Das Goggia-Drama

Verletzung, Platz 2, Operation – und die Rückkehr?

Mathias GermannReporter Sport

Mit Schmerzen kennt sich Sofia Goggia (30) aus. Ihre Verletzungshistorie ist mindestens so gross wie die Liste ihrer Triumphe. Die furchtlose Italienerin hat sich schon fast alles geprellt, gebrochen, gezerrt und gerissen, was der Körper hergibt – oft mehrmals. «Ich denke, es ist eine Sache des Temperaments. Ich weiss, dass mich Verletzungen ausgebremst haben, aber sie haben mir auch beigebracht, den Alltag zu schätzen», sagt sie.

Nach der Abfahrt in St. Moritz GR kommt einen weiteren Eintrag in die Krankenakte der 1,69 Meter grossen Powerfrau dazu. Goggia schlägt bei der Abfahrt die linke Hand bei einem Tor an, fährt als Zweite über die Ziellinie, bremst ab, zieht den Handschuh aus, bewegt ihre Finger auf und ab und ruft ihren Betreuern zu: «Ich habe mir die Hand gebrochen!»

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Italienerin verletzt:Bricht sich Goggia hier die Hand?

Kurz darauf, als sich die Speed-Dominatorin mit geschwollener, bandagierter Hand an einem Absperrgitter abstützt und traurig in die Ferne schaut, wirkt sie wie eine geschlagene Boxerin.

Sie hört nicht auf Mutter Giuliana

Während Elena Curtoni (31) ihren dritten Weltcupsieg feiert und mit Corinne Suter (28) wenigstens eine Begleiterin bei der Siegerehrung hat, lässt sich Goggia in einer Klinik in St. Moritz röntgen. Um 12.49 Uhr folgt die medizinische Bestätigung: «Sofia Goggia erlitt einen Bruch des zweiten und dritten Mittelhandknochens ihrer linken Hand. Sie wird in Mailand operiert, um zu versuchen, beim morgigen Rennen zu starten.»

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Was sich auf den ersten Blick wie ein schlechter Scherz liest, steht sinnbildlich für Goggia. Sie ist keine, die liegen bleibt – nie. Gleichzeitig kämpft ihre Familie mit der Tatsache, dass sie sich so oft wehtut. Mutter Giuliana, eine Latein- und Literaturlehrerin, versuchte einst, ihre Tochter zum Rücktritt zu bewegen. «Sofia so leiden zu sehen, körperlich und psychisch, ist hart», sagte sie.

Nur der WM-Titel fehlt

Goggia denkt nicht daran, aufzuhören. Schliesslich ist sie auf einer Mission. Diese lautet: WM-Gold im Februar – es ist jener Titel, der ihr noch fehlt. «Wenn die Leute auf der Strasse auf mich zukommen, sagen sie immer, ich sei Weltmeisterin. Das bin ich aber nicht, ich bin nur Olympiasiegerin», meinte sie zuletzt. Tatsächlich holte Goggia 2017 WM-Bronze und 2019 WM-Silber. Bei der Heim-WM 2021 in Cortina war sie, wie könnte es anders sein, verletzt.

Der Handbruch macht Goggias WM-Traum nicht kaputt. «Ich werde versuchen, am Samstag wieder zu starten», sagt sie. Vielleicht klappts ja mit einem Hartplastik-Schutz, womöglich auch mit einer am Stock angeklebten Hand. Das alles mutet verrückt an? Vielleicht. Es ist vor allem etwas: typisch Goggia.