Schwingerkönig Sempach zeigt die wichtigsten Schwünge
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Was ist ein Brienzer?Schwingerkönig Sempach zeigt die wichtigsten Schwünge

Ausstich, Kranz, Gabentempel
Die Schwing-Regeln für Anfänger

Wenn du Schwingen liebst, dann kennst du die Regeln wohl schon. Wenn du den Schweizer Nationalsport erst lieben lernst, bist du hier richtig. Das musst du über Schwingen wissen.
Publiziert: 30.08.2024 um 13:00 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2024 um 15:10 Uhr

Was ist Schwingen eigentlich? Schwingen ist eine Variante des Freistilringens in der Schweiz. Diese traditionelle Sportart wird in dieser Form vorwiegend in der Eidgenossenschaft praktiziert.

Die wichtigsten Regeln beim Schwingen im Überblick

1. Was ist ein Gang?

Als Gang wird das Duell zweier Schwinger bezeichnet. Die beiden Führenden in der Rangliste bestreiten anstelle des 6. Gangs (oder beim Eidgenössischen 8. Gangs) den sogenannten Schlussgang. Dort geht es um den Festsieg. Gekämpft wird auf einer kreisförmigen, 7 bis 14 Metern durchmessenden und mit bis zu 23 Kubikmetern Sägemehl gepolsterten Fläche.

2. Wie wählt man Paarungen?

Die Einteilung bestimmt die Paarungen. Dabei wird beim Anschwingen für die Spitzenpaarungen auf Duelle der Besten gegen die Besten gesetzt.

Der Kampf Mann gegen Mann fasziniert die Schweiz seit Jahrhunderten. So wie hier 1953 beim Eidgenössischen in Winterthur.
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Nach dem Anschwingen gilt: Duelle aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Tabelle (erreichte bisherige Punktzahl) sind erwünscht. Verbandskollegen gehen sich bis zu den entscheidenden Gängen um die Kränze möglichst aus dem Weg – ausser es geht gar nicht mehr anders.

3. Zeitdauer Gänge

Je nach Grösse des Festes dauert ein Gang von vier (bei einem Regionalfest) bis zu 16 Minuten (Schlussgang beim Eidgenössischen). Während es beim Eidgenössischen acht Gänge zu bestreiten gilt, finden alle anderen Feste mit sechs Gängen statt. Die ersten Gänge sind das sogenannte Anschwingen, die Gänge fünf und sechs werden als Ausstich bezeichnet.

4. Ausstich

Nach vier Gängen scheidet ein Teil der Schwinger aus. Nicht alle bestreiten den Ausstich. Das gilt auch für das Eidgenössische, wo bereits am Samstagabend rund ein Drittel der Schwinger ausscheidet. Auch am Sonntag wird nach sechs der acht Gänge noch einmal reduziert. Letztlich absolvieren die letzten beiden Gänge nur noch rund die Hälfte der ins ESAF gestarteten Schwinger.

5. Kleidung der Schwinger

Turnerschwinger tragen weisse Hosen und Leibchen, Sennenschwinger dunkle Hosen in Kombination mit dem gleichen Edelweisshemd, das auch viele Schwingfestbesucher tragen oder sonst einem Hemd. Die kurzen Hosen aus Zwilch (Schwingerhosen, hellbraun oder dunkelbraun) werden vom Veranstalter gestellt und sind mit einem robusten Ledergurt ausgestattet. Die helleren Hosen trägt der, dessen Nachname im Alphabet (A bis Z) zuerst kommt.

6. Griff

Zu Beginn eines Gangs wird gegriffen – erst wenn beide Schwinger fest verankert sind, sagt der Kampfrichter: Gut. Ein Resultat erzielen kann nur, wer die Schwingerhose des Gegners mit mindestens einer Hand noch fest im Griff hat. Ausnahme: Bodenlätz. Dieser Schwung geht so: Hose mit beiden Händen loslassen, den Gegner sofort an der Schulter packen und umgehend auf den Rücken legen. Lassen beide Schwinger den Griff fahren oder flüchten gar gemeinsam aus dem Sägemehl, wird der Gang unterbrochen. Dann muss in der Mitte frisch gegriffen werden.

7. Die wichtigsten Schwünge

  • Der Kurzzug
  • Der Übersprung
  • Der Brienzer
  • Der Hüfter
  • Der Buur
  • Der Gammen
  • Der Wyberhaagge

8. Weichteilschoner

Schwinger tragen – im Gegensatz zu Eishockeyanern – in der Regel keinen «Eierbecher». Ausnahmen bestätigen die Regel. Schwere Verletzungen der Fortpflanzungsorgane wurden bislang nicht gemeldet.

9. Resultat

Liegt einer auf dem Buckel, hat der andere gewonnen. Mindestens zwei Drittel der Schulterblätter müssen dabei ins Sägemehl – oder dann halt der gesamte Rücken. Gewinnt keiner, gibts einen Gestellten (siehe: Punkte).

10. Was ist beim Schwingen verboten?

Kurze Hosen, Doping einwerfen, den Gegner würgen, Hebeldruck auf die Gelenke ausüben oder anhaltendes Kopfeinstellen (ungespitzt in den Boden). Ebenfalls untersagt: Augen ausstechen, zuschlagen oder den Kampf verweigern.

11. Punkte

  • Für einen Wurf auf den Rücken gibt es 10,00 Punkte.
  • Wird der Gegner erst am Boden überwältigt: 9,75.
  • Für einen Gestellten (Unentschieden): je nach Aktivität 8,75 oder 9,00 Punkte – dabei müssen nicht beide Schwinger gleich hoch bewertet werden. Es gilt: Wer aktiver ist, bekommt mehr Punkte.
  • Wer verliert, bekommt immerhin noch 8,50 Zähler – oder wenn er ganz schön zur Sache geht, auch mal 8,75.
  • Schlussgang: Der Sieger bekommt immer 10,00 – der Verlierer immer 8,75 Punkte.
  • Sägemehlringe (7)
  • Durchmesser: je 14 Meter. Sägemehlhöhe: mindestens 15 cm. In jedem Ring liegen 23 Kubikmeter Sägemehl.

12. Wer wird Schwingerkönig?

Die beiden Punktbesten nach 7 Gängen kommen beim ESAF in den Schlussgang. Wer dann gewinnt, ist Schwingerkönig – und das bleibt er sein Leben lang. Es gibt keine «Ex-Schwingerkönige».

Stehen nach dem Schlussgang zwei Schwinger mit gleich vielen Punkten wie belämmert im Sägemehl rum, wird natürlich der Sieger des Schlussgangs Schwingerkönig. 

Der Verlierer ist dann: der Erstgekrönte (= Loser).

Die erfolgreichsten Schwingerkönige aller Zeiten: Jörg Abderhalden und Ruedi Hunsperger (je 3). Ernst Schläpfer, Karl Meli, Willy Lardon, Hans Roth und Hans Stucki (je 2).

13. Kranz

Nach dem Eidgenössischen gibts für die Bösen einen Kranz aus Eichenlaub. Die Regel sagt: Ausgezeichnet werden nicht weniger als 15 Prozent und nicht mehr als 18 Prozent der Teilnehmer. Wer den Kranz holt, ist ein Eidgenosse und deshalb auch ein Böser. Auch der König bekommt einen Kranz – keine Krone.

Auch bei den Kranzfesten gilt die gleiche Regel. Je mehr Teilnehmer, desto mehr Kränze gibts. Da etwa bei den Bergfesten in der Regel nur 90 Schwinger teilnehmen, sind diese Kränze – da seltener – besonders begehrt.

14. Eidgenossen

Die Bösesten der Bösen: Karl Meli (9 Eidgenössische Kränze). Peter Vogt, Martin Grab (7). Christian Stucki, Nöldi Forrer, Werner Bürki, Fritz Uhlmann, Hans Hämmerli, Peter Gasser, Silvio Rüfenacht, Niklaus Gasser, Otto Brändli, Jörg Schneider, Christian Oesch, Markus Thomi (je 6). 

15. Lebendpreise

Der Schwingerkönig bekommt immer den Stier. In Pratteln: Muni «Magnus vom Schönenberg». Gewicht: Rund 1000 kg. Rasse: Red-Holstein. Wert: rund 30'000 Franken. Weiter: Zwei Pferde, ein Fohlen und sieben Rinder. Die Viecher werden allesamt wieder an die Besitzer verscherbelt.

16. Gabentempel

Bei jedem Fest gibts einen Gabentempel mit allerlei Nützlichem wie etwa Haushaltsgeräten, Landmaschinen oder Möbeln. Dort dürfen sich die Schwinger ihren Preis selber aussuchen. Dabei gilt: die Besten zuerst. Einzig für den Sieger gibts keinen Gang in den Gabentempel. Er bekommt einen Lebendpreis – meist einen Muni – den er mitnehmen kann. Oder er lässt sich den Gegenwert des Tieres auszahlen.

Eine Ausnahme gibts: Der Brünigschwinget hat keine Sponsoren und deshalb auch keinen Gabentempel. Er zahlt den Teilnehmenden stattdessen ein Preisgeld.

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