Es liegt nicht nur am Millionen-Gehalt
Darum wechselt Rad-Star Hirschi in die Wüste

Rad-Ass Marc Hirschi wechselt trotz laufendem Vertrag für drei Jahre zum UAE Team Emirates. SonntagsBlick nennt die Hintergründe des Transfers.
Publiziert: 11.01.2021 um 09:24 Uhr
Mathias Germann

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Im Fall von Marc Hirschi (22) und seinem spektakulären Wechsel vom Team DSM (früher Sunweb) zum UAE Team Emirates gilt dies mehr denn je. Es liegen nervenaufreibende Wochen hinter dem Sportler des Jahres 2020.

In der offiziellen Medienmitteilung wird Hirschi wie folgt zitiert: «Ich danke meinem alten Arbeitgeber für die letzten drei Jahre. Nun freue ich mich auf das UAE Team Emirates – ich bin wirklich aufgeregt.» Sein Manager Fabian Cancellara meint: «Ich bin sehr stolz auf Marc. Als Berater ist es wichtig, dass mein Athlet in einem Umfeld arbeiten kann, das ihn gleichermassen herausfordert und ermutigt. Und ich weiss, dass dies bei seinem neuen Team der Fall ist.»

Doch was steckt wirklich hinter dem Wechsel? SonntagsBlick nennt die vier Hauptgründe dafür.

Marc Hirschi wechselt zum UAE Team Emirates.
Foto: Lorenzo Fizza Verdinelli
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1. Hirschi will kein Rad-Soldat mehr sein. Sunweb machte Hirschi gross. Oder machte er sich gross? Fakt ist: Die Zusammenarbeit funktionierte, Hirschi wurde U23-Weltmeister, gewann eine Tour-de-France-Etappe, ebenso die Flèche Wallonne und wurde bei der WM der Elite – unter der Flagge des Schweizer Radsportverbandes Swiss Cycling – zuletzt Dritter. Es war ein kometenhafter Aufstieg.

«Ich weiss mittlerweile, was mir gut tut und was nicht», sagte Hirschi nach seinen Erfolgen im Herbst. Das tönte harmlos, aber es steckte wohl mehr dahinter. Denn das Team Sunweb hat den Anspruch, selbst zu wissen, was seinen Fahrern gut tut. Es gibt Reglemente für praktisch alles, dazu auch Hausaufgaben. Der enorm wissenschaftlich-technische Ansatz nahm früher schon Top-Fahrern wie Tom Dumoulin (Ho), Marcel Kittel (De) oder Warren Barguil (Fr) die Lust am Radfahren – auch sie verliessen das Team vorzeitig. Letztes Beispiel: das australische Sprint-Ass Michael Matthews – er verliess das Team ebenfalls per Ende Jahr. Das macht jetzt auch Hirschi, der nicht nur Datensätzen, sondern vor allem seinem Instinkt vertraut.

2. Hirschi wird Millionär. Stellen Sie sich vor, Sie würden ein Angebot eines anderen Arbeitgebers erhalten, der Ihnen das Zehnfache Ihres derzeitigen Lohnes zahlt. Würden Sie Nein sagen? Hirschi verdiente in seinem ersten Profi-Jahr den festgeschriebenen Minimallohn von rund 31'700 Franken pro Jahr. Im zweiten und dritten Jahr wurde sein Salär wohl etwas angepasst, wobei Branchenkenner im letzten Vertragsjahr von einem Lohn von etwa 75'000 Franken ausgehen. Damit wäre Hirschi massiv unterbezahlt gewesen. Beim UAE Team Emirates wird Hirschi wohl gegen eine Million Franken verdienen – also mehr als das Zehnfache seines letzten Lohnes.

3. Hirschi hat Olympia und die WM im Kopf. Für seine vorherige Equipe DSM zählt vorzugsweise das eigene Team. Damit hatte Hirschis alter Arbeitgeber bislang Erfolg. Ein Problem entsteht allerdings, wenn einer der Fahrer mit der Nationalmannschaft an Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften brillieren will. Darf er sich dann auch optimal vorbereiten? Hirschi hatte wohl bei DSM seine Zweifel – auch darum ist sein Wechsel logisch.

4. Hirschi bleibt Klassiker-Kapitän. Noch denkt Hirschi nicht an ­einen Sieg bei einer grossen Rundfahrt. Er konzentriert sich auf Eintagesrennen, allenfalls kann eine Tour de Suisse ein erster Schritt in Richtung Mehrtagesrennen sein. Bei den Eintagesrennen dürfte er beim UAE Team Emirates wie zuletzt bei Sunweb die Rolle des Kapitäns einnehmen – es ändert sich also sportlich nicht sehr viel. Gut möglich, dass Pogacar den Allrounder aus Ittigen BE dabei unterstützen und Hirschi ihm dann seinerseits bei der Mission Tour-Titelverteidigung helfen wird.

Wann Hirschi sein Debüt im neuen Trikot geben wird, ist unklar. Sicher dürfte er froh sein, sollte sich der Wüstenstaub um seinen Transfer bald legen.

Diese Rad-Schweizer wechseln das Team
  • Marc Hirschi (22): Von DSM zu UAE Team Emirates
  • Michael Schär (34): Von CCC zu AG2R
  • Tom Bohli (26): Von UAE Team Emirates zu Cofidis
  • Matteo Badilatti (28): Von Israel Start-Up Nation zu Groupama-FDJ
  • Kilian Frankiny (26): Von Groupama-FDJ zu Qhubeka ASSOS
  • Gino Mäder (24): Von NTT Pro Cycling zu Bahrain
  • Marc Hirschi (22): Von DSM zu UAE Team Emirates
  • Michael Schär (34): Von CCC zu AG2R
  • Tom Bohli (26): Von UAE Team Emirates zu Cofidis
  • Matteo Badilatti (28): Von Israel Start-Up Nation zu Groupama-FDJ
  • Kilian Frankiny (26): Von Groupama-FDJ zu Qhubeka ASSOS
  • Gino Mäder (24): Von NTT Pro Cycling zu Bahrain
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