«Fahren, als gäbe es nur sie»
Schurter holt Bronze – Flückiger flucht

Beim WM-Rennen der Mountainbiker in Schottland geht bereits vor dem Start die Post ab – und nachher erst recht. Mittendrin: Nino Schurter, der aufs Podest fährt.
Publiziert: 12.08.2023 um 21:24 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2023 um 21:39 Uhr
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Simon StrimerReporter & Redaktor Sport

Nino Schurter (37) hatte recht. Tom Pidcock (24) wäre der Mann gewesen, den es beim WM-Rennen zu schlagen gilt. Nicht Van der Poel, nicht Sagan, die anderen Weltstars des Strassenradsports, die sich einmal mehr auch auf der Mountainbike-Strecke versuchten, sondern Pidcock. Es gelang niemandem. Angefeuert von Tausenden Briten fährt Pidcock zum Solo-Sieg. Nino Schurter holt hinter dem Neuseeländer Samuel Gaze Bronze. Doch lief da sportlich alles sauber im Glentress-Wald in Schottland?

Gleich zwei Themen geben zu reden. Hört man die Stimmen aus dem Schweizer Lager, wird klar, dass bei der Rad-WM auf der Insel nicht nur englische Gentlemen am Werk waren. «Einige hier fahren, als gäbe es nur sie», sagt Mathias Flückiger, der als Zwölfter drittbester Schweizer hinter Schurter und Lars Forster (8.) wird.

Enttäuschter Flückiger äussert harte Kritik

Flückiger konkret: «Sie treten auf, als sei es das letzte Rennen ihres Lebens. Der eine lag dann selber am Boden, ihr wisst wer. Und der andere war am Ende ganz vorne.» Nun ist klar, wen Flückiger meint: Strassenweltmeister Mathieu van der Poel (28) und Abfahrts-König Tom Pidcock haben ihre Ellbogen auf der Jagd an die Spitze des Rennens wohl einige Male zu fest ausgefahren.

Medaille! Nino Schurter gelingt zwar nicht die Titelverteidigung – aber eine starke Leistung.
Foto: keystone-sda.ch
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Nicht zu vergessen ist, dass Flückiger beim harten Duell mit Schurter im Juli 2022 beschuldigt wurde, ihn abgeschossen und um den Sieg gebracht zu haben. Flückiger sah die Kollision als sportliches Duell.

Während Mathieu van der Poel schon länger nicht mehr regelmässig auf dem Mountainbike sass, hat sich Pidcock für diese WM nach der Tour de France voll auf seinen Mountainbike-Auftritt fokussiert. So kommt es nicht aus heiterem Himmel, dass Van der Poel schon nach drei Minuten Renndauer die Segel streichen musste: «Ihm fehlt einfach die Routine auf dem Mountainbike, wie man sieht. Das ist ein Anfängerfehler», sagt SRF-Experte Thomas Frischknecht (53) über den fliegenden Holländer, der sich mit einer Schramme vom Acker macht.

Da ist der frischgebackene Weltmeister Pidcock etwas weniger im Kreuzfeuer. Schurter, der an der Spitze über mehrere Runden mit Pidock um den Sieg kämpfte, unterhält sich im Ziel freundschaftlich mit ihm. Schurter zu Blick: «Bei mir ist mit ihm alles korrekt verlaufen.»

Da waren auch noch Extrawürste

Die Fahrweise der Stars des Strassenradsports ist nur ein Aspekt des Mountainbike-Wirbels in den schottischen Wäldern. Der andere flammte bereits am Vorabend des Rennens auf und zog sich bis nach dem Rennen weiter. Es geht um den Knatsch betreffend der Startpositionen.

Van der Poel und Sagan hätten aufgrund des Reglements zu hinterst starten müssen, weil sie in letzter Zeit im Mountainbike keine Punkte sammelten. Pidcock ebenfalls weit hinten im Feld. Doch am Freitagabend änderte der Radsport-Weltverband (UCI) das Reglement so, dass die grossen Namen plötzlich in der fünften Reihe antreten durften.

Hier findets auch Schurter unfair

Hier äussert auch Schurter Kritik. Der Olympiasieger von 2016 und 35-fache Weltcup-Rennsieger ist neben Flückiger, Forster, Neff, Keller und so weiter einer der vielen Schweizer Mitunterzeichner des Dokuments aus dem Athleten-Lager, indem der Unmut über die kurzfristige Reglementänderung geäussert wird.

Nach dem Rennen erklärt Schurter noch einmal, wieso: «Einerseits ist es mega cool und eine Ehre, dass die grossen Namen am Start sind.» Andererseits meint der Bronze-Fahrer: «Viele Nationen kämpfen hart um Startplätze. Dass dabei einige eine Abkürzung bekommen, ist nicht korrekt.»

Hatte es neben dem Fairness-Gedanken auch sportlichen Einfluss auf das WM-Rennen? Flückiger: «Ich denke nicht, dass sie noch nach ganz vorne gekommen wären.» Andererseits machten die Privilegierten aus dem Mittelfeld ziemlich schnell ihre Plätze gut. Sieger Pidock mischte schon in Runde zwei an der Spitze mit. Die Frage ist nur, wie fair sein Kampf nach vorne war.

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