. «Durch die längere Sendung ist die Vielfalt der Themen grösser, das ist genial. Wir haben die meiste Sendezeit im deutschsprachigen Raum», sagt Graf zu Blick. Vor allem zur Primetime: Bei ORF, ZDF und ARD gibts die Paralympics nach Feierabend nur marginal zu sehen. 

Eigenes Geld verdienen: «Gibt ein sehr gutes Selbstwertgefühl»

Para-Graf ist näher am Para-Sport als früher. Führte leise Kritik aus der Sportlerszene dazu? Graf verneint und sagt: «Das Format war schon länger so geplant. Die Feedbacks von den Sportlern sind sehr gut, sie freuen sich über die gewachsene Präsenz.»

Jahn Graf ist auf Sendung: Täglich berichtet er im SRF-Format Para-Graf über die Paralympics in Paris und Inklusionsthemen.
Foto: SRF/Miriam Kuenzli
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Der Zuger aus Cham macht Inklusion am TV sichtbar. Graf erlangte als Youtuber einen Namen, woraus die «Para-Graf»-Premiere vor drei Jahren entstand. Mittlerweile ist sein einstiges Youtube-Format «Jahns rollende Welt» ein Podcast geworden. Daneben tritt Graf als Moderator auf und hält Vorträge. «Dazu bin ich kürzlich am Kleintheater Luzern Inklusionsverantwortlicher geworden», sagt Graf.

Der 34-Jährige, der seit seiner Geburt spastisch gelähmt ist, wirbelt auf allen möglichen Kanälen. «Ich verdiene mein eigenes Geld, weshalb ich neben der IV-Rente und der Hilflosenentschädigung auf keine Ergänzungsleistungen mehr angewiesen bin. Das ist schön und gibt mir ein sehr gutes Selbstwertgefühl.»

Graf ist mit seiner Popularität in eine Vorbildrolle gewachsen. «Ich hoffe, dass ich vor allem junge Menschen inspirieren kann. Ich war ein klassischer Sonderschüler, dem keine Chance gegeben wurde. Doch jetzt erwirtschafte ich ein eigenes Einkommen.»

Eine Frage der Energie – auch beim TV-Marathon

Graf ist sich bewusst, dass ihm der Zeitgeist in die Karten spielt. Dass zum Beispiel Menschen mit Sprachstörung wie der Zürcher Politiker Islam Alijaj in den Nationalrat gewählt werden, sei vor rund 15 Jahren ebenso undenkbar gewesen wie sein Auftritt im SRF-Abendprogramm. Doch im Alltag ist zum Beispiel der ÖV nach wie vor eine grosse Baustelle. Eine Reise mit Rollstuhl kostet Graf oft Energie, die er als Beeinträchtigter sowieso reduziert zur Verfügung hat.

Was bedeutet das bei seinem aktuellen TV-Marathon? «Teilweise habe ich gegen Ende der Sendung etwas mehr Mühe mit Reden», sagt Graf, «aber insgesamt ist die lange Sendung für mich als Spastiker besser, da mehr Zeit da ist, um die Worte zu finden. Und mit Olivier an meiner Seite fühle ich mich sehr wohl. Wir teilen uns die Vorbereitung auf, das hilft auch sehr.»

Auf Sendung ist Graf auch am Donnerstag, wenn Para-Graf wegen Weltklasse und Fussball ins Netz ausweicht. «Nach den Paralympics brauche ich dann mal eine Pause!»

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