Riedi machte seinen Kumpel zum Coach
«Wollte ihn noch nie auf den Mond schiessen»

Leandro Riedi (22) und Yannik Steinegger (23) sind das wohl ungewöhnlichste Duo auf der Tennis-Tour. Letzterer hat für den Trainerjob bei «Lele» seine eigene Spielerkarriere aufgegeben – und als Coach direkt eingeschlagen.
Publiziert: 19.05.2024 um 16:17 Uhr
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Aktualisiert: 19.05.2024 um 16:27 Uhr

Jetzt sitzen sie da, in der Halle von Swiss Tennis in Biel, und lachen. Was das bisher für eine «unglaubliche Reise» gewesen sei, meint Leandro Riedi – und Yannik Steinegger pflichtet ihm nicht ohne Stolz bei. Die beiden sind eigentlich Kumpels, nur eineinhalb Jahre voneinander getrennt, und beide haben sie in ihrer Jugend voll aufs Tennis gesetzt. Nun sitzen sie hier als Spieler und Coach, in der kuriosen Konstellation, dass beide quasi Chef des jeweils anderen sind. Riedi bezahlt Steinegger für seine Dienste, Letzterer wiederum sagt seinem Arbeitgeber, was er auf dem Platz zu tun hat.

Das wohl ungewöhnlichste Duo auf der Tennis-Tour blickt auf einen bemerkenswert erfolgreichen Start der jungen Zusammenarbeit zurück. Vier Challenger-Finals, zwei davon gewonnen. Nach einem schwierigen, auch von Verletzungen geprägten letzten Jahr hat sich Riedi 2024 bereits von Weltranglistenplatz 320 auf Position 148 vorgekämpft – und darf nun in der Quali für die French Open (ab Montag) vom ersten Grand-Slam-Hauptfeld seiner Karriere träumen.

Die Schweizer an den French Open 2024

Qualifikation (ab Pfingstmontag):

Am Montag:

Jil Teichmann (26, WTA 199) – Tena Lukas (29, WTA 231, Kroatien)

Simona Waltert (23, WTA 173) – Lauren Davis (30, WTA 186, USA)

Am Dienstag:

Céline Naef (18, WTA 158) – Darja Semenistaja (21, WTA 118, Lettland)

Leandro Riedi (22, ATP 151) – Mikhail Kukushkin (36, ATP 135, Kasachstan)

Alexander Ritschard (30, ATP 184) – Elias Ymer (28, ATP 182, Schweden)

Marc-Andrea Hüsler (27, ATP 196) – Francesco Maestrelli (21, ATP 206, Italien)

Hauptfeld (ab Sonntag, 26. Mai):

Viktorija Golubic (31, WTA 74)

Stan Wawrinka (39, ATP 97)

Junioren (ab Donnerstag, 30. Mai):

Henry Bernet (17)

Bei den Frauen fehlt Belinda Bencic (27, WTA 92) aufgrund ihrer Babypause. Bei den Männern kehrt Dominic Stricker (21, ATP 141) erst im Juni von einer Verletzungspause zurück.

Qualifikation (ab Pfingstmontag):

Am Montag:

Jil Teichmann (26, WTA 199) – Tena Lukas (29, WTA 231, Kroatien)

Simona Waltert (23, WTA 173) – Lauren Davis (30, WTA 186, USA)

Am Dienstag:

Céline Naef (18, WTA 158) – Darja Semenistaja (21, WTA 118, Lettland)

Leandro Riedi (22, ATP 151) – Mikhail Kukushkin (36, ATP 135, Kasachstan)

Alexander Ritschard (30, ATP 184) – Elias Ymer (28, ATP 182, Schweden)

Marc-Andrea Hüsler (27, ATP 196) – Francesco Maestrelli (21, ATP 206, Italien)

Hauptfeld (ab Sonntag, 26. Mai):

Viktorija Golubic (31, WTA 74)

Stan Wawrinka (39, ATP 97)

Junioren (ab Donnerstag, 30. Mai):

Henry Bernet (17)

Bei den Frauen fehlt Belinda Bencic (27, WTA 92) aufgrund ihrer Babypause. Bei den Männern kehrt Dominic Stricker (21, ATP 141) erst im Juni von einer Verletzungspause zurück.

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Doch dass der Rechtshänder aus Bassersdorf ZH einen Kumpel zum Trainer machte, hat zu Beginn bei so manchem für Stirnrunzeln gesorgt. «Sie fragten uns: Was macht ihr da?», erzählt Riedi. Er habe zu hören bekommen, dass er doch lieber einen gestandenen Coach aus der Szene verpflichten solle. Und auch Steinegger bestätigt die anfängliche Skepsis von aussen: «Bei den Turnieren war der Eindruck zu Beginn eher so, dass die Leute dachten: Jetzt hat Lele halt wieder seinen Kollegen im Schlepptau.»

Das Lachen kommt bei ihnen nicht zu kurz: Leandro Riedi (l.) und Yannik Steinegger sind nun als Duo unterwegs.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Eigentlich war alles anders geplant

Mittlerweile aber hat das Duo in der Tennis-Welt für Aufsehen gesorgt. Riedi meint lachend: «Jetzt haben sogar schon die Ersten Interesse bekundet, mal eine Woche mit Yannik trainieren zu können.» 

Das Witzige daran: Die Zusammenarbeit entstand tatsächlich aus einer Turnierreise unter Kollegen, wie Riedi verrät: «Yannik hatte mich im Vorjahr gefragt, ob er mich mal begleiten solle. Er war dann in Indian Wells, Phoenix und Miami dabei – und obwohl er nur als Freund mitreiste, hat er mir nebenbei auch im Tennis weitergeholfen. Es hat sofort ‹gfägt!›» Es folgten später ein weiterer Trip nach Japan und ein paar Trainingstage über Weihnachten, ehe die Idee konkret entstand, als Spieler und Coach zusammen auf Achse zu sein.

«Was hatte ich schon zu verlieren?»

«Ich habe gemerkt, dass es mit ihm gut funktionieren könnte. Ich schätzte seine Inputs sehr. Doch ich wollte ihn gleichzeitig auch nicht allzu fest forcieren», sagt Riedi. Denn er wusste: Eigentlich verfolgte Steinegger (Bestklassierung ATP 920) auch noch seine eigene Tennis-Karriere. Der Baselbieter, der nebenbei eine schulische Weiterbildung (Cambridge A-Levels) absolviert, bestätigt: «Er hat mir null Druck gemacht, doch ich empfand diese Aufgabe als extrem reizvoll.»

Das Duo vereinbarte zunächst zehn gemeinsame Turnierwochen fürs Jahr 2024, doch nachdem der Start derart gut verlaufen war, änderten sie die Pläne. Seit dem 1. April ist Steinegger Vollzeittrainer des aktuell drittbesten Schweizers im ATP-Ranking. Und er hat noch keine Sekunde lang bereut, seine eigene Spielerkarriere – zumindest vorläufig – aufgegeben zu haben: «Dass ich zugesagt habe, hat viel mit Leandros Persönlichkeit zu tun. Egal ob wir erfolgreich sind oder nicht, unsere Freundschaft ist ein wichtiger Teil dieses Konstrukts. Gleichzeitig ist es für mich eine grosse Chance, als Trainer Fuss zu fassen. Und ganz ehrlich: Was hatte ich schon zu verlieren?»

«Eigentlich hasse ich Eisbäder»

Unterstützt wird Steinegger noch von Thiemo Scharfenberger, der auch Marc-Andrea Hüsler (27, ATP 202) betreut. «Doch ‹Steini› ist der Chef», meint Riedi. Auf die Frage, ob es in dem engen Verbund zwischen den Freunden auch mal zu Reibereien kommt, müssen beide wieder schmunzeln. Riedi berichtet: «Es gibt da eine Story aus Belgien von Anfang Jahr. Es ging um die Regeneration. Und eigentlich hasse ich Eisbäder, doch Steini hat mich dazu gezwungen – und da habe ich ihn schon ein bisschen verflucht.»

Gleichwohl hält er fest: «Ich weiss, dass er nur das Beste für mich will. Und es gab noch keinen Moment, in dem ich ihn auf den Mond schiessen wollte.» «Noch nicht», fügt Steinegger augenzwinkernd an. Und dann sagt auch er: «Nein, im Ernst. Wir haben einige Gespräche geführt und Leitplanken gesetzt. Es funktioniert ganz gut mit uns beiden.»

Nun will das Duo weiter das Feld von hinten aufrollen – und sich kontinuierlich steigern. «Ohne gross auf das Ranking zu schauen», beteuern beide. Die Top 100 und die Grand-Slam-Premiere? Das seien natürlich grosse Ziele, wichtiger sei aber der aufgestellte Jahresplan. Dieser beinhaltet bewusst Pausen und Trainingsblöcke. Im Idealfall stünde er dann Ende Jahr mit einem zweistelligen Ranking da, so Riedi: «Und alles, was früher kommt, nehme ich selbstverständlich mit Handkuss.»

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