Bescheidene Ziele an der Kunstturn-WM in Japan
Neue Giulia in Sicht?

Keine fixen Trainer, kein Fixstern Giulia. Die Ziele sind an der Kunstturn-WM in Japan bescheiden. Und doch haben die Schweizer Girls zu neuen Stärken gefunden.
Publiziert: 17.10.2021 um 13:06 Uhr
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Aktualisiert: 17.10.2021 um 13:30 Uhr
Cécile Klotzbach

Für die am 18. Oktober startende Kunstturn-WM in Japan hat die Schweiz eine neunköpfige Athleten-Delegation aufgestellt – sechs Männer, drei Frauen. Während der jährliche Grossanlass stets im Zeichen von Medaillenanwärterin Giulia Steingruber stand, sind die Ziele der jungen Schweizerinnen in Kitakyushu heute tiefer gesteckt. Dabei sein ist alles, heisst es für die Mehrkämpferinnen Stefanie Siegenthaler (23) und Lilli Habisreutinger (17) – Erfahrungen sammeln für die Reise in die Zukunft.

Wohin diese führt, weiss beim Schweizerischen Turnverband (STV) noch niemand. Ist eine neue Giulia in Sicht? «Wir haben eine grosse Breite an jungen Talenten, vereinzelt auch mit hohem Potenzial», sagt David Huser, Chef Spitzensport beim Verband. «Aber das sind Rohdiamanten. Bis die geschliffen sind, kann viel passieren.»

Namen will Huser keine nennen, um keinen Druck aufzusetzen. «Bei Giulia hat man mit 14 auch nicht erwartet, dass es so herauskommen würde. Es gab andere, denen man mehr zugetraut hat.» Wer sich am besten entwickle, kristallisiere sich erst langfristig heraus. «Und wir wollen den neuen Trainern dann die Chance geben, in Ruhe daran zu arbeiten.»

Stefanie Siegenthaler (23) ist die älteste und erfahrenste Schweizer Turnerin an der WM.
Foto: freshfocus
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Führungslos, aber zusammengeschweisst

Noch aber gibt es keine neue Trainercrew. Die Frauen-Nati arbeitet seit Wochen nur mit Aushilfscoaches, bis Ende Jahr springen ausländische Experten projektweise ein. Erstaunlich: Die Mädchen fühlten sich «führungslos» besser als zuletzt unter Chef Fabien Martin, wo Vorwürfe und Zweifel vor dessen Entlassung im Raum standen. Das habe sie zusammengeschweisst.

«Wir waren auf uns allein gestellt, wussten Tag für Tag nicht, wie es weitergeht. Aber wir hatten uns, das war das Wichtigste», sagt Siegenthaler, die als Einzige WM-Erfahrung mitbringt und als Älteste nun zur Teamleaderin avanciert ist. Die neue Vorbildrolle sei der 23-jährigen Zürcherin «eine Ehre». «Herzig, was sie mich alles fragen: Guckst du mal meine Übung an? Wie läuft der Wettkampf ab? Kann ich den kleinen Barrenholmen im Handgepäck mitnehmen? Sie sagen, ich sei für sie da wie ein Mami! Das war ich jahrelang nicht, alle gingen stets zu Giulia. Nun müssen wir eine neue Perspektive suchen.»

Wildi hat sich verletzt

Die 17-jährige Habisreutinger ist die jüngste Schweizer WM-Teilnehmerin, die Europa dafür zum ersten Mal verlässt. Lilli hofft, aus Japan mitzunehmen, so viel sie kann. Es zeugt von Ehrgeiz, wenn sie sagt: «Der Trainerwechsel ist für uns eine neue Chance. Ich denke, die Neuen werden uns wieder mehr fordern, aber dafür sind wir offen. So sind wir aufgewachsen. Kunstturnen ist und bleibt ein harter Sport.»

Eine Hiobsbotschaft gibts derweil von Anina Wildi (18). Die Aargauerin hat sich am Schwebebalken eine Blessur am Becken zugezogen. Sie muss deshalb das WM-Abenteuer bereits wieder abbrechen und zurück in die Schweiz fliegen.

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