Reise-Wahnsinn im Ski-Zirkus
Schweizerinnen fliegen für Trainingscamp 18'600 Kilometer weit

Die Speed-Teams mehrerer Top-Nationen verlassen Europa, um in Copper Mountain (USA) zu trainieren. Dann kehren sie für die Rennen in St. Moritz zurück.
Publiziert: 20.11.2023 um 17:24 Uhr
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Aktualisiert: 20.11.2023 um 18:25 Uhr
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Mathias GermannReporter Sport

Reise-Wahnsinn im Ski-Weltcup? Obwohl in Europa genügend Schnee vorhanden ist, fliegen diverse Frauen-Teams diese Woche für ein zehntägiges Speed-Trainingscamp in die USA. Genauer: nach Copper Mountain im Bundesstaat Colorado.

«Die Trainingsbedingungen sind dort nahezu ideal, während wir hier am Matterhorn gesehen haben, wie kompliziert es mit dem Wetter ist», sagt Österreichs Frauen-Cheftrainer Roland Assinger. Ein Rennen werden seine Abfahrerinnen in Nordamerika nicht bestreiten – sie fliegen ohne Ernstkampf nach Europa zurück.

Fliegen die Schweizerinnen bald wieder nach Nordamerika für ein Speed-Rennen? Lake Louise könnte in den Kalender zurückkehren.
Foto: Getty Images
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Stabilere Bedingungen als in Europa

Österreich ist nicht alleine. Auch die Teams aus den USA, Deutschland und der Schweiz werden ihre Zelte in Copper Mountain aufschlagen, Tausende Franken ausgeben und 18'600 Kilometer (hin und zurück) fliegen, um sich optimal auf die Rennen im Engadin GR vorzubereiten. Ein Wahnsinn? Der Schweizer Alpin-Direktor Hans Flatscher sagt: «Wir können nicht verlangen, dass unsere Athletinnen alles geben, ihnen aber nicht die besten Trainingsmöglichkeiten anbieten.»

So denken alle Top-Teams. Dennoch hinterlässt das Ganze ein mulmiges Gefühl. Schliesslich predigt der Weltskiverband FIS gebetsmühlenartig, dass der Umweltschutz höchste Priorität geniessen würde. «Man müsste künftig die Renn- und Trainingsplanung kombiniert anschauen, ehe man einen Kalender macht», findet Swiss-Ski-Direktor Diego Züger.

Lake Louise vor Rückkehr in den Ski-Zirkus?

Wir erinnern uns: Die FIS war im Herbst in die Kritik geraten, weil der Männer-Tross in diesem Winter gleich zweimal für Rennen in die USA fliegt: im Dezember (Beaver Creek) und im Februar (Aspen). Das sorgt bei vielen für Stirnrunzeln.

Immerhin: Es könnte sich schon bald eine Lösung abzeichnen. Welche? Dass die Rennen in Lake Louise (Ka) in den Weltcup zurückkehren – und das schon 2024. Flatscher ist optimistisch: «Ich kenne niemanden, der sich das nicht wünscht. Die Piste wurde früher oft belächelt, es wurde von Langlauf-Wettbewerben gesprochen. Doch das hat sich gewandelt – die Rennen dort sind spannend, attraktiv und laufen in Europa zur Primetime am Abend.»

Auch FIS-Renndirektor hat klare Meinung

Damit das gelingt, muss der kanadische Skiverband zuerst die Finanzierung der Rennen im Banff-Nationalpark wieder hinbekommen. Schafft er es, könnten Swiss-Ski und die anderen Verbände nach dem Trainingslager in Copper Mountain wie früher gleich Rennen in Übersee fahren. «Das wäre ideal, weil die Athletinnen dann sehr gut vorbereitet wären», sagt Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor.

Der Saison-Auftakt könnte dann für die Frauen so aussehen: Sölden (Ö), Zermatt/Cervinia, Lake Louise, Killington (USA) oder Mont-Tremblant (Ka), St. Moritz. «Es wäre perfekt, wenn wir wieder Speed-Rennen in Nordamerika haben könnten», sagt auch FIS-Renndirektor Peter Gerdol.

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Suter: «Das finde ich extrem schade»

Und die Fahrerinnen? Lara Gut-Behrami vermisst Lake Louise nicht, weil die Piste besonders starke Technikerinnen nicht bevorteilt. «Von mir aus müssten wir nie mehr dahin», sagt die Tessinerin. Alle anderen wünschen sich die Rückkehr des Kanada-Rennens in den Weltcup.

«Lake Louise ist eine meiner Lieblingsstrecken. Ich finde es extrem schade, dass wir dort nicht mehr fahren – die Piste ist gut und die Atmosphäre besonders – das gefällt mir sehr», sagt Olympiasiegerin Corinne Suter.

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