Abbau und Entlassungen – wir gehen wieder vermehrt in den Laden
Haben Schnell-Lieferdienste noch eine Zukunft?

Migros stellt Food Now ein, Farmy schliesst den Standort in der Westschweiz und entlässt Leute. Das Umfeld für Essenslieferdienste ist schwieriger geworden. Farmy-Präsident Dominique Locher glaubt trotzdem ans Geschäft.
Publiziert: 29.05.2024 um 12:14 Uhr
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Gabriel KnupferRedaktor Wirtschaft

Der Umbruch bei den Lieferdiensten fordert ein weiteres Opfer. Wie letzte Woche bekannt wurde, stellt Migros Food Now ein. Der Dienst für fertig gekochte Mahlzeiten habe die «betriebswirtschaftlichen Ziele leider nicht erreicht», hiess es vom orangen Riesen, der gerade zahlreiche Geschäftsbereiche auf den Prüfstand stellt.

Das Aus für Food Now reiht sich ein in eine ganze Reihe von Lieferdiensten im Food-Bereich, die seit dem Ende der Pandemie aufgegeben haben: Avec Now, Hey Migrolino und My Migros sind weg. Aldi Now strich derweil das Liefergebiet zusammen. Und der «Online-Hofladen» Farmy muss sparen und schliesst den Standort in der Romandie.

Schlechte Konsumstimmung

Eine Krise der Food-Lieferdienste kann Ex-Le-Shop-Chef und Farmy-Präsident Dominique Locher (55) dennoch nicht erkennen. «Die Pandemie küsste die Online-Lebensmitteleinkäufe aus dem Dornröschenschlaf», so Locher. «In zwei Monaten passierte 2020 die Entwicklung von zehn Jahren.» Nun habe sich die Nachfrage normalisiert.

Migros zieht Food Now den Stecker. Zuvor wurden auch schon die Lieferdienste Avec Now, Hey Migrolino und My Migros eingestellt.
Foto: PD
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Bei Farmy hatte sich der Umsatz während der Pandemie von 9,5 Millionen Franken im Jahr 2019 auf 32 Millionen 2022 mehr als verdreifacht. 2023 lag man trotz eines Umsatzeinbruches von 23 Prozent noch bei 24 Millionen Franken.

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Nach der Pandemie habe sich die Konsumstimmung massiv und schlagartig verschlechtert, räumt Locher ein und verweist auf die Inflation und den Krieg in der Ukraine. Der Stellenabbau bei Farmy sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass die durch die sehr hohe Nachfrage während der Pandemie ausgebaute Kapazität für den normalisierten Umsatz danach überdimensioniert war. «Es geht uns darum, unabhängig von weiteren Investitionen zu werden.»

Denn der Investorenmarkt sei schwierig geworden. Anders als während der Pandemie schauten potenzielle Geldgeber heute weniger auf das Potenzial als auf die Profitabilität der Firmen.

Wettrennen der Schnelllieferdienste

Noch extremer als bei den Online-Supermärkten war die Achterbahnfahrt bei den superschnellen Lieferdiensten für Spontaneinkäufe und fertige Mahlzeiten. «Diese wuchsen in der Pandemie viel schneller als andere Online-Lebensmittelhändler», so Locher.

Das habe ein Wettrennen in Gang gesetzt, bei dem sich die konkurrierenden Dienste mit Gratislieferungen und dem Verzicht auf Mindestbestellmengen zu übertrumpfen versuchten.

So etwas könne nur in Ländern mit einer grossen Lohnschere funktionieren, sagt Locher und verweist auf die Türkei, den Libanon und Russland. In Europa und besonders in der Schweiz sei es hingegen sehr schwierig, ein solches Geschäft profitabel zu betreiben.

Geringer Online-Anteil bei Lebensmitteln

Insgesamt bleiben die Aussichten für den Online-Lebensmittelhandel laut E-Commerce-Veteran Locher aber gut. «Die Flaute ändert nichts daran: Der Konsument kauft online ein.» Und im Essensbereich gibt es noch viel Nachholbedarf.

Hierzulande liegt der Online-Anteil bei den Lebensmitteln laut Locher bei 4 Prozent. Im Non-Food-Bereich hingegen sind es knapp 20 Prozent. Was möglich wäre, zeigt der Blick ins Ausland nach Frankreich und Grossbritannien: Dort macht der Online-Lebensmittelhandel bereits mehr als 10 Prozent des Marktes aus.

Alfies übernimmt Stash

Auch der österreichische Online-Supermarkt Alfies glaubt offenbar an die Schweiz. Erst im Februar in den Markt eingestiegen, übernimmt er bereits den Wettbewerber Stash, der zuletzt noch in Zürich und Luzern präsent war. Alfies verspricht ein volles Supermarktsortiment und die Lieferung innert 60 Minuten.

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