Tod des Ex-Federer-Coachs
Ein Lebemann mit dem Herz am rechten Fleck

Peter Lundgren (†59) war einer der wichtigsten Bezugspersonen in einer schwierigen Zeit für Roger Federer – und ein feiner Kerl, der trotz gesundheitlicher Probleme bis zuletzt nie seinen für ihn typischen Optimismus verlor.
Publiziert: 23.08.2024 um 16:07 Uhr
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Aktualisiert: 24.08.2024 um 08:05 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Peter Lundgren war ein herzlicher und zugänglicher Mensch
  • Er betreute Roger Federer und andere Tennisgrössen wie Wawrinka
  • Lundgren feierte 2003 mit Federer dessen ersten Grand-Slam-Titel
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Roger Federer und sein erster Erfolgstrainer Peter Lundgren – ein Blick ins Archiv.
Foto: SOL
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Marco Pescio und Cécile Klotzbach

Es ist nur ein Alltagsdetail, doch es beschreibt den Menschen Peter Lundgren ganz gut. Nachrichten oder Telefonanrufe beendete der Schwede in den allermeisten Fällen mit einem warmen «All the best». Die Tennis-Welt hat mit dem früheren schwedischen Profi und Trainer eine der herzlichsten Figuren verloren, eine, die mit ihrer Offenheit und Zugänglichkeit herausragte. Eine, die Mitmenschen mit ihrer freundlichen Art innert Kürze für sich gewinnen konnte.

Lundgren war der Mann, der vor 24 Jahren für Roger Federer zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Nach drei Jahren bei Swiss Tennis übernahm er im Jahr 2000 das aufstrebende Supertalent, das zwar hochveranlagt war, aber einerseits aufgrund des Temperaments als nicht immer einfach zu führen galt – und andererseits mit zunehmendem Alter in den Verdacht geriet, die ganz grossen Erfolge doch nie zu schaffen.

Der Schwede schien den jungen Federer damals auf eine Weise aufzufangen, die perfekt passte. Nicht nur sportlich, sondern auch auf persönlicher Ebene, weil auch der Tod von Federers Ex-Trainer Peter Carter (†37) in die gemeinsame Zeit fiel. Der tragische Unfall des Australiers im August 2002 auf seiner Hochzeitsreise in Südafrika, die auf Empfehlung von Federer stattfand, traf die beiden hart.

Lundgren, der Carter ebenfalls sehr nahe stand, wurde auch deshalb eine der wichtigsten Bezugspersonen in Federers noch jungen Karriere. Er war auf der Tour wie eine Vaterfigur für den Youngster. Ein Jahr später folgte schliesslich auch die sportliche Erlösung, als der 21-jährige Baselbieter am 6. Juli 2003 in Wimbledon seinen ersten Grand-Slam-Titel feierte.

Sundsvall als Rückzugsort

Peter Lundgren stand ganz am Anfang von Federers fabelhaften Laufbahn – und hatte nach dem Premierentriumph seines Schützlings «die schönsten Ferien seines Lebens», wie er Blick vor einem Jahr verriet. Wo? Zu Hause natürlich, in Schweden, seiner Heimat, die seit jeher sein Rückzugsort war und in der er auch seine letzten Lebensjahre verbrachte. In der Provinzstadt Sundsvall hatte er es sich gemütlich gemacht und hauptsächlich von dort aus die Tennis-Szene verfolgt. Er hatte beispielsweise ein Auge auf Dominic Stricker (22), für den er zwischenzeitlich eine Beraterfunktion innehatte. Oder auf Stan Wawrinka (39), Grigor Dimitrov (33) und früher auch Marat Safin (44), die er allesamt ebenfalls als Coach betreute.

In Sundsvall kümmerte sich Lundgren in den letzten Jahren auch um seine betagte Mutter, die 2023 nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt wurde und von der er den 17-jährigen Familienpapagei «Peppo» übernahm. Und dies nur kurze Zeit, bevor er im letzten Herbst selbst einen heftigen Schicksalsschlag erlitt.

Infolge eines unglücklichen Stolperers am Tag des US-Open-Finals, als er die Affiche Novak Djokovic – Daniil Medwedew schauen wollte, knallte er auf dem Weg vom Bad ins Wohnzimmer in den Türrahmen und brach sich den Knöchel. Lundgren war auf einen Schlag ans Bett gebunden – und zudem gezwungen, den geliebten Familienvogel zu verkaufen.

Es war der Anfang des Unheils. Denn auf eine Infektion am Fuss, die auch aufgrund seiner Diabetes-Typ-2-Erkrankung nicht in den Griff zu bekommen war, folgte der Schock einer Amputation sowie eine langwierige Reha, in der Lundgren immer wieder mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Beim letzten Kontakt mit Blick im Frühjahr hatte er sich gerade von einer schweren, dreiwöchigen Erkältung erholt. Und dennoch blieb er auch da positiv und optimistisch, indem er hervorstrich, endlich sein Bein weitertrainieren zu dürfen.

Ein Farbklecks in der sauberen Federer-Welt

Lundgren, der sehr stolz auf seine beiden studierenden Kinder Lukas – ein Teilzeit-Feuerwehrmann – und Julia war, hat die Familie alles bedeutet. Gleichzeitig war er seit jeher ein Lebemann. Einer, der das Leben genoss und dabei auch in Kauf nahm, mit einem ungesunden Lebensstil Raubbau am eigenen Körper zu betreiben.

Lundgren war aufgrund seiner umgänglichen Art beliebt, er plauderte gerne aus dem Nähkästchen. Wenn in Wimbledon, traf man ihn des Öfteren im «Hemingways», dem unter Journalisten schnell einmal als «Lundgren-Bar» bekannten Lokal im Wimbledon Village. Die frühere Weltnummer 25, zu den goldenen schwedischen Zeiten von Björn Borg bis Stefan Edberg, hat Reporter nie als Feinde betrachtet. Er wollte auch mal einen ausgeben – und verriet der schreibenden Zunft mitunter auch mal zu viel.

Er war zu seinen Anfangszeiten als Coach ein Farbklecks in der sauberen, weissen Federer-Welt. Einer, der da auf den ersten Blick gar nicht reinzupassen schien, mit seiner Art aber alle Zweifel wettmachte. Weil er schlicht ein feiner Kerl war. In diesem Sinne: All the best, Peter.

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